Istanbul

Der große Bogenschlag

Nichts passiert heute. Nur im Bett gelegen, gedöst und geschlafen. Ich bin völlig kaputt von der Nacht auf der Toilette. Gegen Abend ging es dann besser und ich konnte eine Nudelsuppe  (Lachman) einfangen. Auch ein Glas Rotwein ging wieder. Dann kann ich ja morgen nach Taschkent fahren. Vorhin traf ich einen jungen Franzosen auf Fahrrad, der über Termiz und den Pamirhighway nach China will. Gestern beim Frühstück saß ich mit zwei älteren Herren aus Japan am Tisch (68 und 72 Jahre), die mit Rucksack von Istanbul nach Japan auf der Seidenstrasse unterwegs sind, Eisenbahn und Bus. Auch eine Variante.
Also morgen mein letzter Tag in Usbekistan. Ja, ich bin traurig, das Land und seine Menschen und seine Bauwerke zu verlassen. Ein faszinierendes Land zwischen Wüste und Oase, Mittelalter und Sozialismus und Moderne; Abendland und Morgenland, Geschichte und Gegenwart. Es ist vielfältig und spannend. Die Menschen strahlen eine innere Ruhe und Gelassenheit aus, Frauen scheinen gleichberechtigt, treten aber immer selbständig auf, anders als in allen anderen Ländern, durch die ich gekommen bin (ist natürlich subjektiv, da ich jeweils nicht so viel gesehen und erlebt habe). Diese Region an der Schnittstelle zwischen Ost und West, Arabern und Russen, Mongolen und Persern war schon immer ein Hort des Wissens und der Wissenschaft gewesen, solange der Austausch funktionierte. Ibn Said (Avicenna) und Ulug’Beg legen davon Zeugnis ab. Sobald dieser Austausch unterbunden war (Dingis Chan, Chanate, SU), ging es abwärts. Aktuell heißt es, Samarkand sei 2900 Jahre alt. Solange schon fand der Austausch mindestens statt. Ich aber sage, solange Menschen existierten, fand dieser Austausch statt. Das Museum in Baku werde ich nochmals besichtigen müssen, weil es so vielfältige und tiefschürfende Antworten und Erkenntnisse zur Geschichte der Menschheit, insbesondere im südlichen Kaukasus, welche Region als der Beginn der Städte und Staaten verstanden wird, vermittelte. Die Mumien in der Taklamakan, die erst kürzlich ausführlich untersucht wurden und ca. 5.000 Jahre alt sind, wirken eher wie Kelten als Chinesen (was die Genuntersuchung auch bestätigte). Ur-Kelten in der Taklamakan? Da wird noch einiges spannendes kommen.

umwerfendes Samarkand

Eine laue Sommernacht hat sich über die Stadt gelegt. In der Ferne ist noch die Musik vom Registan zu hören, die Türme und Portale heben sich vom Nachthimmel ab, der Halbmond steht hoch am Himmel. Das Ensemble kann ich von der Logia vor meinem Zimmer genießen mit ein paar Nüssen und einer Flasche Rotwein. 
Morgen darf ich mir dann diese Stadt mit all seinen wundervollen Bauwerken ansehen. Mein Eindruck von heute Abend bei der Durchfahrt war einfach umwerfend: das große Ensemble am Registan mit Konzert und Lichtshow war einfach umwerfend. Zum ersten Mal fand ich die Videotaste sinnvoll und hab das Spiel von Licht und Farbe aufgezeichnet. Wie es scheint, gibt es eine Steigerung von Chiwa über Buchara nach Samarkand. Ich lass mich überraschen.
Der Tag heute war lang von Navoiy um 8 Uhr, ohne Frühstück, bis hier ins Hostel mit 177 km und fast 300 m Steigung bei 40 Grad +. Da waren viele Pausen notwendig und mehr als 8 l Flüssigkeit (Grüner Tee, Kefirsuppe, Wasser, Bier, Cola). Aber die Eindrücke entschädigen alle Anstrengungen: Leute an der Strasse (offen, aufgeschlossen, neugierig, stoisch gelassen) und im Kafe, das viele Grün, die Berge ringsum unterschiedlich von der Sonne beleuchtet, die Bauwerke, die Vielfalt an Flora und Fauna.
Und die Perspektive hat sich geändert. Jeder will natürlich wissen, wo ich hinfahre. In der Türkei hörte der normale Horizont in Baku auf. Jetzt ist es selbstverständlich, nach China zu fahren. Achso, über Kirgisistan, und wohin in China? Ist aber eigentlich auch klar: bis China sind es vielleicht 1.000 km, bis Istanbul 5.000 km.
Ich bin neugierig, was mich denn morgen so alles erwartet. Vor genau 2 Wochen bin ich in Kasachstan (Aktau) an Land gegangen und vor einer Woche bin ich nach Chiwa reingerauscht. Es war schon sehr viel, was ich in dieser kurzen Zeit sehen und erleben durfte.

ständige Polizeikontrollen in der Wüste bis Buchara

Nach einem ziemlichem Gewaltritt bin ich in Buchara angekommen. Ich hatte die Wüste nach drei Tagen ohne Wasser (außer Wasser in Flaschen) satt. Wind und Strasse waren nicht ganz auf meiner Seite, so dass ich für die knapp 220 km von 7.30 bis 21.30 Uhr gebraucht habe. Genau 6 Wochen seit der Landung in Istanbul und 4.240 km und eine Woche seit der Einreise nach Usbekistan und 790 km war ich also hier. 
In Buchara tobt derzeit der Bär, weil hier ein Volksfest unter dem Namen „Silk&Spice“ läuft. Dazu aber mehr heute Abend. Mitten durch das Volksfest in der gesamten Altstadt bin ich mit meinem Fahrrad auf der Suche nach einer preiswerten Unterkunft. Vor dem Duschen erst was Essen, aus bitterer Erfahrung aus Nukus. Noch einen Schlaftrunk gekauft und dann unter die Dusche. Nach drei Tagen Wüste mit Sturm, Staub, Dreck, viel Schweiß (6-8l  Wasser, Cola, Bier) ein echter Traum. Muss ich noch ergänzen: jeden Abend vor der Dusche ist die Wäsche dran. Was da immer für Dreck und Salz raus kommt. Jetzt sind die Sachen meistens am nächsten Morgen trocken. In den ersten drei Wochen dauerte es bis zu drei Tage bei Regen und Kälte. So ist einiges vom Gepäckträger verloren gegangen.
Die Mahlzeiten kaufe ich im der Regel. Kein Stress mit Einkauf und Kochen. Meine Suppen, Grieß, Haferflocken, Tee, Zucker, Milchpulver habe ich kaum angerührt, außer auf dem Campingplatz. Für Zwischenmahlzeiten oder fehlende Kafes habe ich immer Brot, Schafskäse, Oliven und Kekse dabei. Seit Kasachstan geht es zu Trockenobst und Nüssen über, Oliven sind hier unbekannt. An Wein und Schluck habe ich auch einen kleinen Vorrat dabei, in der Türkei Raki, in Georgien Cognac, seit Aktau Wodka.
Ansonsten gibt es nichts zu berichten, die Strasse war fast den ganzen Tag gerade aus und kaputt, ständig Polizeikontrollen, Frühstück um 8 an der Landstraße (Brot, Aprikosen, Nüsse, Käse). Mittag in einem kleinen Kafe (Blätterteigtaschen mit Hammel), Zwischenmahlzeit an der Strasse.
40 km vor Buchara wurde es grün wegen des Zafron, der hier endet (versickert). Daher war Buchara immer schon Oase gewesen.

Hagia Sophia, Blaue Moschee und Abschied von Europa …

Hagia Sophia außenDie Hagia Sophia ist echt phantastisch. Habe ich wohl im meiner Diplomarbeit etwas unterbewertet. 15 Jahrhunderte blicken auf Dich herab, als wäre der Baumeister mal gerade zum Döner gegangen. Ein Phänomen für  Ingenieure, die es nicht mal schaffen, eine Brücke über die Pleisse (oder im Sauerland (A45) ) zu bauen, die 50 Jahre hält. Und in Istanbul mit starken Erdbeben. Da sollten alle Profs ihre Zulassung zurückgeben und 10 Mal nach Mekka und Santiago zu Fuß pilgern und dann den alten Baumeistern huldigen (4500 Jahre Pyramiden, 2300 Jahre Kanalisation Alexandria, 1500 Jahre Hagia Sophia, 1800 Jahre Pantheon). 
Also ist gewaltig, wie schwebend. Drei Stunden war ich da. Dagegen ist die Blaue Mosche gegenüber nett, aber nicht umwerfend. Menschenmassen ohne Ende, trotz Vorsaison. Und Bauwerke und Kultur ohne Hrenzen. Und Menschen wie bei uns. Da fallen die paar Leute beim Freitagsgebet in den Hunderten an Moscheen in Istanbul gar nicht auf. Der große Markt und der Sultanspalast sind auch toll. 
Am Nachmittag dann dunkle Wolken über dem Bankenviertel, Regen aber erst ab 19 Uhr (in Asien). Am Ostufer keine Hotels. 
Nach 2 steilen Bergen und der Fachkompetenz von 10 Taxifahrern endlich ein Zimmer in einer Kebabbude auf der Bergspitze. Die Aussicht wird wohl fantastisch sein. Meine Klamotten sind in der Wäsche. Kalt ist es. Aber preiswert. (Eigentlich kein Widerspruch).
Um 17.15 bin ich mit der Fähre in Asien  angekommen, Tachostand 1626 Km. Die Küstenstraße war eng und spannend unter den beiden großen Brücken. Aber ein Laden an dem anderen. Wer soll da kaufen und Umsatz bringen? Auch im Outdoorladen war es spannend, da die Zuständigkeit auf drei Leute verteilt war. Aber mein Gas habe ich billig bekommen.
Übrigens in Istanbul Altstadt einfaches Hotel für 60 € in der Pampa von Istanbul, aber dann oben auf dem Berg, für 60 TL, das ganze Brot für 1,5 TL. Das Land ist spannend und widersprüchlich. Aber lieber so mit der Hagia Sophia als bei uns mit kaputten Brücken. Morgen geht es dann Richtung Osten. Soll aber regnen. Leipzig ist wärmer.

der erste Abend in Istanbul

Die Fahrt auf der Schnellstraße vom Flughafen in die Innenstadt war ein spannender Auftakt. Autobahn mit Fahrrad und 8 Spuren jede Richtung. Später tauchte dann die Innenstadt mit den vielen Türmen und Kuppeln aus der Nacht auf. Rechts das Mamarameer mit vielen Schiffen. Kalt ist es. Aber um 22 Uhr noch viel los in den Parks am Ufer und auf den Sportplätzen. Später gab es dann auch Fahrradwege, weil die Schnellstraße zu eng wurde und die LKWs bremsten und hupten. Kleines Hotel in der Altstadt und plötzlich stehe ich vor der Hagia Sophia, mächtig beleucht. Und hinter mir die Blaue Mosche. Echt gewaltig, voll beleucht und viel los, obwohl schon Mitternacht. Viele Restaurants offen, Kioske und Läden überall. Restaurant mit Grillgarten und Wasserpfeifen. Kalt und zügig. 23 TL für Essen und Trinken. Raki im Späti ist viel teurer.Lästig war der Zusammenbau des Fahrrades im Flughafen gewesen. Geschwitzt wie ein Schwein und viel fachkundiges Publikum. Das Fahrrad beim Bulkluggage, die Fahrradtaschen beim Band 9, herumstehend, bei Band 7 ausgeschildert, da 70 Minuten zur Passkontrolle angestanden. Aber um 21.30 Uhr funktioniert das Rad und es kann losgehen in einer fremden Welt. Ist nur eigentlich nicht fremd. Wie zu Hause oder Griechenland, die Wörter sagen nur nichts, oder noch nichts.3 Euro am Tag für Internet und Telephonist. Geht eigentlich. Frühstück ab 8 Uhr. Hoffentlich ist es morgen wärmer.Von meinem iPhone gesendet

Istanbul

Jürgen ist gestern pünktlich gelandet. Im Flugzeug hat er eine Rentnerfamilie kennen gelernt, die schon häufig zum radeln in der Türkei waren. Allerdings sind die Beiden wohl deutlich komfortabler unterwegs (gewesen), als Jürgen das plant. So hat er die erste Einstimmung auf den Reisealltag in und ein paar hilfreiche Tips für der Türkei bekommen. Nach dem Fahrradzusammenbau (macht er so nicht wieder, die Rentner hatten ihre Räder völlig unzerlegt abgegeben, ist er in einer netten kleinen Pension in der Stadt untergekommen und wollte Istanbul sich noch bei nacht ansehen.