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Südamerika ade!

Ja, Südamerika ist ein sehr schöner, interessanter und vielfältiger, aber auch ambivalenter Kontinent.
Überall, ich war bisher in 9 Ländern (nur nicht in Venezuela und den Guayanas), regieren deutlich sichtbare Polizeistaaten. Es herrschen raffgierige Eliten, die sich den Reichtum der Länder und Menschen unter den Nagel reißen und häufig in Saus und Braus leben. Korruption ist normal, gehört dazu, ist Bestandteil vom Geschäftsmodell, oder was es auch sein mag. Dabei ist es völlig egal, ob sich die Regierenden links, rechts, demokratisch, sozialistisch, liberal, militaristisch, ordnungsorientiert oder wie auch immer nennen.
Demokratische oder bürgerliche Rechte, wie wir sie kennen, sucht man vergeblich. Der Staat und die Polizei mischen sich überall ein und wollen alles wissen. Ob ich 20 Euro tausche oder 100 km mit dem Bus fahre, immer brauche ich meinen Pass, der auch immer eingegeben wird und im Ticket neben dem Namen steht. Immer wird überprüft, ob ich es bin, damit nicht eine andere Person Bus fährt oder Machu Picchu besucht. Absurdistan. So könnte und wollte ich nicht leben.
Weil die Reichen und Herrschenden nicht bereit sind, fair zu teilen, leben sehr viele Menschen im Elend und müssen sich mit dem Verkauf von Kleinigkeiten über Wasser halten. Heerscharen an Menschen verkaufen überall das Gleiche. Dabei würden ein paar ausreichen. Aber wovon sollten die anderen leben? Und die Reichen und die Oberschicht wohnen in umzäunten und bewachten Quartieren (MP im Anschlag). Eine solche Spaltung der Gesellschaft. Das kann nicht gut gehen.  
Die Rohstoffe des Kontinents werden von den Eliten an irgendwelche internationalen oder einheimische Lobby-Konzerne verschleudert. Die Menschen haben dann die Umweltkatastrophen zu ertragen. Zum Glück entwickelt sich jetzt etwas Widerstand. Im Salar de Uyuni sind die größten Lithium-Vorkommen der Erde entdeckt worden. Fast jede Batterie braucht das Zeugs. E-Autos in Mengen. Da könnte doch mal eine richtig gute Produktion aufgebaut werden, ohne angeblichen wirtschaftlichen Druck … schauen wir mal.
Fast alles auf dem Kontinent ist total verdreckt, sieht häufig aus wie bei uns eine Mülldeponie. Man könnte den gesamten Kontinent auch als eine solche bezeichnen. Nach 5 Wochen ist es mir immer lästiger geworden, mit dem Rad durch Müllberge zu fahren. Selten werden die Müllmengen mal beseitigt. In Argentinien nimmt man manchmal einen Rasenmäher und häckselt. Vor zwei Jahren war der Müll manchmal bis zwei Meter hoch, als ich aus Buenes Aires herausfuhr. Jeder wirft alles weg, auch riesige Müllbeutel. In Bolivien funktioniert die Müllentsorgung wie folgt: spät abends den Müll auf die Kreuzung, dann die Hunde losschicken, den Rest besorgen die Tauben. Was übrig bleibt, wird manchmal gefegt. In einigen Grossstädten gibt es eine Müllabfuhr. Jeder stellt abends seinen Müll in Tüten auf die Straße (Hunde freuen sich). Später kommt dann die Müllabfuhr. Die Jungs rennen umher und werfen die Beutel ins Fahrzeug. Dann 30 m weiter. Wer nicht schnell genug aufspringt, muss rennen.

Abwasserentsorgung gibt es fast überall, aber wie Steinzeit. Das Klopapier darf man nicht ins Klo werfen, da es sonst verstopft. Überall stehen Papierkörbe hierfür herum. Unhygienisch hoch drei.


Die meisten Menschen sind wenig motiviert, engagiert und kompetent. Frage nie einen einzelnen Taxifahrer nach dem Weg. Die Antwort ist mit Sicherheit falsch. Frage immer eine Gruppe. Dann haben sie 10 Minuten zu diskutieren und kommen mit einer guten Antwort. Bei einer Touristinfo kommt fast immer eine falsche Auskunft. Bitte immer überprüfen und mit einer genauen Karte kontrollieren. Ich habe nur ein einziges Mal erlebt, dass die Info stimmte. Das war bei der Info in Salta. Da bin ich dann auch zurück gegangen und habe mich bei der Dame bedankt. Beispiel gestern: ich wollte mit dem Bus in die Innenstadt und kam bei einem Einkaufscenter im Vorort heraus. Zurück sollte ich vier Blöcke laufen, dann ist da der Schnellbus. Es waren dann ca. drei Kilometer, hoch und runter, über Schnellstraßen. Ohne GPS und Handy wäre ich verloren gewesen. Was machen eigentlich Menschen, die nie am Marathon teilgenommen oder nie mit Hochsprung zu Olympia zugelassen waren??? Wahrscheinlich bleiben die zu Hause oder fahren mit Taxi.


Auch der Nahverkehr existiert nirgends, zumindest nicht, wie wir es kennen. Gestern in Bogota fuhren manchmal ein Dutzend Busse in Kolonne in eine Richtung. Ein Verbindungsbus dann zwei Kilometer weiter. In anderen Städten und Orten, eher normal, fahren „Kleinbusse“, wie die Mashrudkas in Zentralasien, in Schwärmen durch die Stadt etc und saugen alles ein, was nicht schnell genug weg ist. Alle paar Meter anhalten, Strasse blockieren, hupen, schreien.

Was mich aber immer begeistert hat, ist die Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Offenheit der Menschen. Etwas anderes habe ich niemals erlebt. Als ich z.B. in Quito spät abends kurz vor dem Flughafen war, hielt ein SUV an und bot mir an, mich bis zum Flughafen mitzunehmen, da noch ein langer Berg käme. Ich konnte nicht nein sagen, und der Berg war wirklich lang.

Und besonders haben es mir die Kulturschätze der Anden angetan. Einfach toll und leider bei uns wenig bekannt. Es ist vor allem die Kultur vor den Inkas, die durchaus mit China oder Ägypten vergleichbar ist.

Und natürlich die Natur in einer gewaltigen Vielfalt und Größe. Die größten Wasserfälle, die größte Salzwüste, das längste Gebirge …. Einfach phantastisch und überwältigend.

Abreise aus Südamerika

Liebe Rita,

die letzten Tage waren spannend, aber ganz anders als bisher. Geschichte stand im Vordergrund, verbunden mit langen Busfahrten. Nach Cuzco war ich nur bis Albancay gekommen. Dann 16 h Bus bis Lima, Nasca lag leider voll im Nebel. Sofort ging es  über Nacht in den Norden nach Chiclayo, wo ich unbedingt nach Lambayeque wollte, die große Ausgrabungs- und Forschungsstätte zu den alten Kulturen der Anden. Ich wurde nicht enttäuscht. Viel hatte ich schon vorher gesehen, selbst ansehen macht aber den Unterschied. Dutzende Pyramiden, größer als Gizeh, aber aus Strohlehmziegeln (Adobe genannt). Goldfunde wie Staatsschätze. Schon Thor Heyerdahl hat hier lange gegraben.
Über Nacht nach Guayaquil in Ecuador und mit dem nächsten Bus nach Quito. Die Straße der Vulkane leider nur vom Fenster aus. Dass Quito so gebirgig ist, hätte ich nicht gedacht. Den Äquator mit Denkmal nördlich zu erreichen, war dann schon eine Herausforderung, auch den Flughafen danach. Beim letzten Berg, es war schon 23 Uhr, nahm mich ein freundlicher Mensch im Auto mit. Das Gepäck dann für den Rückflug richtig zu packen und zu verstauen, dauerte. Zum Schluss gab es noch Resteessen, Nudeln mit Soße und gut gewürzt. Die Gaskartusche musste ich entsorgen. Sie hat mir in den 5 Wochen aber gute Dienste geleistet, auch im Hotel wäre ich sonst manchmal hungrig eingeschlafen. Der Flug nach Bogota war kurz, so dass ich noch Zeit für die Stadt und das Goldmuseum hatte.

Um 20.55 Uhr dann der Start mit Abschied von Südamerika, einem sehr ambivalenten Kontinent, auf dem ich wohl eher nicht freiwillig leben wollte. Dazu vielleicht später mehr.
Schön und spannend war es auf jeden Fall, jeder Tag bis oben hin voll gepackt und immer was neues.

Cusco

Cusco, ich mag Dich. Sauber, entspannt, freundlich,hilfsbereit, aufgeräumt, musisch, fertig, Verkehr läuft. Können sich viele Städte in Südamerika was abschneiden. Sozusagen das Gegenteil von La Paz.


Es gibt auch viel zu sehen, eine lange konfliktreiche Geschichte….
Das beste Museum ist eine Stiftung einer hiesigen Großbank „Vorkolumbianische Kultur“.  So viel habe ich noch nie verstanden. Eigentlich müsste man alles bis Pizarro als Andenkultur bezeichnen, weil so viele Entwicklungen parallel liefen und sich gegenseitig befruchtet haben. Überall ist ein gewisser Dualismus von Gegensatz und Anziehung samt Weiterentwicklung enthalten. Die Spirale ist ein zentrales Element in Kunst, Philosophie und Religion. Rückkehr zum Ausgang mit Weiterentwicklung. Deshalb kein Kreis sondern Spirale. Dualismos von trocken und nass, hell und dunkel, Tag und Nacht, Sonnenuntergang und -aufgang.

Bei Mann und Frau heutzutage eher schwierig bei der Genderdebatte …


Das Bild mit der Spirale hat mir aber ganz gut gefallen.
Die Entwicklung hier als Andenkultur zu bezeichnen, hat mir ebenfalls gefallen. In so vielen Museen, Sendungen, Büchern und anderen Einrichtungen habe ich diese Ähnlichkeit schon öfter gesehen. Dass wir es als Inkakultur bezeichnen, liegt daran, dass die Europäer halt auf diese um 1530 gestoßen sind, als die Inkas gerade mal 50 bis 100 Jahre ihr Großreich in den Anden geschaffen hatten und noch bei der Expansion waren. Viel hatten sie übernommen und waren Teil der Entwicklung. Die waren nur machtbewusster und militärischer als andere Andenvölker. Aber auch die Eroberungen hatten ihre Kehrseite für die Inkakönige. Weil Pizarro auf viele Krieger und Könige der eroberten Völker zurückgreifen konnte, gelang es ihm die Inkas zu besiegen. Es es waren nicht nur seine 100 eigenen Leute. Das hatte ich bisher nicht so gelernt. Aber dafür mache ich u.a. ja auch Reisen. Was ich jetzt aber überall gesehen habe, ist die umfassende Metallurgie aller Völker hier. Die Eisenverhüttung ist noch zu vage und die Museen und Wissenschaftler haben das Thema noch nicht richtig bearbeitet.
Ohne Bronze hätten die Inkabauten nicht entstehen können. Vielleicht hatten sie Technologien zur Härtung von Bronze.
Gold spielte übrigens eine große Rolle in der Andenkultur, aber nicht wegen Wert oder Reichtum, sondern wegen Schönheit und Gottgefälligkeit. Das haben dann in Cusco Kirchenobere übernommen und einen Altar aus mehreren Tonnen Silber anfertigen lassen und eine Glocke von 6 t Silber mit etwas Bronze.
So war der ganze Tag mit neuen Erkenntnissen gefüllt (Sonnentempel, 3 Museen, 4 Kirchen) und dem Genuss von Kaffee von Starbucks, aber auch peruanischer Küche. Im Hostel war ich auch gut aufgehoben. So geht es dann nach Machu Picchu.

Titikakasee

Auf dem Titikaka-See wohnen Seemöven. Der Pazikik ist 300 km und 3800 m Höhe entfernt. Die wohnen hier. Ich fühl mich wie zu Hause.
Der Sage nach haben sich die Urahnen der Inkas, Manco Capac und Mama Ocllo, von hier aufgemacht, um Cusco zu gründen.
Die Ebenen um den See scheinen aber das kulturelle und historische Zentrum von Südamerika gewesen zu sein. Überall sind Grabungsstätten und Tempel und Museen. Eine der bedeutendsten ist Tiwanaku im Süden vom See. Seit der Steinzeit ist die Gegend besiedelt. Eine riesige Pyramide mit mehreren Tempeln oben auf und daneben ist ausgegraben, direkt zu besteigen oder im Museum mit den Funden zu sehen. Ich hatte noch nie eine solch umfassende Darstellung der Bronzeherstellung in den Anden gesehen, mit den Fundstätten, der Zusammensetzung und den Transportwegen. Auch war ein umfassendes Sonnenobservatorium auf einer weiteren Anlage.
Die Gegend um den Titikakasee muss so etwas wie der goldene Halbmond im nahen Osten gewesen sein. Auch heute noch ist die Lage phantastisch. Am 30.7. hatte ich von La Paz kommend in Tiwanaku übernachtet. Der einzige Gast im Hotel. Nach der Besichtigung ging es dann am See weiter, u.a. mit der Grenze nach Peru. Wenn ich nicht umgedreht hätte, um einen Stempel zu holen, hätte ich so durchfahren können. Seltsam war nur, dass die Beamten auf beiden Seiten die Papiere vom Fahrrad sehen wollten. Das ist mir noch nie passiert. Ein Anruf bei den Vorgesetzten klärte dann die Situation, so dass einmal die Rahmennummer und bei den anderen das Fabrikat notiert wurden. Ansonsten ganz easy. Warum da jedoch so lange LKW Schlangen standen, habe ich nicht verstanden. Für Autos und Busse waren jeweils zwei Leute da, die nichts zu tun hatten. Ich war auch hier der einzige. Mit allem drum und dran waren dann aber doch zwei Stunden weg. Die Straße ging dann nicht mehr am See entlang und war recht hügelig. So kam ich erst spät in den nächsten Ort, Pomatu, der sogar eine Art Hotel hatte, wo ich nicht der einzige Gast war. Mit dem Geld war es etwas schwierig, weil an der Grenze keine Bank war. Bolivianos werden wohl nicht akzeptiert, auch nicht Euros. So habe ich auf dem Zimmer Spaghetti gemacht. Die gegenüberliegende Bank wollte kein Geld, außer US-$, wechseln. So nahm das Hotel dann doch meine letzten Bolivianos.
Die nächste Stadt hatte dann einen Geldautomaten, der mir jedoch erst nach einer halben Stunde in der Schlange angeboten wurde.
In den Ort Juli zu kommen, war schon nicht so leicht, weil die Zufahrtsstraße gesperrt und durch einen abenteuerlichen Feldweg ersetzt war. Vor dem Rathaus war dann noch eine große Kundgebung. Mit meinem neuen Geld hab ich dann erst einmal gut gegessen, das Menü für 5 Sol, oder 1,5€.
Die Straße ging dann manierlich bis Puno, dem Haupttouristenort am See, weiter. Am Hafen wird man totgetrampelt, da gefühlt alle Touristen in Südamerika hier zu den Schilfinseln verfrachtet werden. Bis Juliaca bin ich noch gekommen und habe dann den Nachtbus nach Cusco genommen. Die Zeit wird knapp. Hier auf der Höhe komme ich jetzt ganz gut zurecht, fast wie unten. Auf Cusco bin ich echt gespannt, eins meiner Hauptziele der Reise.

La Paz

Stinkend, laut, dreckig, hektisch, negativ chaotisch, verstopft, unfertig, nichts funktioniert richtig. So habe ich La Paz empfunden. Keine Stadt für einen Aufenthalt. Mein Problem mit dem Handy musste ich auch allein lösen. Zumindest gab es ein Café mit Kaffee und Kuchen. Das historische Museum war brauchbar und gab einige Hinweise auf Tiwanaku.
Die Stadt liegt in einem riesigen Kessel und alle Straßen gehen steil nach oben. Die Schnellstraße ist einigermaßen passabel, darf aber nicht mehr von Fahrrädern genutzt werden. So bleibt nur Kleinbus oder Taxi. Oder die Seilbahn. Davon gibt es viele. Eine nach El Alto befördert auch Fahrräder. Zur Talstation zu kommen war schon Abenteuer und Kraftakt. In der Station war der Aufzug kaputt. Nochmals zwei Etagen mit dem Rad. Da halfen mir die überall vorhandenen Polizisten und brachten meine Satteltaschen hoch. Dann ging es in die Gondelbahn, Marke Obermaier, wie in den Alpen. So ist mein Fahrrad in den Genuss der Gondelbahn gekommen. Aus der Stadt herauszukommen war nicht so leicht, da es weder Verkehrsschilder noch Straßenschilder zu geben scheint und der Verkehr chaotisch ist. Irgendwann hatte ich es geschafft, nach Tiwanaku zu kommen.
Diese Stadt kann ich nicht weiterempfehlen.

Uyuni Salzsee

Meine liebe Rita,

Gespenstische Stille, unendliche Weite, dazu gleißendstes Licht. So fühlt es sich an, hier oben auf 3660 am Salar de Uyuni, dem größten Salzsee der Welt.
Viele Touristen sind hier, verlaufen sich aber mit ihren Landcruisern in der Weite des Sees. Für die bin ich eine der Attraktionen.
100 km flach, salzig und weiß. Da glaubt man, über ein Salzkorn stolpern zu können.
Für mein Mittag ein außergewöhnlicher Ort, es war dann nur etwas schnöde mit Brötchen, 2 Sorten Käse und Wurst, Orange und Keksen. Ich hatte mich allerdings auch nicht vorher auf diese besondere Atmosphäre eingestellt. Dabei fiel mir mein letztes so ganz besonderes Dinner ein. Das war damals, 1986, mit dem Schiff auf dem Weg von Malta zum Peloponnes.
Es war aber hoffentlich nicht das letzte besondere Erlebnis auf dieser Reise und den nächsten Jahren.
Nachts ist es weiterhin sehr kalt bei -11, bis in den Morgen gegen 10, obwohl die Sonne schon gegen 7 aufgeht. Tags ist es dann in der Sonne ziemlich warm, so dass ich eine Schale nach der anderen ablege. Wenn nachmittags dann die Sonne hinter einem Haus ist, wird es plötzlich kalt. Das wird dann nur durch solche Erlebnisse kompensiert.
Auf dem Rückweg vom Salar hatte ich dann Sonne und Wind von hinten. Es lief prächtig. In der Ferne die Berge, die Straße flach und ganz gerade, kaum Verkehr. Da fühlte ich mich plötzlich so richtig frei. Ja so muss es sich anfühlen. Alles geht, kein ernstes Problem, voraus alles erleuchtet, die Sonne liegt warm auf der Landschaft, es ist friedlich. Ein wahrscheinlich privilegiertes Gefühl. Es ist aber schön, wirklich schön. Man fühlt sich dabei auch gleichzeitig glücklich.

unendlich


Dann sah ich noch die Linien auf der Straße. Die liefen so schön gerade nebeneinander her und kamen sich weit vorne immer näher. Da ganz weit weg schien schon die Unendlichkeit zu sein, fast sichtbar. Vielleicht ist die Freiheit ja dort verortet? Immer weit vor uns? Müssen wir uns anstrengen, um sie zu erreichen? Das fällt mir dann so auf langen Stunden auf dem Rad ein, unterwegs zum Reich der Freiheit? Das wird wahrscheinlich jeder für sich, und grundsätzlich sowieso, anders sehen und sehen können und dürfen.
Gestern hatte ich noch einen kleinen Sonntagsausflug nach Potosi, der alten Bergbaustadt, der Spanien seinen Reichtum zu verdanken hatte. Schon die Inkas hatten dort Silber geschürft, die Spanier machten es in einer anderen Dimension. Heute sind nur noch einige Genossenschaften zugange, mit geringer Beute, hauptsächlich Bor und Wolfram. Übrigens lagern im Salar  die größten Lithium-Vorkommen.
Ansonsten ist heute nicht mehr viel los. Höchstgelegene Grossstadt  (180.000) nennt sie sich (auf 4080 m). Die Altstadt mit vielen großen Kolonialgebäuden, Potosi war ja mal die reichste Stadt Amerikas, ist gut erhalten, dank UNESCO.
Ich habe mich nur gewundert, warum man weiterhin den Berg mit schlechter Rendite und großen Gefahren aushöhlt, statt ihn ganz zu mahlen und einzuschmelzen.
Morgen geht es dann nach La Paz mit der Hilfe eines Nachbusses, die Zeit wird mir knapp.

Nachtrag: Auf dem Weg zum Salar hatte ich heftigen Gegenwind (gut für zurück) und musste mehrmals eine Brücke über die Eisenbahn hoch. Das ging ohne Probleme in einem höheren Gang.

Tupiza

Das leise Surren der Kette und die Stiefelsohle waren das einige Geräusch im Alti Plano. Eine schon fast gespenstige Stille auf der Straße nach Tupiza. Selten mal ein Auto. Dafür aber diese friedliche Landschaft. Manchmal ein paar Häuser oder grasende Lamaherden. In der Ferne die majestätische Kordilliere mit etwas Schnee. Irgendwie ist es hier zu schön und friedlich, um wahr zu sein. 
Zuerst ging es ziemlich eben in der Sonne voran. Dann wurde die Hochebene doch von Flüssen und Höhenzügen durchzogen. Die Landwirtschaft wurde intensiver. Gegen Abend wurde ich dann doch ziemlich müde und abgespannt. Hier auf 3500 bis 3200 ist es schon etwas anstrengender als am Meer. Ich muss mich auch noch etwas daran gewöhnen. In ein paar Tagen wird dann wohl die Kraft zurück sein.
In Tupiza, einer Stadt von 30.000 mitten mit Hochland im Nirgendwo ohne Netzanschluss, aber mit Bahnhof. Ich musste schon vorher, dass am späten Abend, drei Mal pro Woche, ein Zug nach Uyuni fährt. Sogar mit Gepäckwagen für das Fahrrad. So komme ich etwas voran, zum Salar de Uyuni. Die Fahrt war dann Abenteuer genug. Der Zug füllte sich schnell. Mit einer Stunde Verspätung zuckelte die Schmalspurbahn dann los. Um 22 Uhr war es schon längst dunkel. Es ging auf und ab und bald fuhren wir durch eine geschlossene Schneedecke. Kalt war es natürlich auch draußen mit -11. Gegen 1.30 kam der Zug dann endlich an. Dann musste alles schnell gehen, der Zug wollte weiter. Trotz der gewaltigen Schaukelei und kleinerer Pannen, bin ich gut angekommen. Ein Hostel war auch bald gefunden. Um den Bahnhof herum sind viele Hotels, Hostels Busbetriebe, Expeditionstouren. Das volle Tourismusprogramm. Hier oben ist es nur gerade nicht so voll. Scheint auch der Kältepol von Amerika zu sein. Morgen ist auch noch ein Tag. Das weiß ich, weil ich im Bus nach Potossi sitze. 

Pacham-ama

Pacham-ama. Ja, Pachamama wohnt hier im Hochtal der Quebrada de Humahuaca, hoch oben in den Bergen. Die alte Indiogöttin wird hier immer noch verehrt. Pachamama ist die Göttin der Erde, wie in der griechischen Mythologie Gaia. Viele Parallelen kann man da finden. Der Hauptgott ist der Sonnengott. Aus der Vereinigung beider ist die Welt mit den Menschen entstanden. So der alte Glaube, der bis heute fortlebt und besonders im Herbst, Erntedank, gefeiert wird. Wegen der Konformität wird Pachamama mit der katholischen Maria gleich gesetzt.
Also in dem Reich von Pachamama bin ich jetzt angekommen. Hier beschützt sie auch mich. Der Ort Tilcara hat eine riesige Festung, jetzt jedoch in Ruinen, aus uralter Zeit, lange vor den Inkas. 
In einem kleinen Museum am Wegesrand, das eigentlich der Geschichte der Post und Poststationen in dieser Region seit dem 16. Jahrhundert gewidmet ist, fand ich interessante Funde aus der Umgebung aus der Steinzeit bis heute. Im Unabhängigkeitskrieg spielte dieser Ort und die Region eine große Rolle. 
Ziemlich geschafft bin ich heute, weil es den ganzen Tag bergauf ging. Bei 1300 fuhr ich los, jetzt bin ich auf 2500 m. Mit der Höhe komme ich gut zurecht, hatte ja auch genug Zeit, mich darauf einzustellen. Es ist halt das Fahrrad und 35 kg Gepäck, die mit bewegt werden müssen. Zwischendrin waren auch steilere Stücke, wo auch viele LKWs Probleme hatten.

Hinzu kommt die Kälte nachts, die sich bis 10 Uhr hält und mit Sonnenniedergang ab 17 Uhr wieder da ist. Momentan ist es nachts bis -8 Grad. Weiter oben dann bis -16 Grad. Tags über in der Sonne ist es dann angenehm mit 10 bis 15 Grad. Dicke Sachen sind aber auch tagsüber gefragt.
Für die Hochanden, Missiones und Südbrasilien ist es jetzt aber die beste Reiszeit, da es trocken und besser temperiert ist als mit 40 Grad ++. In den Anden ist es fast wolkenlos.
Das nächste größere Ziel ist dann der Salar de Uyuni, der größte Salzsee der Erde, in Bolivien. 

Jujuy

Jetzt fangen die Anden wirklich an, das Hostel liegt 50 m über der Straße, Berge drumherum. Das Restaurant ist gut, sehr spanisch. Das Hostel gut. Englisch ist hier recht exotisch, so wie russisch und deutsch. Letzteres können einige mit ein paar Brocken.
Kalt ist es inzwischen hier geworden. Heute war es nicht mehr als 6 Grad. In den nächsten Nächten geht es auf -12 Grad zurück, Tags dann bei +16. Gut, dass ich Skiklamotten und die Winterhandschuhe fürs Rad mit habe.


Die Berge in Wolken und mir ein kleiner Pass. Es ging so. Aber weit bin ich nicht gekommen. Noch 700 km bis Uruni bergauf. 

Wege der Inkas

Salta

Das war schon ein besonderes Erlebnis. Mit dem Zug hinauf zu den Wolken, dem Tren a las Nubes auf 4200 m Höhe, bis kurz vor die Grenze zu Chile. Durch vier Klimazonen, eine gewaltige Berglandschaft, über phantastische Brücken im Hochgebirge, zu prähistorischen und Inkastätten, einen ganzen Tag mit Bus und Bahn über mehr als 400 km.


Langsam bricht die Nacht herein, es geht zurück. Das Hochland, Puna genannt, setzt sich in Bolivien mit dem Alti Plano fort. Da werde ich dann in den nächsten Tagen ankommen.
Der Zug fährt fast täglich mit Passagieren im oberen Bereich. Die gesamte Strecke bis Antofagasta in Chile wird bis zu 7x im Monat mit Güterzügen befahren. Es ist eine Schmalspurbahn.


Eine Sache hatte ich noch nicht erwähnt, die ständigen Polizeikontrollen, fast an jedem Ortseingang und -Ausgang, manchmal unvermittelt im Nirwana, selbst im Turibus mehrmals, an den Busbahnhöfen nach der Abfahrt häufig durchs Gepäck. Als Radfahrer  hatte ich noch nie eine Kontrolle. Was wollen die mit den Daten? Dein Busticket nur mit Reisepass, die Daten auf dem Ticket. Kontrolle mit Ticket und Ausweis vor dem Einstieg.

Busse in den Hochanden


Bis ich vorgestern das Ticket für den Tren hatte, verging eine Stunde. Gestern morgen dann erneute Registrierung mit Ausweiskontrolle (fast eine Stunde anstehen). Dann gab es ein Bändsel an den Arm. Preußen war richtig unbürokratisch. In Dunedin in NZ dauerte alles ca 3 Minuten bei einer Person. Hier ca 10 Leute. Dafür sind die Menschen, einschließlich der Polizisten, sehr freundlich, offen, hilfsbereit, interessiert.

Die Sonne steht im Norden!

Da ist mir doch wieder ein großer Irrtum unterlaufen. Der Wind kam gestern aus Süden. Heute wollte ich nach Norden und hatte Gegenwind sowie die Sonne gegen mich. Da musste ich erst einmal alle Instrumente untersuchen, nicht dass ich in die falsche Richtung aus Cordoba herausfuhr. Da erst merkte ich meinen Irrtum: ich war ja auf der Südhalbkugel und die Sonne steht mittags im Norden. Tja, kann vorkommen.
Dennoch bin ich gut aus Cordoba herausgekommen nach Norden Richtung Salta und Bolivien. Das wird noch ein langer Weg werden. Links von mir sind schon die ersten Ausläufer zu sehen.

Salta

Liebe Rita,
So viel habe ich in den letzten Tagen erlebt und gemacht. Bücher könnte ich schreiben. Jetzt bin ich erst einmal in Salta (in Quechua heißt das die Schöne) im Nordwesten von Argentinien angekommen. Hier vibriert das Leben. Ich sitze am Hauptplatz und schlürfe Kaffee, die Sonne ist gerade untergegangen, die Nacht bricht ganz langsam herein. Ziemlich heiß war es heute mit 28 Grad, hier auf 1200 m Höhe, am Eingang zu den Anden. Im Sommer kann es hier locker 40 Grad werden, in dem Kessel.
Die Stadt ist so groß wie Leipzig, in der Innenstadt sehr ruhig und angenehm. Drei spannende Museen habe ich heute Nachmittag sehen können. Die Kathedrale machte erst jetzt auf. Die Messe fängt gleich an. Die Orgelmusik mit barocker Pracht war schon bewegend. 


Über die Inkas und die Altsteinzeit bis heute habe ich viele Details gesehen. Ein hervorragend gestalteten Museum zeigte eine alte Opferstätte auf dem nahegelegenen Vulkan und ihre Archäologische Erforschung mit modernsten Methoden. Auch die gefundenen Mumien aus 6.900 m Höhe wurden gezeigt. Hatte ich schon von gehört. Es real zu sehen ist was anderes. 
Die Geschichte der Unabhängigkeit kann ich bald referieren. In einer meiner letzten Stationen, in Tucuman, war ich gleich wieder in Leipzig. Napoleon und die Völkerschlacht war auch hier Thema. Die Eroberung von Spanien durch Napoleon führte zur Unabhängigkeitserklärung von 1810 hier in der Region. Nur waren sich die Regionen Südamerikas nicht einig, was kommen sollte, vom neuen Inkareich bis zur aufgeklärten Monarchie in Buenos Aires waren die Vorstellungen. Mit der Niederlage Napoleons  bei Leipzig 1813 und Waterloo 1815 versuchte die spanische Krone, altes Terrain zurückzuholen. In Tucuman, wo ich vorher war, erfolgte dann die endgültige Unabhängigkeitserklärung. Jede Stadt hat seither eine Strasse des 9. Juli. Dann dauerte es noch Jahrzehnte und viele Kriege der vielen Länder untereinander, bis die heutige Teilung in Nationalstaaten entstand.
In  Cordoba hatte ich noch eine Ausstellung zur zeitgenössischer Kunst angesehen und die Kathedrale besucht. Eine spannende Stadt (fast so groß wie Hamburg) und ziemlich aufgeräumt. Aus dem Kessel ging es dann nach Norden auf der Autobahn (für Kutschen und Fahrräder gesperrt). Ich war aber nicht der einzige Radler. Viele Sportler überholten mich. Später hörte die Autobahn auf und wurde Schnellstraße.

Bald hatte Ich das Andenvorland erreicht. Spät abends war ich froh, im Ort Jesu Maria einen Bus zu erwischen, der mich über Nacht in die nächste Stadt, Tucuman, brachte. Ein heruntergekommener Ort mit Straßenmärkten, die mich nach Zentralasien versetzten. Aber hier wurde 1816 die endgültige Unabhängigkeit erklärt. Das Gebäude ist heute Museum mit einer Wache wie vorm Buckingham Palace.


Von Tucuman ging es mit leichtem Anstieg Richtung Salta. Letzte Nacht war ich in einem kleineren Ort mit vielen Thermalquellen (Rosario de la Frontera) in einer kleinen Absteige, da alle Hotels voll waren. Oder sah ich nur abschreckend aus? Heute habe ich dann die letzten Kilometer nach Salta geschafft mit nachfolgenden Museumsbesuchen. Übermorgen werde ich dann einen Ausflug mit dem Tren a las Nubes, dem Wolkenzug, in die Hochanden zur Grenze nach Chile machen, und morgen ein Hochtal besuchen.
Gerade zieht hier eine größere Demo von Kindern und Jugendlichen mit vielen Kerzen und Lichtern vorbei. Die Parolen verstehe ich leider nicht. Dafür gehen die Straßenlaternen aus und die Strahler der öffentlichen Gebäude. Muss was mit Umwelt zu tun haben. 
Viele Leute habe ich in den letzten Tagen getroffen, im Hostel oder auf der Straße. Es gibt immer viel zu erzählen. Negative Reaktionen zu Radfahrern habe ich bisher nicht erlebt. Selbst entgegenkommende LKWs Hupen manchmal aufmunternd. Und LKWs und Busse hinter mir bremsen und fahren mit Abstand vorbei.
Trotz all der positiven Erfahrungen, vielfältigen Eindrücke und ergreifenden Erlebnissen ist es recht anstrengend. Hoch und runter mit dem Gepäck, ein ganzer Hausstand, Verpflegung, Ersatzteile und Reiseführer. Ich weiß ja nie, was kommt, Hitze und Kälte, nass oder Sonne, Zeltplatz oder Hotel. Und vorankommen möchte ich ja auch, 35 kg über 100 km oder mehr. Ich bin immer wieder dankbar, dass ich all das noch erleben kann und darf. Ich kann nur, und ich möchte, alle Menschen ermuntern, die Größe und Schönheit dieser Welt und seiner Bewohner zu erkunden und zu erleben. Mit Demut steht man dann manchmal vor der Schöpfung, wann und von wem auch immer.

Cordoba

Gut, dass ich den Bus ab San Francisco genommen hatte. Der bisherige Standstreifen hörte auf und die Strasse wurde schmaler. Vom Bus aus konnte ich gut die Strasse überblicken.
Heute Morgen war ich gegen 8 aus dem Bus von Posadas ausgestiegen, entspannt und ausgeschlafen angekommen in Santa Fe (Argentinien und nicht Arizona). Die Nacht über brachte mich ein Bus entlang des Flusses Paraná nach Santa Fe. Die Strecke war nicht spannend und ich hatte viel Zeit in Missiones verloren.

Sonnenaufgang bei Santa Fe am Parana


Santa Fe war auch keine spannende Stadt, eher herunter gekommen, dreckig und ohne Besonderheiten. Da war die Ebene nach West schon besser: flach, grün, guter Wind und angenehm warm. Die Strasse war angenehm zu fahren.
Cordoba hat mich dann nett empfangen mit guten Straßen, sauber, dynamisch, entwickelt und das Hostel ist auch sehr gut. Die Kathedrale war leider schon geschlossen: maniana. Das werde ich auch wahrnehmen, bevor es nach Norden geht. Die neuen Erlebnisse warten, das Andenvorland ist gleich nebenan.

Posadas

Endlich bin mal etwas vorangekommen und in Posadas, der Hauptstadt von Missiones, angekommen. Das angeblich ausgebuchte Hostel war fast leer und die Kneipe nebenan ganz gut. Nach Tagen auf kalten Zeltplätzen und Regen endlich eine warme Dusche in warmen Räumen. Seit den Gewittern von Sonntag war es richtig kalt geworden, nachts nicht mehr als 6 Grad und tags nur in der Sonne bei 20 Grad. Also die Dusche war toll. So konnte ich auch die rote Erde von Schuhen, dem Handtuch und mir los werden.


Missiones soll die schönste Landschaft von Argentinien sein, mit viel Obst und Blumen. Es war die falsche Jahreszeit dafür, manchmal bekam ich aber Mandarinen oder Orangen geschenkt. Manchmal konnte ich Obstplantagen erkennen. Die Blüten hielten sich in Grenzen und tropisch war es auch nicht. Aber eben tiefster Winter. Fürs radeln ok, besser als 40 Grad und schwül oder 7 Tage die Woche Regen. Gestern sah ich drei Radler in der anderen Richtung, heute traf ich zwei in meine Richtung; es war Zeit für ein Schwätzchen. Sie sprachen sehr gut englisch und kannten sich in „Südamerika mit Rad“ sehr gut aus. So werde ich meine Pläne anpassen.


Und dann war ich dort – warum die Region Missiones heißt – in der ehemaligen Niederlassung der Jesuiten, die die Indianer aber weder geschlachtet noch zur Religion gezwungen haben. So entstand eine multikulturelle und sehr zwanglose Gesellschaft mit gegenseitigen Einflüssen und Respekt. Darüber hinaus waren die Jesuiten wirtschaftlich sehr erfolgreich, was die bürgerlichen und rückständigen weißen Nachbarn nicht gut fanden und als gotteslästerlich brandmarkten. Mit der Vertreibung der Jesuiten aus Spanien um 1776 mussten auch diese das Land hier verlassen. Danach ging es mit der Region bergab bis zur völligen Zerstörung im Grenzkrieg Brasilien/Paraguay/Argentinien etwa 1817. Heute steht auf der Tafel:“ These successful experiments provoked the Power“.

Das muss 200 Jahre später den jungen Che beeinflusst haben, der ja nicht weit entfernt aufgewachsen war. Überhaupt scheint Che ein Nationalheld von Argentinien zu werden: Sein Geburtsort Rosario hat einen Park nach ihm benannt und eine Statue errichtet. Sein späterer Wohnsitz als Jugendlicher hat ein Museum errichtet und seine Uni in Cordoba hat eine Gedenkstätte errichtet. Vom Museum , dem Wohnhaus seiner Kindheit, hatte ich schon berichtet.


Wenn das alles Ignatio do Loyola, der Gründer der Jesuiten, geahnt hätte …..
Auf jeden Fall ist es ein interessantes Museum über eine offensichtlich glückliche Zeit in den Tropen.
Ab dem Museum wurde die Straße deutlich besser, die ersten 20 km zwar noch Baustelle mit entsprechenden Einschränkungen, die mich als Bauingenieur aber eher interessieren. Danach war es eine Schnellstraße mit Standstreifen/Radweg. Mit dem Ausbau werden auch die Kuppen weggenommen und in den Tälern höhere Brücken gebaut. Einfach toll. Mit 20 bergan und 40 bergab. Gebaut eher für LKW, aber auch ich freue mich. Nach den harten und frustrierenden Tagen zuvor ein Erlebnis. Die Ingenieure hier können also doch Straßen bauen!! Sollen die aus Neuseeland mal vorbeikommen!!


Gestern hatte ich noch kurz notiert: Nichts besonderes. Nur hoch und runter auf der RN 12, manchmal auch steil. Alles dreckig von der roten Erde. Auch die Straßen und Autos. Auf dem Zeltplatz Baden Baden bei Jardin America angekommen. Der Besitzer sprach deutsch, sein Großvater kam aus Deutschland. Seine Mutter hat mit ihm noch deutsch gesprochen. Sein Sohn spricht nur argentinisch (spanisch). Zelt unter Vordach auf Beton, mit Wasserhahn und Spüle, aber es ist kalt. Es gab Kürbissuppe aus Argentinien, aber von Knorr. Morgen wird es wieder spannend.

Missiones II

… kann was erleben! Neben dem Haus der Kindheit von Che Guevara habe ich gezeltet. Heute war ich dann in dem Museum, von der Regierung groß beworben. In was für einer Zeit leben wir heute. Vor mehr als 50 Jahren bekam ich einen Tadel ins Klassenbuch, weil ich sein Poster, das bekannte, in der Klasse aufgehängt hatte.
Der Weg zum Haus über Feldwege war nicht leicht, zumal es 16 h geregnet hatte.


Mitten in der Nacht wurde ich wach, weil es regnete. Kurz darauf kam der Besitzer und meinte, ich müsste umziehen, im Regen!! Unter einem großen Vordach eines Bungalows fand ich dann ein trockenes Plätzchen für Zelt, Fahrrad, alle meine Sachen und mich. Schnell war der Umzug vollbracht. Das Zelt in einem Stück. Bald darauf kam auch ein heftiges Gewitter. So ging es die ganze Nacht. Heute wurde der Regen langsam weniger, so dass ich am Abend zum Museum konnte.


Gerade habe ich fürstlich gegessen, Spaghetti mit Tomatensauce und vielen Gewürzen, danach Kekse und dazu Rotwein. Echt lecker. Mal sehen, was morgen so kommt.


Rita hat angefangen, meine Berichte in den Blog www.wastlradelt.de einzustellen. So werde ich weniger Mails verschicken. Es ist eine spannende, aber auch anstrengende Zeit. Gerade mal vor einer Woche bin ich in Rio losgefahren. Zwei echte Megacities. Zwei der berühmtesten Strände, den gewaltigen Wasserfall Iguazú von beiden Seiten, drei Länder, Geschichte live, …..


Liebe Grüße 
Jürgen/ Wastl

Foz do Iguacu

Einer der großen Ziele dieser Reise war der Iguacu, einer der großen Naturereignisse dieser Welt. Daneben zu stehen, oder darunter, macht den Unterschied zwischen Erleben, wirklicher Welt und der Virtual Reality spürbar, nicht nur gefühlt sondern richtig Manifest. Das muss jeder erleben, fühlen, auf sich einwirken lassen.

Auch Bilder können diesen tiefen Eindruck nur unvollständig vermitteln. Das ist u.a. ein wesentlicher Aspekt für das Reisen, wie ich es empfinde. Diese großartige Welt erleben und durchleben. You‘ have got to do it. 
So bin ich viele Stunden an und durch die Wasserfälle gelaufen, heute die eine Seite, morgen die andere. Die UNESCO hat diese Fälle zu einem der 7 Naturwunder der Neuzeit erklärt.


Das wird schwer zu toppen sein.

Es gibt aber auch die kleinen Dinge. Die werde ich dann in den nächsten Tagen erleben. Bis zu den Anden ist es noch weit.

Missiones I

Es war schon spät und ich suchte den markierten Zeltplatz mit Dusche. Alle Karten waren grob ungenau. So fragte ich ein paar Polizisten nach dem Platz. Noch ein paar Kilometer. Also los. Überall Licht, aber kein Platz. Dann kamen die Polizisten mit ihrem Wagen und meinten, ohne Rücklicht ginge es nicht und es sei auch nicht weit. Sie luden mein Fahrrad auf und brachten mich zum Zeltplatz, abseits der Straße auf schlechter Piste. Mit Sirene stoppten sie den Hund und holen den Besitzer. Nach längerem Palaver luden sie mein Fahrrad ab und verabschiedeten sich.

Ich bekam einen guten Platz zugewiesen. Aber wieder der einzige auf dem Platz für 5 €. 


Der gestrige Tag hatte wieder einige Highlights, drei Länder an einem Tag, von Brasilien über die normale Grenze nach Paraguay mit langen Schlangen und ohne Kontrolle. Das sollte sich rächen. Eigentlich ist Paraguay das Einkaufsparadies für Brasilien. Da wird nicht kontrolliert. Dann bin ich aber auf die Fähre nach Argentinien. Doch da fehlte der Einreisestempel. Gegen Zahlung einer Gebühr von 20€ bekam ich dann aber den Ausreisestempel, ohne den ich weder die Fähre hätte betreten dürfen noch nach Argentinien einreisen. Diese ganzen Formalia an den Grenzen dauerten dann zwei Stunden und eine verpasste Fähre.


So kam ich erst gegen 16 Uhr zum Nationalpark Iguacu. Mit der Kleinbahn ging es dann zu den Fällen. Die letzten Meter waren zu laufen bis zur Plattform über den Fällen. Tausende cbm stürzen da jede Sekunde unter dir in die Tiefe. Das donnert gewaltig und bringt alles zum Schwingen. Unglaublich.


Die Sonne ging schon fast unter, als meine Reise in den Süden durch die Provinz Missiones fortsetzen konnte. Der Zeltplatz war dann sehr primitiv und direkt an der Hauptstraße. Guter Schlaf geht anders. Aber die Erlebnisse des Tages waren toll und anstrengend, so dass ich schnell einschlief. 


Heute ging es ewig auf und ab, wie Neuseeland, nur nicht so steil und hoch. Richtig geschafft bin ich. Aber morgen kommt noch was besonderes.

Sao Paulo

Es war schon lange dunkel, als ich in eine der großen Städte dieser Welt eingefahren bin. 20 Mio. Einwohner, wie NRW und mehr als die DDR. Die letzten 150 km mit dem Bus, müde, bergan, spät. Schön, dass es diese bequemen Möglichkeiten gibt, besonders nach einem langen Tag. Von der Küste ging es mit dem Bus fast 800 m steil hoch. São Paulo liegt auf einer Hochebene und hat viele gebirgige Straßen . Ein Hostel zu finden war auch nicht so easy, das Ergebnis aber toll: Zimmer im EG, Fahrrad nebenan, grosser Garten, Küche.

Sao Paulo


Die Stadt mit großen Gegensätzen: gewaltige Infrastruktur, Hochhäuser, große Märkte auch bei Nacht.

Avelista

Aber gleich nebenan Leute im Schlafsack auf offener Straße oder mit Zelt unter der Hochstraße. Luxushochhäuser mit bewachter Einfahrt und Mehreren Toren mit Bodyguard. Direkt daneben Penner in Lumpen. Vom Busbahnhof in die Innenstadt habe ich mich nicht immer sicher gefühlt auf der Stadtschnellstrasse. Neben dem Hostel aber bewachte Einfahrten und gegenüber ein Krankenhaus.

Hostel in Sao Paulo


Die Fahrt an der Küste war mal ganz angenehm ohne große Steigungen und entlang paradiesischer Strände, kleiner Ortschaften und Badeorte. Da muss der Schöpfer, wer auch immer das war, viel Musse und Freude gehabt haben. Häufig ein Gefühl von Karibik, mit allen Nuancen.


Die Menschen hier sind immer freundlich, hilfsbereit, neugierig, offen und interessiert. Mit Fahrrad und Bus kein Problem. Gleich komplett reinschieben, wie in eine Garage. Ein sehr angenehmes Land, in der Summe und auf die Menschen bezogen.

Angra dos Reis

Die Costa Verde ist wunderschön, für Radfahrer aber etwas spröde. Es geht halt ständig hoch und runter, nicht so steil wie Neuseeland, aber anstrengend. Die vielen kleinen Orte mit Strand, die viele Buchten und Inseln, einfach toll. Heute in Pastellfarben und Azurblau. Faszinierend, wunderschön. Die große Insel hier wurde gerade zum Unesco-Erbe erklärt.

Als ich vorhin in den Ort reinfuhr, wurde ich begrüßt mit „wellcome in paradise“. Na denn mal zu. Ist die Frage für wen. 1 l Rum 15 Real, 1 l Wein 30 Real, 1 l  Bier 7 Real. 4,2 Real ein €. Na dann Prost im Himmel.
Es ist überall entspannt, die Menschen sind sehr freundlich und hilfsbereit. Ich fühle mich hier wohl. Keine Aggression gegen Radfahrer und Ausländer, eher eine positive Einstellung. Es sind nur die Steigungen. Erst wollte ich es nicht glauben, obwohl mir ein Radfahrer das unterwegs berichtet hatte. Ich hatte bis dahin nur die Erfahrungen von Copacabana und Ipanema und Rio. Es gibt aber auch ein anderes Brasilien. Zu den Steigungen gesellt sich auch der Wind. Den hatte ich Samstag und Sonntag zur Genüge.So kam ich nicht auf den Zuckerhut (Seilbahn) und zum Baden an der Copacabana (rote Fahnen). Aber bis zum Knie ging schon.

Dafür kam ich problemlos zum Corovado (den Jusus auf dem Berg), weil dort eine Zahnradbahn seit über 100 Jahren fährt. Ein toller Blick über die Riesenstadt mit den vielen Stränden und Buchten aus 700 m Höhe. Da hatte ich keinen Ehrgeiz, mit dem Radel hoch zu fahren, um 79 Real zu sparen. Dafür konnte ich viele Kilometer durch Rio fahren, da fast alle Tunnel fürs Rad gesperrt sind und ich so viele Umwege machen durfte.
Leider öffnen die Museen samstags erst um 13 Uhr und schließen um 17 Uhr. Da könnte ich nicht viel sehen. Das Museum für moderne Kunst war bis 18 Uhr offen und kostenlos. Die Kunstwerke waren so wie in Europa, jedoch schienen die Epochen etwas verschoben. Ansonsten gab es viel Parks, Plätze, Kirchen. Die Straßen waren akzeptabel, manchmal etwas für Pfadfinder, um nicht auf die Autobahn zu kommen. In der Stadt selbst manchmal Radwege, eher am Strand entlang (für den Sport). Am Abend (SU ist 17.30) bin ich dann nach Copacabana gefahren und habe auch ein Hostel gefunden, ganz nahe am Strand. Mit Baden war wegen Sturm nichts. Aber Restaurants gab es am Strand. Do Ei Steak in Brasilien ist auch was feines.
Am Sonntag kam ich noch nicht gleich in die Gänge. Beim Strandbesuch konnte ich dann bis zu den Knien ins Wasser. Es waren gewaltige Brecher, die dort anrollten. Nur ein paar Surfer waren mit ihren Brettern im Wasser. Die nächsten Stunden hatte ich gewaltigen Sturm gegenan. Und immer wieder Regen. So ein Schiet. So war auch Ipanema und Barra gesperrt. Und ein paar Radwege entlang der Schnellstraßen, auch mal viele kleinere Straßen durch Gerölllawienen, Berge an Sand vom Meer oder von Wellen weggerissen. Leider gab es keine Ausschilderung, so dass ich manchmal vor der Sperre stand und irgendwie über eine Leitplanke oder durch einen Zaun oder  eine Verengung musste.

Einmal hörte die Straße am Bahnhof bei den Gleisen auf. Jenseits gab es einen Weg, aber erst einmal musste ich das Fahrrad über eine Sperre hinwegheben. Die Strasse auf der anderen Seite war sehr gut, es fuhr nur niemand, da die Strasse teilweise fertig war, im Nirgendwo endete und seit Jahren so da lag, unfertig. Ich kam aber in den nächsten Ort, Itaguai, von dem es dann auf einer Autobahn mit Standstreifen für Fußgänger weiter ging. Inzwischen war es dunkel, aber noch 30 km bis zum nächsten Ort am Strand mit Hotels etc. Also fuhr ich auf der Schnellstraße von Brasilia über Rio noch Paulo bergauf und bergab. aber sicher und bequem (nur Berg hoch). Dann kam ich auch nach Mangaratiba und fand eine Herberge und ein Restaurant.
Ein wenig primitiv war es.
Bei Sonne und einem lauen Lüftchen ging es dann weiter. Jedoch ständig hoch und runter, mal bis 280 m, mal Strand. Da kam ich nicht weit, 60 km bis Angra, dem „Paradies“. Das Hostel war gut, aber leer. In der Stadt bekam ich sogar die richtige Gasflasche. Und eine Dose Bier zur Unterstützung beim Bericht. Dabei schlief ich ein. Der Tag war anstrengend gewesen. Die Temperaturen sind mit 20 bis 24 Tags und 14 bis 16 nachts ganz angenehm.