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ständige Polizeikontrollen in der Wüste bis Buchara

Nach einem ziemlichem Gewaltritt bin ich in Buchara angekommen. Ich hatte die Wüste nach drei Tagen ohne Wasser (außer Wasser in Flaschen) satt. Wind und Strasse waren nicht ganz auf meiner Seite, so dass ich für die knapp 220 km von 7.30 bis 21.30 Uhr gebraucht habe. Genau 6 Wochen seit der Landung in Istanbul und 4.240 km und eine Woche seit der Einreise nach Usbekistan und 790 km war ich also hier. 
In Buchara tobt derzeit der Bär, weil hier ein Volksfest unter dem Namen „Silk&Spice“ läuft. Dazu aber mehr heute Abend. Mitten durch das Volksfest in der gesamten Altstadt bin ich mit meinem Fahrrad auf der Suche nach einer preiswerten Unterkunft. Vor dem Duschen erst was Essen, aus bitterer Erfahrung aus Nukus. Noch einen Schlaftrunk gekauft und dann unter die Dusche. Nach drei Tagen Wüste mit Sturm, Staub, Dreck, viel Schweiß (6-8l  Wasser, Cola, Bier) ein echter Traum. Muss ich noch ergänzen: jeden Abend vor der Dusche ist die Wäsche dran. Was da immer für Dreck und Salz raus kommt. Jetzt sind die Sachen meistens am nächsten Morgen trocken. In den ersten drei Wochen dauerte es bis zu drei Tage bei Regen und Kälte. So ist einiges vom Gepäckträger verloren gegangen.
Die Mahlzeiten kaufe ich im der Regel. Kein Stress mit Einkauf und Kochen. Meine Suppen, Grieß, Haferflocken, Tee, Zucker, Milchpulver habe ich kaum angerührt, außer auf dem Campingplatz. Für Zwischenmahlzeiten oder fehlende Kafes habe ich immer Brot, Schafskäse, Oliven und Kekse dabei. Seit Kasachstan geht es zu Trockenobst und Nüssen über, Oliven sind hier unbekannt. An Wein und Schluck habe ich auch einen kleinen Vorrat dabei, in der Türkei Raki, in Georgien Cognac, seit Aktau Wodka.
Ansonsten gibt es nichts zu berichten, die Strasse war fast den ganzen Tag gerade aus und kaputt, ständig Polizeikontrollen, Frühstück um 8 an der Landstraße (Brot, Aprikosen, Nüsse, Käse). Mittag in einem kleinen Kafe (Blätterteigtaschen mit Hammel), Zwischenmahlzeit an der Strasse.
40 km vor Buchara wurde es grün wegen des Zafron, der hier endet (versickert). Daher war Buchara immer schon Oase gewesen.

Wüste bei Oizit‘ Rava

Ja, Herr Ober, so geht es.
Kleines Kafe am Straßenrand (Kafe ist wie Kafenion in Griechenland, Kneipe und Restaurant, Treffpunkt, Guesthouse). Strohdach, Bäume, warmer Wind. Sonnenuntergang, nette Menschen, aber nicht aufdringlich, leckerer Salat aus reifen Tomaten, Tee und Wodka. So geht es.
Das Mittagessen war ein Traum: Frischer Fisch aus dem Amudarja, der auf der Zunge zerging, bis zum Abwinken, Grüner Tee, Apfelsaft, köstliche Soße. Nur die Zubereitung war nicht der Hit (Hammel am Spieß aus der Steppe). Da habe ich gerne für eine Stunde pausiert und 21.500 SUM bezahlt (6 €).
Heute morgen habe ich ja glatt verschlafen. Den Sonnenaufgang um 6 Uhr hab ich noch erlebt. Umgedreht im warmen Schlafsack, Ohren zu wegen LKWs, um 8.30 aufgewacht. Ein kleines Frühstück und um 9.30 auf dem Sattel. Noch 30 km Gegenwind bis zur Straßenbiegung (8 – 10 km/h), dann halben Wind (nicht immer hielt sich der Wind an den Wetterbericht, aber immerhin). Insgesamt heute 120 km durch die Wüste, aber immer in der Nähe vom Amudarja (ist ja wie der Nil in Ägypten). 
Wenn ich jetzt müde bin, brauche ich nur meinen Schlafsack auf meinem Sitztisch ausrollen und mich hinlegen. So einfach ist das hier in der Wüste. Wer da sein Zelt hinter einem Hügel aufbauen will, hat weder die Natur verstanden noch die Menschen. Und bekommt dann zur Strafe weder köstlichen Salat noch Suppe.
Nachtrag zu LKWs: In der Türkei kam jeder 2. LKW aus Deutschland, erkennbar an der Aufschrift. Die anderen waren neu und meistens auch aus Deutschland. In Georgien ähnlich, nur war das Baujahr älter (erst Griechenland, dann Georgien), einige schrottreife Kamaz, moderne türkische LKWs (Made in Germany o.ä.). In Azerbaidschan wurde der Anteil an Kamaz, auch neue, größer. In Kasachstan war der Anteil deutscher LKWs deutlich niedriger, eigentlich nur noch für Langstrecke. Dafür tauchen ganz andere Fahrzeuge auf: Shakman, Stella andere. Nagelneue Schwerlast-LKWs der Baustellen, manchmal in riesigen Kolonnen. Von den Schriftzeichen abgesehen, sehen diese LKWs aus, als hätte jemand einen Mercedes, MAN, Renault oder Volvo in den Kopierer gelegt. Zumindest im Design hätten die Chinesen ja etwas Phantasie an den Tag legen können. 
Auf dem Weg zur usbekischen Grenze dann Kolonnen an LKWs, beladen mit Pkws, platzsparend, auch ineinander gestapelt, verstaut, jeder LKW einen anderen schleppend. Eine traurige Kolonne an Fahrzeugen, die in den 80ern ihre TÜV-Zulassung verloren hatten (die Firmenwerbung war natürlich noch überall drauf). Auch hier jede Menge Shakman, aber jedes Alter und jede Baureihe SU. Nur auf der Langstrecke MAN und Mercedes.

Wüste bei Oal‘ Alaw: Wir wollen alles, mindestens, aber sofort!

Die Kizilkumwüste hat mich wieder. Nach Buchara noch 340 km. Von Chiwa ging es entlang der Fluss- und Kanallandschaft nach Ost. Überall Felder, Bäume. Alles ist grün, dicht bewohnt. Den Sieg des Sozialismus in der Landwirtschaft kann man allenthalben an den Dreiradtraktoren bewundern (einen Reifen gespart). Beachtlich, dass die noch heute fahren, macht jedoch deutlich, wie rückständig dies Land und seine Wirtschaft ist. Auf den kleineren Strassen ist mir heute verwundert aufgefallen, das nicht Wasser, wie auf dem Tourirouten, sondern Benzin in Flaschen zu 1,5 oder 5 l verkauft wird (steht überall vor den Häusern). Die meisten Autos fahren mit Gas, auch viele LKWs und Transporter, erkennbar an den riesigen Flaschen auf dem Dach oder der Ladefläche. Aber auch bei Gas scheint es Engpässe zu geben, da an den geöffneten Tankstellen häufig lange Schlangen stehen (Methan, Propan, Butan: natürlich in Kyrillisch).

Irgendwann ging es dann über den Amudarja, besser das fast leere Flussbett, auf einer historischen Brücke für Zug und Autos, gut bewacht, weil strategisch wichtig: Aufnahme der Personalien, vor allem von terrorverdächtigen Ausländern mit Fahrrad; völlig falsche Darstellung der Brücke in der Karte; kaputte Strassen auf beiden Seiten, damit keiner schneller als 5 km/h fährt; riesige Umwege wegen neuer Kanäle, hierfür fehlen noch die Brücken.

Die Abkürzung über eine Baustelle war deutlich kürzer, aber nicht einfacher. Sie führte aber zu vielen Kontakten mit den Bauarbeitern. Kurz vor Sonnenuntergang war ich dann endlich auf der Schnellstraße nach Buchara. Damit ging dann der Tag gegen den Wind (4-5 Bft) zu Ende, und ich kam mit halbem Wind auf der nagelneuen Betonpiste eine Stunde voran. Dann kam eine Raststätte und nichts ging mehr. Suppe, Brot, ein Bier: und schon schlief ich unter der Veranda ein. Licht und LKWs störten nicht. Ist halt Wüste ohne Wasser. Plumpsklo, Strasse, sonst nichts, auch kein Telefon und Internet. So bin ich nicht allein, dafür aber sicher. Alles geht eben nicht. Fiel mir doch neulich unser alter Spontispruch ein: Wir wollen alles, mindestens, aber sofort.

Chiwa: ein bewohntes Freilichtmuseum wie ein Märchen aus 1001 Nacht …

Tatsächlich, ich bin in Chiwa gegen 18 Uhr angekommen, genau eine Woche nach der Ankunft in Aktau. Heute aber kein Besichtigungsprogramm mehr, sondern nur ein Bummel und dann ein Café mit richtigem Kaffee, dazu 1,5 l Cola (war am Nachmittag richtig heiß gewesen, da geht dann schon mal was rein, können auch 8 l Wasser etc am Tag sein). Die Stadt war voll (Sonntag und Tag des Kindes) mit Souvenirläden von Anfang bis Ende. Nach dem Kaffee konnte ich meine restlichen Tenge (25.000) gegen SUM (300.000) umtauschen (etwa 100 €). Für 45.000 SUM fand ich ein kleines Hotel, einfach, aber mit Dusche. Da merkte ich erst meinen Sonnenbrand. Seit einer Woche brauche ich eigentlich keine Sonnencreme mehr. Für ein gutes Essen musste ich mich dann aber beeilen, wegen Erfahrung. Nach oben offenes Obergeschoss, letzter und dann einziger Gast. Aber alles wie aus dem Märchen von 1001 Nacht (oder war es doch Ali Baba?). Der Plow schmeckte sehr gut (wie Gulasch mit Reis). Die Stadt ist ein bewohntes Freilichtmuseum. Als einziger Gast dann mit der Kulisse und zwei Kellnern nur für dich ist es wie im Märchen. Nur die Sterne waren blass.
Das war in der Wüste natürlich ganz anders gewesen. Die Milchstraße erdrückt dich fast und die Schlange zwischen den Wagen ist deutlich zu sehen, natürlich auch Kassiopeia, der Schütze und Bootes. War schön heute Nacht um drei auf der Liege (2,5 x 3,0 m) und meinen beiden Wachhunden. Die Nähe von Menschen ist in der Wüste oder Steppe wichtig. Gastfreundschaft ist einer der Pfeiler dieser Gesellschaften und Kulturen und schützt gegen wilde Tiere und Überfall von Menschen. So war das Familienbett vor der Kneipe genau richtig: Nähe und Schutz, Abstand und Freiraum. Auf Schlangen und Wölfe kann ich gut verzichten, weil ich kein Trapper bin. 
Der Sturm nahm in der Nacht noch zu, so 7 – 8 Bft. Da war ich in meinem warmen Schlafsack gut aufgehoben, zumal die Temperaturen nachts deutlich zurück gehen. Selbst hier in der Stadt habe ich vorhin gefroren. 
Die Sonne stand schon hoch, als ich gegen 7 wach wurde. Vor 8 war ich schon wieder auf der Strasse. Gegensturm bis zum nächsten Stassenknick in 500 m. Dann ein Kafe mit Spiegelei zum Frühstück. Es ist immer noch bitterkalt um 11 Uhr, so dass ich ein Unterhemd brauche, auch wegen Nierchen und Verspannungen im Rücken. Auf Hals, Nacken und Hintern muss ich sowieso auf dem Rad immer achten.
In Urgansch die nächste Mahlzeit und dann die Suche zur Strasse nach CHIWA. Warum können die Usbeken keine Schilder aufstellen und Straßennamen anbringen? Ein Feind, der dieses Land erobern will, hat es nicht leicht, weil die Mongolen  seinerzeit wahrscheinlich alle Schilder haben mitgehen lassen und die Zeit bisher nicht gereicht hat (oder war es Alexander der Große? War ja bis ins Ferganatal, aber nicht mehr über den Pass bis Kashgar genommen. Kann ich mir gut vorstellen, wie er da unten vor Wut geschrien und mit den Füßen getrampelt hat).
Schließlich hab ich den Weg dann doch gefunden (zur Belohnung steht am Ortsausgang dann ein Schild mit der Entfernung und Strassenführung bis Chiwa oder anderswo). Von Urgansch bis Chiwa verläuft eine vierspurige Schnellstraße immer gerade aus mit einem Belag aus der Zeit von Timur Lenk oder Tamerlan. Alexander hatte ja schon die Schilder mitgehen lassen.
Nur die ersten 4 Stunden waren nervig, dann ging es. 

mit dem Taxi nach Koundra … und dann die Welt umarmt

Am Ende ein schöner Tag, mit vielen Höhen und Tiefen. Trotz der Massenunterkunft (wie die Heringe) hatte ich gut geschlafen und war schon um 7.10 auf dem Rad (morgens gibt es dort nichts), die LKWs machten sich auf den Weg und viele Leute warteten auf Fahrgelegenheiten. Ich hatte den Gegensturm zum Freund (aber nicht zu meiner Freude) und kam kaum voran bei einer einsamen Wüste von 300 km, mit wilden Tieren und wohl nur einer Raststelle in der Mitte, vor mir. Der einzige Ort nach der Grenze, Karakapakia, nach Karte wahrscheinlich mit Bahnhof, sollte nach 2 Stunden Kampf gegen den Wind (immerhin 18 km) meine Erlösung werden. Nach viel Kauderwelsch war klar, es gibt heute oder morgen Züge am Bahnhof. Der halbe Ort war mit beschäftigt. In der Halle hing sogar ein Fahrplan: mein Zug nach Koundra fährt morgen früh um 5.45, wenn es denn ein Ticket gibt, was hier nicht so üblich ist, wie ich später erfuhr.
Da taucht ein Taxifahrer auf, der bereit ist, mich sofort nach Koundra hinter der Wüste zu bringen. Auf 100$ haben wir uns schnell geeinigt. Für ihn sehr viel, für mich überschaubar und ohne den Kampf gegen die Wüste, den Wind und die Strasse. Nach gut drei Stunden Fahrt und einer halben Stunde beladen des Kleinwagens mit meinem Fahrrad samt 5 Taschen und 3 Campingteilen bin ich um 13 Uhr in Koundra und kann endlich mal was essen. Schon sehen die Mäglichkeiten und Perspektiven ganz anders aus: der Wind hat nachgelassen und etwas gedreht, die Strassen sind besser, überall Grün und Bäume und nur noch 100 km bis Nukus, wo immer das liegt (ist aber die Hauptstadt von Karalpackstan). Wegen Fehlern auf der Landkarte werden es dann doch 120 km. Keine Wüste mehr, es geht voran: sofort wird meine Laune besser und ich könnte die Welt umarmen. Endlich dann gegen 21 Ihr auch ein Hotel gefunden (war mit 40 € deutlich teurer als das Massenquartier, aber viel Komfort und vor allem eine Dusche: In der Wüste gibt es höchstens einen tröpfelnden Wasserhahn (besser als nichts, vor allem vor dem Essen). So war alles gut und in bester Ordnung, bis ich herausfand, dass alles um 22 Uhr schließt. Bisher völlig undenkbar,eigentlich alles bis mindesten 24 Uhr offen. So durfte ich mir ein Süppchen kochen und Oliven, Brot und Schafskäse dazu essen. Neulich im Supermarkt habe ich mich schon besorgt gefragt, warum ich eigentlich Suppen mitgenommen habe, wo ich Maggisuppen  doch in jedem Supermarkt bekomme. Neulich hatte ich Kekse aus Deutschland und Bananen aus Equador gibt es überall, wobei hier 4 Bananen teurer sind als eine Flasche guten Wodka (Taschkent Vino, kein Witz, steht drauf). Dann war ich doch genervt (sehr, da hungrig), so dass der Bericht ausfallen musste.