Pamirhighway

Wenn der Opa mit dem Fahrrad kommt ….

Vor diesem Gebirge hatte und habe ich Respekt. Tienschan und Pamir. Im Herzen Asiens. Bis 8000 m hoch. Die einfachen Pässe bei 3800 m. Da will ich lang. Da muss ich lang, denn es führt kein anderer Weg nach Kaschgar (Wilhelm Tell oder so ähnlich, 1291). Heute war der Einstieg von Osh aus. Im Rückblick war das Schwierigste der Weg aus Osh heraus. Mangels Beschilderung und widerstreitender Meinungen befragter Bürger und Fachleute (Taxifahrer, Tankstellen), brauchte ich eine geschlagene Stunde, bis ich endlich draußen war. Die Strecke war ambitioniert aber machbar, nur die letzten drei Kilometer zur Passhöhe musste ich schieben. Schön und dann überwältigend war die Gegend. Die Fotos sind toll. Je höher, desto grüner. Später die ersten hohen Berge im Hintergrund mit 5000m. Das ist aber erst der Anfang. Ich bin jetzt gerade in die Hochgebirge eingetaucht. Viel Tourismus ist hier nicht. Ein paar Freaks mit Fahrrad vom Pamirhighway, chinesische LKW-Fahrer (leer donnern sie durch, voll schnaufen die XXL-LKW die Berge hoch). Ich bin sozusagen am Einstieg aufs Dach der Welt. Morgen geht es dann Richtung Sari -Tach. Dort teilen sich die Wege nach China, Pakistan, Afghanistan und Turkmenistan. Ich biege dann scharf links ab über das Dach der Welt nach Kaschgar in China. Bisher war dies der einzige für Ausländer befahrbare Pass nach China. Gerüchten zu Folge kann dies verändert worden sein. Mal sehen. Es sind noch ca 450 km bis Kaschgar.
Die Menschen hier sind ausgesprochen nett und hilfsbereit. In Osh war es etwas anders, vielleicht weil zu viele Freaks schnorren oder alles für lau haben wollen (mindestens aber sofort). Das scheint den Leuten nicht ganz so zu gefallen. Wenn aber ein Opa mit Fahrrad ankommt, geht vieles ganz leicht, wenn ich denn frage.

Der große Bogenschlag

Nichts passiert heute. Nur im Bett gelegen, gedöst und geschlafen. Ich bin völlig kaputt von der Nacht auf der Toilette. Gegen Abend ging es dann besser und ich konnte eine Nudelsuppe  (Lachman) einfangen. Auch ein Glas Rotwein ging wieder. Dann kann ich ja morgen nach Taschkent fahren. Vorhin traf ich einen jungen Franzosen auf Fahrrad, der über Termiz und den Pamirhighway nach China will. Gestern beim Frühstück saß ich mit zwei älteren Herren aus Japan am Tisch (68 und 72 Jahre), die mit Rucksack von Istanbul nach Japan auf der Seidenstrasse unterwegs sind, Eisenbahn und Bus. Auch eine Variante.
Also morgen mein letzter Tag in Usbekistan. Ja, ich bin traurig, das Land und seine Menschen und seine Bauwerke zu verlassen. Ein faszinierendes Land zwischen Wüste und Oase, Mittelalter und Sozialismus und Moderne; Abendland und Morgenland, Geschichte und Gegenwart. Es ist vielfältig und spannend. Die Menschen strahlen eine innere Ruhe und Gelassenheit aus, Frauen scheinen gleichberechtigt, treten aber immer selbständig auf, anders als in allen anderen Ländern, durch die ich gekommen bin (ist natürlich subjektiv, da ich jeweils nicht so viel gesehen und erlebt habe). Diese Region an der Schnittstelle zwischen Ost und West, Arabern und Russen, Mongolen und Persern war schon immer ein Hort des Wissens und der Wissenschaft gewesen, solange der Austausch funktionierte. Ibn Said (Avicenna) und Ulug’Beg legen davon Zeugnis ab. Sobald dieser Austausch unterbunden war (Dingis Chan, Chanate, SU), ging es abwärts. Aktuell heißt es, Samarkand sei 2900 Jahre alt. Solange schon fand der Austausch mindestens statt. Ich aber sage, solange Menschen existierten, fand dieser Austausch statt. Das Museum in Baku werde ich nochmals besichtigen müssen, weil es so vielfältige und tiefschürfende Antworten und Erkenntnisse zur Geschichte der Menschheit, insbesondere im südlichen Kaukasus, welche Region als der Beginn der Städte und Staaten verstanden wird, vermittelte. Die Mumien in der Taklamakan, die erst kürzlich ausführlich untersucht wurden und ca. 5.000 Jahre alt sind, wirken eher wie Kelten als Chinesen (was die Genuntersuchung auch bestätigte). Ur-Kelten in der Taklamakan? Da wird noch einiges spannendes kommen.