Asien

Schwierige Essenskultur für Ausländer

Heute war ein angenehmer Fahrradtag: keine großen Steigungen, tolles Panorama und angenehme Temperaturen. Morgens wird es jetzt deutlich eher hell, da ich näher nach Peking komme. Kühl ist es aber trotzdem. Im Laufe des Vormittags wurde es dann angenehm warm, kurze Hose und Hemd. Das Panorama war beeindruckend, das Gebirge Qilian Shan mit den Gipfel in Schnee bei 5000 bis 5500 den ganzen Tag im Süden. Wie der Pamir bei Saritash. Alles in voller Sonne. Die Bäume herbstlich gefärbt, die Bauern überall bei der Ernte, hier Mais und Zwiebeln. Drei chinesische Radfahrer habe ich getroffen. Die so klein eingezeichnete Stadt Linze vor Zhangye ist dann plötzlich 100.000 oder größer. Nur werden hier die Bürgersteige schon um 9 Uhr hochgeklappt. So war ich froh, noch ein Restaurant gefunden zu haben. Es stellte sich als schwierig heraus, da es ein besonderes war, die Leute nur chinesisch konnten (ich nicht) und die Speisen nicht fertig waren. Natürlich war ich der Mittelpunkt, weil alles gackerte und guckte und der Chef versuchte, mir mit chinesischen Hyroglyphen alles zu erklären, was aber wenig brachte, trotz steigender Lautstärke. Eine. Speisekarte gab es auch nicht, alle Leute aßen aber mit Vergnügen. Schließlich nahm mich ein Gast an die Hand mit Teller und Zange und zeigte mir, dass man vom Buffet sich rohe Sachen nimmt, die dann in einen Topf mit Sud kommen und individuell gegart werden. Jeder bekommt einen Topf an seinen Platz mit Herdplatte. Und schon ging’s los. Reis gab es leider keinen und Tee auch nicht. Statt dessen gab es heißes Wasser oder Bier. Irgendwann kam eine Kellnerin, die einzige, die nicht gackerte, und half mir ein wenig mit einer Suppenkelle und der Handhabung von Topf und Herdplatte. Dann hatte ich es auch begriffen. Das war aber eine typische Situation. Die Leute sind völlig hilflos mit ungewohnten Situationen, sprachungebildet (nur Chinesisch), kennen nur Chinesen und empfinden alles andere als Clownerei und Belustigung. Ich hatte wenigstens ein tolles Essen und ein neues Erlebnis. Ich möchte manchmal sehen, wie diese Leute, die sich totlachen, ein ordentliches großes Steak essen wollen, ohne Stäbchen, dafür mit Messer und Gabel, ohne schlürfen, grunzen und schmatzen, und ohne den ganzen Tisch und Fußboden zu bekleckern und zu vermüllen. So unterschiedlich sind eben die Welten.
Da war der Vorabend doch angenehmer gewesen, als ich zu einer Tischgesellschaft gebeten wurde, alles geteilt wurde und jede Menge da war. So viel hatte ich die letzten Monate nicht mehr gegessen. Ich hab aber nicht alles geschafft. Die Verständigung klappte auch so.

Große Vorhaben erfordern zeitiges Aufstehen…

Der Wecker bimmelte um 5.50 Uhr, denn ich hatte heute Großes vor! Den großen Sprung nach vorn (Mao 1960). Der Bus nach Jiayuguan sollte am Sonntag schon um 8 Uhr fahren. Polizeikontrolle und Gepäckscan brauchen ihre Zeit. Also lieber eher da sein. Ich kam um 6.45 mit dem Personal und konnte mein Fahrrad mit Messer und Gasflasche direkt auf den Busplatz schieben. Gelöst. Gegenüber war eine Kneipe mit Frühstück für die frühen Gäste. So kam ich zu 5 großen gefüllten Teigtaschen und einer Suppe für 1,50€. Dann war aber die Kontrolle immer noch nicht besetzt. Nach einer Weile kamen die Busfahrer, und ich konnte das Fahrrad als Ganzes reinschieben, nicht ohne dem Fahrer noch 20 Y gegeben zu haben, wegen der Menge an Gepäck. Bei der Abfahrt pünktlich um 8.00 Uhr ging die Sonne auf. So ein paar Kilometer im Bus durch Wüste und Steppe waren auch mal ganz nett. Bis Jiayuguan gab es eh nichts zu besichtigen. Pünktlich im 12.30 lud mich der Bus am Ortseingang raus. Die Suche nach der alten Festung und dem klassischen Ende der Großen Mauer war wegen fehlender Hinweisschilder etwas schwierig und langwierig. Warum begreifen die Verantwortlichen in Zentralasien nicht, das nicht die Bewohner, sondern die Anderen die Schilder brauchen. Gleiches Spiel in der nächsten Stadt, wo die Hinweisschilder nur zur Autobahn führten, die Strasse dann aber plötzlich im Bauhof endete mit einem Bretterzaun. Solche Schilder brauch ich nicht. Das müssen sie noch alle lernen, von Aserbaidschan bis China. Es ist aber auch ein Kreuz mit den Diktaturen.
Irgendwann war ich in der Festung von 1100, die das westliche Ende der Großen Mauer darstellt. Weitere Mauerreste weiter westlich hatte ich schon besichtigt. Hier war eigentlich das Westende zur Sicherung des Hexikorridors. Inzwischen sind die Festung und die innere Stadt neu errichtet, ein Bauboom wie seinerzeit beim Kaiser. Es gibt auf jeden Fall einen tollen Eindruck von den 25.000 km Mauer. Mit neuen Eindrücken ging die Pfadfinder-Fahrt dann weiter nach Osten. Mal sehen, wo ich morgen lande. Auf 40 km keine Kneipe, kein Restaurant, kein Laden, nur Strassendörfer und Bauernhöfe. Weil es schon lange dunkel war, hoffte ich auf den nächsten Ort. Nach einer kurzen Essens- und Orientierungspause kam ich plötzlich in eine Ansammlung von Kneipen und Hotels. So ganz plötzlich aus dem Nichts. Ein versöhnliches Ende eines langen Tages.

Oh, ich bin SAUER !!!!!!

So verarscht worden bin ich lange nicht mehr. Alles was der Staat anpackt, kann nur schief gehen. In China ist der Staat eine Krake, ein aggressives Krebsgeschwür. Ich wollte also zu den Magaohöhlen. Gesagt, getan. Nach 12 km biegt die Zugangsstrasse ab und gleich springen 3 Polizisten auf mich zu und wollen irgendwas. Ein paar umherstehende Obsthändler haben ein Smartphone und können damit übersetzen, dass ich ein Ticket brauche. Ein paar Kilometer zurück ist eine Mautstation. Also hin, Verkehr komplett blockiert, weil ich das Ticket wollte. Irgendwann kam der Chef und erklärte, dass ich zum neuen Zugangsgebäude müsse. Sah von weitem wie Flughafen aus. Der konnte man mir nur ein Ticket mit Busfahrt zu den Höhlen verkaufen. Nach Beratung aller dort anwesenden 10 Personen war klar, dass ich im Ticketbüro kein Ticket kaufen kann. Dies ginge nur in der Stadt. Hier gibt es nur Busfahrt mit Ticket. Nach langem Palaver haben sie mir dann aufgeschrieben , wo ich denn hin muss, freundlicherweise in chinesischen Hyroglyphen. Also in die Stadt zurück. Dort, wo ich das Ticketoffice vermutete bin ich erstmal in ein 5-Sterne-Hotel, um nach dem Büro zu fragen. Tatsächlich konnte eine der vier Damen an der Rezeption drei Worte englisch. Mit meinem Zettel und Palaver zeigte sie mir ein Hotelbüro am Eingang. Freundlicherweise kam sie mit. Dort wurde sie abgekanzelt, bekam aber den Hinweis, dass auf der anderen Seite der Kreuzung irgendwas sei. Die kam auch hier mit. Tatsächlich, es stand Ticketoffice dran. Dort wurde sie wieder abgekanzelt und auf die andere Straßenseite verwiesen. Dort erklärte man ihr, dass es hier nur Kombitickets gäbe, und sie wieder zurück müsse. Nach massivem Protest ihrerseits bekamen wir einen Schalter zugewiesen. Nach 10 Minuten hatte ich dann das Ticket für stolze 160 Y, was einer Übernachtung in einem guten  Hotel entspricht oder dem Wochenlohn eines einfachen Arbeiters. Die 60 Y für den Bus hatte ich gespart und obendrein einen umfassenden Einblick in die chinesische Bürokratie bekommen. Die Mitarbeiterinnen im Hotel waren mindestens genauso genervt wie ich, haben mir aber wunderbar geholfen. Wenn aus China mal was werden soll, dann nur durch Abschaffung der Bürokratie und Entlassung aller dort Beschäftigten sowie Übertragung aller Tätigkeiten auf Menschen aus der Wirtschaft.
Armes Land mit großartiger Geschichte. Die durfte ich dann tatsächlich noch ansehen mit meinem teuren Ticket. Auch die Chinesen zahlen den gleichen Preis. Es sind wirklich tolle Kunstschätze, die dort zu sehen sind. Nur mit Führung, ist aber o.k.. War sogar in englisch, mit einer Gruppe Skandinavier war ich unterwegs. Wunderbare Malereien und Skulpturen von 400 bis 1200, die nur deswegen erhalten sind, weil die Höhlen 600 Jahre unter einer Düne vergraben waren. Von den ca. 50.000 Manuskripten sind die meisten vor 100 Jahren verkauft worden, u.a. das älteste Druckwerk/Buch der Erde. Schade, muss ich also nach London fahren. Die meisten Farben haben auch heute noch eine unheimliche Ausstrahlung. Nur die Farben auf Bleibasis sind oxidiert und schwarz. Diesmal waren es nicht die Deutschen, die geklaut hatten. Die Dokumente können heute in London, Paris, Tokyo und Delhi bewundern werden.
Nach der Besichtigung kam ich noch kurz mit den anderen ins Gespräch. Heute haben wir uns dann noch zweimal zufällig getroffen, bei den Dünen am Mondsichelsee und auf dem Nachtmarkt von Dunhuang. Eine Gruppe von Architekten aus Südschweden und ein paar Andere. Auf dem Nachtmarkt haben wir uns dann noch länger unterhalten. Die fahren nach Lanshou zurück und dann mit der Eisenbahn nach Lhasa/Tibet.
Ja, die Dünen des singenden Sandes mit dem Mondsichelsee bei Sonnenuntergang war schon ein  Erlebnis. Nur die anderen Tausenden an Touristen und der wieder sehr hohe Eintritt von 120 Y waren sehr störend. Die Dünen sind wirklich sehr hoch, vielleicht 200 m. Und jeder darf überall herumlaufen, zu Fuss oder auf dem Kamel.
Morden geht es dann weiter, erst einmal mit dem Bus in den Hexikorridor.

In der Provinz Gansu angekommen

Heute ist ein besonderer Tag, denn ich habe gehen 14 Uhr ganz ohne Hinweisschilder die Provinz Xinjiang verlassen und bin jetzt in Gansu. Am Abend habe ich Liuyuan erreicht, ein kleines. Örtchen am Rande der Wüste. Hier gabelt sich die Seidenstraße in die Nord- und die Südroute um die Taklamakan. In Kashgar kommen die beiden Routen wieder zusammen. Außerdem bin ich genau vor vier Wochen in Leipzig aufgebrochen und am Abend in Taschkent angekommen.
Ansonsten war der Tag nicht spektakulär, immer nach Süden durch das Bai-Schan-Gebirge mit Hochebenen, einem Teil der Gobi. Das ganze Gebiet ist ein Naturschutzgebiet Wüste. Die Strasse, hier nur Autobahn, führte schnurgerade durch die Gegend. Manchmal ein paar kleine Biegungen, meist eben, häufig leicht rauf und runter mit kleineren Pässen bei 1800 und 1900 m Höhe. Am Abend war ich dann in Liuyuan, ein kleiner hässlicher Industrieort mit Bahnhof. Daher einige kleinere Hotels, gut und preiswert. Eine ungewöhnliche Kombination bisher in China.
Heute Mittag traf ich den jungen Italienischen Radfahrer wieder. Nach einem kurzen Plausch haben wir uns verloren. Vielleicht treffen wir uns in Dunhuang wieder. Er ist in Venedig gestartet, über den Balkan, Griechenland, Türkei, Iran und Usbekistan hierher gekommen. Weiter fährt er am Rand von Tibet nach Süden bis Hongkong.
Ich werde auch ein Stück Südroute fahren, um Dunhuang zu sehen. Dann werde ich ein Stück mit dem Bus in den Hexikorridor fahren.

Etwas schlapp vom Schlaf in der Garage an der Autobahn

Heute war um 15.30 Uhr die Luft raus. Letzte Nacht hatte ich in der Garage nicht so gut geschlafen und bin um 8.30 kurz nach Sonnenaufgang ohne Frühstück los. Als es wärmer wurde, habe ich es nachgeholt, am Straßenrand mit toller Aussicht über die Wüste zu dem nächsten Gebirge Bai Shan. Es ging aber stetig bergan und ich war etwas schlapp von den letzten Tagen. Im Ort Xiangxiangxia wollte ich eigentlich Rast machen. Es war jedoch die Raststätte und ein bisschen mehr. Die nächste Raststätte in 84 km und kein Ort. Nein Danke. Schluss für heute. Morgen ist auch noch ein Tag. Meistens oder zumindest seit Bestehen der Erde.

Schlafen in Sotian an der Autobahn Gobi

Heute war der Tag der Radfahrer. Nach dem reichlichen Frühstück (chinesisch rauf und runter, aber richtiger Kaffee), den Einkäufen und dem Geldautomaten (geht hier mit Kreditkarte wie bei uns mit EC-Karte) ging es aus der Großstadt Hami (700.000) Richtung Südost. Ohne Navi geht gar nichts, da Verkehrsschilder unbekannt sind und nicht vorkommen. Warum auch? Wer hier wohnt, weiß es und andere kommen hier nicht hin. Es ist wirklich alles chinesisch. Noch nicht einmal im Business-Hotel gibt es Ausländer und die Speisen auf dem Bufet sind nur Chinesisch ausgezeichnet. Sehen hilft dann. Spiegelei, beidseitig gebraten in einer Rundform ist sehr beliebt.
Na ja irgendwann war ich am Stadtrand. Dort traf ich auf eine Gruppe chinesischer Radfahrer bei einem Ausflug. Es waren keine Profis, daher fuhren wir gleich schnell. So hatte ich mal Windschatten. Die Verständigung war schwierig, da alle nur chinesisch sprachen. Nach dreißig Kilometern blieben sie zurück. Dafür traf ich eine Stunde später einen chinesischen Radler auf dem Weg, ganz China zu erkunden. Dann eine halbe Stunde später holte mich ein anderer Radfahrer ein. Er kommt aus Italien und will auch nach Xian und dann nach Hongkong. Nach einer halben Stunde trennten sich die Wege, da er zur Raststätte fuhr, während ich gerade gegessen hatte. Vielleicht treffen wir uns noch in der Weite der Wüste Gobi, durch die jetzt die Strasse (Autobahn) führt. Wäre die Strasse nicht, wäre es ziemlich leer hier. So ist eine Raststätte alle 140 km und ein bewirtschafteter Parkplatz alle 30 bis 40 km. Als die Nacht reinbrach, habe ich dort gespeist und konnte draußen übernachten. Gut, dass der Schlafsack bis -10 Grad ist. Morgen geht es weiter nach Dunhuang. Die Entfernungen sind hier ziemlich groß. Als ich in Urumchi auf die Autobahn fuhr, war die Beschilderung bei 3611 km. Bis Xian. Inzwischen bin ich bei 2889 km angekommen.

Ins Nichts nach Shanshan

Hinter Shanshan fing das Nichts an. Aber davon gab es viel. 160 km ohne Orte, Kneipen und Raststätte. Dafür konnte ich die Autobahn nutzen. Teilweise war die Landstraße nicht mehr vorhanden. Shanshan war noch eine nette Kleinstadt (China) gewesen. Trotz Sonntag gab es Frühstück in den Kneipen. Die Strassen und später die Autobahnen waren leerer als sonst. An der Fernwärme (neu) wurde aber dennoch gearbeitet.
Den ganzen Tag ging die Strasse aufwärts. Eine wilde Landschaft am Füße des Bogdan Shan. Aber einsam. Alle 140 oder mehr Kilometer eine Raststätte. Gegen 19 Uhr ging dann die Sonne unter. Noch 70 Kilometer. Nach 800 Höhenmetern und 6 Stunden war ich endlich angekommen. Es gab noch Zimmer, dann war ich eingeschlafen. Im schönen warmen Schlafsack. Es wird inzwischen abends und nachts empfindlich kalt. Ab 19 Uhr lange Hose, Jacke und Skihandschuhe, und das auch bergan. Eine sternenklare Nacht und ein wunderschöner Mond.
Heute geht es nach Hami. Ist nicht mehr so weit.

Die grüne Oase Turfan

Die Oase Turfan ist wirklich so grün, wie überall beschrieben. Und das, obwohl es der heißeste Ort Chinas mit 49,6 Grad ist. Drumherum Wüste. Es ist offensichtlich das Wasser aus den Bergen, das die Menschen seit mehr als 40.000 Jahren hierher zieht. Die Landwirtschaft gedeiht nur wegen des Kadez genannten Bewässerungssystems, ähnlich wie in Persien. Lange Kanäle verlaufen unterirdisch und kommen erst nach vielen Kilometern an die Oberfläche. Ein tolles Museum gibt es hierzu. Ebenso eins zur Geschichte der Region. Nicht ganz so spektakulär wie Urumchi, aber mindestens ebenso gut gemacht. Eine uralte Stadt, mindestens 2500 Jahre alt, kann besichtigt werden, zumindest die Ruinen aus Löss und Lehmziegeln. Angeblich die größte der Welt. Und in einem gesonderten Museum sind die damaligen Methoden und Tätigkeiten rekonstruiert mit Entwicklung bis heute.
Echt spannend. Nur der mit den Touristen einhergehende Nepp stört, wie doppelte Zahlung bei Museen und dem sehr teuren Frühstück, das nicht bei der Übernachtung dabei war. Die Touris, vor allem die Bildungsreisenden, haben die 30 Y brav bezahlt, was in € auch nicht so viel ist, machen dadurch aber alle Preise vor Ort kaputt. Empört bin ich in den Ort und habe ein chinesisches Frühstück für 5 Y bekommen.
Mit den Museen und einem Bummel über den Basar und Essen ging der Tag schnell vorbei. Morgen geht es weiter, zwei Orte stehen noch zur Besichtigung aus, u.a. die Höhlen von Bezeklik. Der nächste große Ort ist Hami.

Nachtrag zur Sturmfahrt

Der Tag endete ja im Sturm in der Raststätte, direkt am Autobahnkreuz. Die Autobahn 3045 hatte ich auch kurz hinter Urumchi genommen. Dank Navi und mit meinen Kenntnissen der Stadt kam ich auch gut raus. Nur danach endete die Strasse in einem Bauhof, links Landtrasse, rechts Auffahrt Autobahn. Also Landstraße. Falsche und bergan. Fahrrad abstellen und LKW-Fahrer fragen. Dabei brachen die Schrauben vom Ständer. Ist auch Spielkram. Mit Hilfe des Fahrers den Ständer provisorisch befestigt. Natürlich musste ich die Autobahn nehmen. Später gab es keine Landtrasse mehr. Kaum war ich losgefahren, kam ein Sturm auf, leider gegenan. So ging es nur langsam voran. Die Landstraße war jetzt wieder parallel zur Autobahn. Ich blieb aber dort, wegen guter Oberfläche, eigenem Fahrstreifen und geringerer Steigung. Gegen 16 Uhr schlief der Wind ein und es ging gut voran. Gegen 18 Uhr eine riesige Staubwolke im Süden. Schnell alles verschlossen, dann kam der Wind. Erst von der Seite, dann von hinten. Das ging super mit wenig treten 30 km/h. Weit und breit kein Ort. Es ging an zu dämmern, da ging die Strasse, jetzt beide zusammen, in die Schlucht zur Oase. Rechts Tienshan, links Bogdanshan. Eine wilde und grandiose Landschaft. Am Ende der Schlucht eine Raststätte, aber kein Bett. Essen ist ja schon mal was. Jetzt hatte ich lange Hose, Jacke und Skihandschuhe an. Da wurde aus dem Wind der Superorkan und nach ein paar Kilometern ging nichts mehr.
Es ist inzwischen Donnerstag, 9.10. Mittag. Der Wind hat etwas nachgelassen. Erst mal was Essen gehen.

Sturm auf dem Weg nach Turfan

Nach einer längeren Mittagspause habe ich es probiert: geht es am Wind und vor dem Wind? Ja es ging. Also schnell alles gepackt und los. Durch den Fußgängertunnel auf die andere Seite der Autobahn und ab. Zwischen den Böen ging es. Nach ein paar Kilometern war dann schon wieder Schluss. Der Sturm von der Seite und die Wirbel eines LKW haben das Fahrrad beim Schieben umgeworfen. Doch sofort hielt ein Bus und nahm mich samt Fahrrad mit. Auch der Bus schaukelte heftig und alle paar Kilometer lag ein umgekippter LKW. Nach ca 30 km, mehr in der Senke von Turfan, wurde es ruhiger. 20km vor Turfan wieder Polizeikontrolle. Aber auf der Gegenseite ein LKW-Stau von 10 km dreispurig. Offensichtlich kam keiner mehr hoch wegen des Sturmes. Vor Turfan windstill. Die letzten paar Kilometer gingen dann mit eigener Kraft. Seltsames Phänomen: unten in der Senke windstill, die Wolken ziehen langsam und oben auf dem Kamm, also dazwischen tobt ein Orkan. Was es nicht so alles gibt.
Das Hotel hab ich schnell gefunden, noch eine Tour zur Erkundung. Turfan ist völlig anders. Keine Wolkenkratzer, einige höhere Häuser, einige Hochhäuser im Bau. Meistens 3-4 Stockwerke. Verkehr eher zivilisiert. Alles ganz angenehm. So konnte ich den Ort kennenlernen und meine Ziele, oder die Wege dahin, kennenlernen. Aber kalt war mir. Es ist eben Herbst. In Urumchi war mir erstmals bewusst aufgefallen, dass die Blätter bunt sind und fallen. Dort steht aber hinter jedem Blatt ein Straßenkehrer und sorgt für Ordnung. Armes Blatt.
In Turfan gibt es das nicht. Aber kalt wird es auch hier, aber gemäßigter. In Urumchi hatte der Wetterbericht für meinem Abreisetag Schneeregen angesagt. Gut, dass ich weg war.
In einer nahegelegenen Kneipe hab es noch Essen und dann war Schluss!
In Leipzig tobte dann die Demo beim Lichterfest um den Ring. Schon wieder 25 Jahre her.

Sturm in den Bergen vor der Turfa-Oase

Ein Sturm in den Bergen vor der Turfan-Oase hält mich seit gestern abend, Mittwoch den 8.10., fest. Mit Fahrrad geht gar nichts mehr. Gestern Abend brach er plötzlich los mit Stärke 10 – 12. Die Verkehrspolizei hat mich eingesammelt, da ich mich kaum noch bewegen konnte. Das Fahrrad drohte immer weg zu fliegen. Erst haben sie mich mit zur Wache an der Kontrollstelle an der Autobahn gebracht und dann zur nahegelegenen Raststätte, wo einfache Zimmer sind. Heute am Donnerstag Morgen ist es noch nicht besser. Da muss ich noch warten. So kann ich über die letzten beiden Tage berichten.
Am Dienstag den 7.10. habe ich also die Großstadt Urumchi erkundet. Mittlerweile 4 – 5 Mio. Einwohner. Die Altstadt mit den Basaren und Märkten verschwindet immer mehr. Auf dem Gelände vom großen Basar wird gerade ein Wolkenkratzer mit 200 x 200 m Grundfläche fertig gestellt. Viel Platz ist nicht mehr für den Basar. Eine seltsame Atmosphäre. Nebenan die riesige Moschee, mitten in den Türmen der Moderne. Das war es auch schon fast mit dem Besichtigungsprogramm. Die Pagode auf dem Berg mit angeschlossenem Vergnügungspark gibt es auch noch. Stolz präsentiert die Stadt dort den Aufschwung vom der uigurischen Ziegelsiedlung zur chinesischen Betonmetropole. New York ist nix.
Das besuchenswerte ist jedoch das Museum von Xinchiang. Dort ist die Region seit der Altsteinzeit anhand von Funden und Modellen dargestellt. Bemerkenswert ist jedoch die Abteilung Mumien und Ausgrabungen. Schon vor hundert Jahren kamen die ersten Mumien zum Vorschein, wurden aber im Boden belassen. Erst in den 80er Jahren sind die Mumien an den verschiedenen Stellen in der Taklamakan ausgegraben worden. Im Wesentlichen haben chinesische Wissenschafter die Ausgrabungen und wissenschaftlichen Untersuchungen durchgeführt. Die Ergebnisse sind interessant. Die älteste Mumie stammt etwa aus 1800 vor unserer Zeit, als Sumer noch bestand, die Hethiter gerade groß wurden und in Ägypten das alte Reich bestand. Diese Mumie, eine Frau von ca. 40 Jahren, wird die Schöne von Loulan bezeichnet. Ihr Bild ist überall zu sehen. Die genetische und molekulare Untersuchung ergab, dass die Frau indogermanisch ist, helle Haut hatte, mit Kelten und Iren verwandt ist. Sie muss wohl 1,80 m groß gewesen sein. Weitere Mumienfunde von etwa 800 vor unserer Zeit geben ein noch klareres Bild. Eine liegende Frau mit heller Haut, blonden Haaren und gefalteten Händen; sie sieht aus, als wäre sie gerade erst gestorben. Eine männliche Mumie muss 2 m groß gewesen sein. Die Bekleidung ist bemerkenswert gut erhalten, selbst die Farben der Stoffe. Die salzhaltige Wüste gar alles gut erhalten.
Also hat es schon vor fast 4.000 Jahren hier Menschen gegeben, hat ein Austausch der Kulturen stattgefunden (Grabbeigaben belegen das) und waren damals schon Indoeuropäer hier gewesen. Weitere Funde und Auswertungen bringen sicherlich noch Spannendes hervor.
Ein paar Jahrhunderte später kommt dann der Buddhismus ins Land und prägt es mehr als 1000 Jahre mit Klöstern etc. Erst dann sind chinesische Einflüsse in der Kultur erkennbar. Darauf sind natürlich die heimischen Uiguren sehr stolz, auch wenn diese gerade mal 1500 Jahre hier wohnen.
Sehenswert ist noch der Bereich, der alle Völker und Minderheiten in Xinchiang mit viel Material, wie Zelten, Musik-Instrumenten, darstellt.
Und natürlich brauchte ich noch Ersatz für meine Benzinflasche. Ich fand einen Outdoor-Laden, die das gesamte Coleman-Programm hatten, auch Gasflaschen. So war meine Ausrüstung wieder komplett.
Das Highlight des Tages war jedoch der Abend. Wir hatten es geschafft – Micha, Julius und ich – uns zu treffen. In Kaschgar war ich bei deren Ankunft losgefahren, ohne es zu ahnen. Die beiden waren länger in Kaschgar geblieben und dann mit der Bahn nach Urumchi gekommen. Mit Mail geht die Kommunikation überall. Der Treffpunkt existierte auch nicht mehr, trotzdem trafen wir in einem Café mit richtigem Kaffee zusammen und fanden ein gutes Restaurant nebenan. Sehr lecker, scharf und gar nicht so teuer. Gleich zwei Kellnerinnen um uns.
Vor Sari Tash hatte ich die beiden getroffen. Sie hatten, zusammen mit den Franzosen, vor dem Pass gezeltet. Mich hatte ein LKW mitgenommen. Am Samstag bin ich um 8.30 losgefahren und sie kamen um 11 dort an und blieben bis zum nächsten Tag. Dass ich da gewesen war, wussten sie, da ein Junge in der Kneipe, in der sie essen waren, ihnen stolz ein Foto von sich zeigte, auf dem ich auch drauf war.
Die Erlebnisse der beiden sind nachzulesen auf www.hochstarter.wordpress.com.
Schnell verging der Abend mit den vielen kleinen Geschichten und Erlebnissen. Bis Weihnachten wollen sie in Thailand sein. Von den zentralasiatischen Wüsten haben sie die Schnauze voll und fahren mit dem Zug bis Xian. Sie zelten fast nur, da ist die Wüste blöde. Beim zelten hatte ich sie ja auch getroffen, auf dem Weg ins Hochgebirge, Zelt auf einer Sandbank im Fluss. Sah sehr romantisch aus.

Mit dem Zug nach Urumqui

Es passiert immer so viel, dass ich kaum hinterherkomme, alles aufzuschreiben. Der Grenzübergang und Kaschgar liegen gefühlt schon Jahre zurück.
Also gestern früh war ich um kurz nach 6 am Bahnhof. Erste Sicherheitskontrolle kein Problem. Fahrkartenkontrolle war dann Endstation. Fahrrad geht gar nicht. Zusammenklappen verstand ich. Doch es ist kein Klapprad. Also Gepäck runter und Vorderrad ausgebaut. So ging es. Also zwei Touren von den Fahrkarten zum Scanner, wie Flughafen. Dann gab es den Riesenaufstand, weil ich Benzin für den Kocher dabei hatte. Geht gar nicht, wie Flughafen. Also Brennstoffflasche ade. Schade. Dann die Waffen und Messer. Das nicht genutzte Klappmesser abgeben. Ein zweites? Hab ich nicht. Palaver. Dann kann ich gehen. Wieder zwei Etappen zum Bahnsteig. Kurz vor Einfahrt des Zuges. Nervöse Spannung allenthalben. Alle Wartenden in einen Haufen gedrängt und das Gleis von beiden Seiten mit Bereitschaftspolizei und Wachpersonal gesichert. Nach der Entwarnung der Pfiff zum Einsteigen. Mein Wagen ist am Ende vom Bahnsteig. Zwei mal rennen. Dann alles im Zug. Platz gefunden, Gepäck verstaut, Fahrradtorso vor eine Zugtür. Setzen und auf Abfahrt warten. Der Exot im Zug. Dann gehts los pünktlich um 7.14. Fahrrad nochmals umsetzen vor eine defekte Tür. Ruhe. Es ist noch dunkel. Der Zug voll, er ist schon seit 11 h unterwegs seit Kaschgar. Kantinenwägelchen kommt vorbei. Einige bestellen Frühstück. Ich dann auch. Damit löst sich die spürbare Spannung etwas: Salat, Ei, Hefekloss und Teller Reissuppe. Schmeckt und reicht. Ein Mädchen kann etwas Englisch und erzählt, dass sie in der nächsten Stadt, Korla, studiert, das Semester beginne und die von der anderen Seite der Taklamakan käme. So erfahre ich ein bisschen von den Unis. Die anderen können kein Englisch. Nächster Halt Korla. Riesenstadt und reich, da die Ölgesellschaft Tarim Oil dort sitzt. Überall waren Lichter in der Wüste, Ölanlagen. Bisher ging es ja ganz flott. Die Berge kommen aber bald. Die Eisenbahn führt durch den Tienschan, die Strassen führen drum herum. Das kann ja noch was werden, auf jeden Fall spannend, wie die Bahn da hoch kommen will. Zwei Lokomotiven, und schon gehts los. Die folgenden 10 h geht es durch gewaltige Gebirgslandschaften mit ewigem Schnee, engen Kurven für die Bahn, Tunnel ungezählt. Häufig warten auf einen Gegenzug, da nur ein Gleis.
Es ist grandios, enge Kurven, Tunnel, Brücke, verschneite Hochgebirge, sanfte Täler, wilde Schluchten. Und das im Wechsel. Meine Begeisterung steckt an und bald sind viele Leute mit Fotos zugange.
Ein Paar mit Kind kann etwas Englisch, so kommen wir ins Gespräch.
Als es später wird, kommt die Musik wieder hervor. Einige können spielen. Hinter und neben mir wird jetzt gespielt und gesungen. Und ich mitten drin. Vielleicht dreißig Leute. Uigurische Balladen und Lieder. Verständigung geht auch so. Im Bahnhof Turfanshan dreht der Zug. Leute rein und raus. Ein paar Han-Chinesen im Abteil. Die Musik ist weg.
Mit zwei Stunden Verspätung kommt der Zug nach Urumqui. Fahrrad zusammenbauen und beladen. An drei Polizeikontrollen aus dem Bahnhof. Abschied von den Musikern. Dann in die falsche Richtung gewiesen. So habe ich wenigstens Urumqui und seine Vororte kennen gelernt. Die Stadt kenne ich jetzt auch ohne Stadtplan. Es war fast zwei als ich ins Hotel kam. Was für Erlebnisse an einem Tag.

Und nun bin ich wirklich in China!

Da hab ich es doch geschafft, nach China zu kommen. Da war ich sehr froh und glücklich. Habe sogar ein paar Freudentränen vergossen. Die Strecke war schon sehr ambitioniert, von Taschkent durchs Gebirge ins Ferganatal und dann über Osh und  Sari-Rash über den Irkeshtam- Pass auf 3760 m nach China. Für Radfahrer der einzige Weg von Usbekistan durch Kirgistan nach China. Ich war mir absolut nicht sicher, ob ich das schaffen würde. Und dann habe ich nur acht Tage gebraucht für die 850 km.
Als ich heute morgen aufwachte, dachte ich schon in einer anderen Welt zu sein. Letzte Nacht war es schon dunkel. Vor meinem Fenster das Panorama des Pamir mit über 6000 m Höhe. Voll im Schnee, direkt aus der Hochebene aufsteigend. Die Sonne tauchte alles in ein unwirkliches Licht. Nach ein paar Einkäufen in dem sehr kleinen Ort ging es dann gleich los. Im Hochtal ging es zuerst ganz gut voran. Auf einer Höhe von 3300 m fährt man aber langsamer. Rechts von mir die ganze Zeit das Pamirgebirge. Unbeschreiblich schön und majestätisch. Immer wieder habe ich Pause gemacht, um das Panorama zu betrachten. Manche Pause war auch zum Durchatmen notwendig, denn die Puste geht dort oben doch etwas kürzer, zumindest bei mir. Mit dem Panorama ging es dann zum Irkeshtam hoch, nicht sonderlich Steil, aber halt weit oben. Nach unten zur Grenze ging es dann steil bergab mit ein paar Steigungen beim Queren von riesigen Tälern. Kurz nach 17 Uhr erreichte ich die Grenze, die sich jedoch über 10 km erstreckt. Die Chinesen hatten fast Feierabend, so dass ich meinen Pass erst morgen bekomme. War mir recht, eine Unterkunft und ein Restaurant zur Verfügung stehen. Weiter wollte ich sowieso nicht mehr. Und das Essen war hervorragend. Und das alles für 6 €. Das nächste Ziel ist dann Kaschgar.

Wohngemeinschaft mit Wurst, Bier und Wodka auf 3200m Höhe

Ein sehr erlebnisreicher Tag. Es ist viel passiert. Am Ende des Tages bin ich dann bei Nacht in Sari-Tash angekommen. Gleich gab es auch eine einfache Unterkunft mit Dinner, eine Art Lachman, aber mit Kartoffel und Kohl. Dazu Brot und Tee. Der Berg in den Bergen war mehr als anstrengend, von Gulcha auf 1500 m zum Taldik-Pass bei 3619 m Höhe. Bei 3100 wurde es langsam dunkel und noch 20 km und 500 m Höhe vor mir. Da hielt ein LKW und bot mir an, mich mitzunehmen. Da konnte ich nicht nein sagen, und so war das Fahrrad schnell auf der riesigen Ladefläche und ich in der Kabine. Ein neues Abenteuer. Erst Gang rein, dann kuppeln. Ist sehr laut und krachig. Bergan sprang der 3. Gang immer raus. Also Schaltknüppel mit dem Hosengürtel befestigt. Gürtel los, dann 2. Gang. Bei 3400 m war ein Teil der Strasse mit Geröll zu. Nur eine Spur, Durchfahrt nach Lichthupe. Es geht auch ohne Ampel. Bei 3500 m war die Kehre weggerutscht, und die Strasse mit Betonklötzen gesperrt. Ein provisorischer Weg ging einspurig mit  30 % Steigung nach oben. Vorfahrt nach Lichthupe. Mein alter chinesischer LKW hatte damit so seine Probleme. Entgegenkommende LKW hielten brav oben. Kurz vor dem Pass ein umgekippter Kleintransporter, 10 LKW zur Hilfe. Der Weg nach unten nach Sari-Tash dann ohne Probleme. Am Ortseingang warteten bestimmt 50 LKW auf den Weg zum Pass. Der Verkehr ist echt dicht mit vielleicht 10 Autos und 10 LKW pro Minute in jede Richtung, auch bei Nacht. Zum Glück IST die Strasse sehr breit mit Standstreifen. So ist es für Fahrräder ziemlich sicher. In Sari-Tash haben sie mich wieder ausgeladen und abgeladen. War alles OK und vollständig. Bergauf war der LKW auch nicht schneller als 10 km/h.
Die eigentlichen Ereignisse des Tages waren ganz anders. Es begann damit, dass ich heute morgen zwei Radfahrer mit Zelt auf dem anderen Ufer sah und wir laut kommunizierten. Es war klar, die gleiche Richtung. Nach ungefähr einer Stunde holten mich die beiden an einem Steilstück ein. Wir vereinbarten eine Rast 100 m weiter am Steilufer. Julius und Micha aus Darmstadt hatten schon mit dem Teekochen begonnen. So gab es einen netten Plausch bei Tee über unsere Routen und Ziele. Die beiden waren am 5.5. in Darmstadt gestartet und über Polen, die Ukraine und Bulgarien (Fähre Varna nach Poti) nach Georgien gekommen und dann die gleiche Strecke wie ich gefahren. Jetzt waren sie nur länger in Bishkek gewesen. Ihre Route geht dann auch über Kaschgar nach Xian und weiter nach SO-Asien bis Weihnachten. Gerade hatten wir alles abgebaut und wollten los, da kam ein Pärchen aus Frankreich mit Tandem vorbei. Also neuer Tee und Austausch. Die waren über Italien und Griechenland in die Türkei gekommen und über Iran und Turkmenistan nach Buchara und dann nach Taschkent. Fast gleichzeitig sind wir dort los. Nach der Pause sind wir getrennt los. Die beiden Jungs sind viel schneller als ich und überholten mich bald. Dann kam das Tandem mit hoher Geschwindigkeit. Echt cool. Nach einer Stunde war wieder Pausenzeit für mich. Da standen doch tatsächlich drei Räder vor dem Kafe. Dann vier. Drinnen gab es neben dem Essen kirgisische Kultur. Ein Musiker trug Lieder vor und imitierte dabei verschiedene Instrumente. Toll, klasse.
Ich fuhr zuerst los, wurde aber bald überholt. Das Kreuz mit dem Alter. Der Weg ging dann langsam, aber sicher hoch. Mal fahren, mal schieben. Als es dunkel wurde, hielt der LKW. Keinen Kilometer später kamen wir am Zeltlager der beiden Deutschen und beiden Franzosen vorbei. Ich wollte aber lieber weiter, da wir erfahren hatten, in der Kneipe, dass die Grenze ab 28.9. geschlossen ist. Somit war eine Taxifahrt am folgenden Tag von Sari-Tash zur Grenze unausweichlich. Dies kann ich mir jetzt vielleicht sparen. Manchmal kommt die Hilfe ganz anders.
Das „Hotel“ ist sehr einfach, das Essen war gut, im Laden vorne konnte ich Geld tauschen und in der Kneipe nebenan gab es Bier. Auf meinem Zimmer ist jetzt noch ein sehr netter Chinese. Es gibt Wurst, Bier und Wodka, hier mitten in Asien auf 3200 m Höhe. Interessant.
Ich bin gespannt, wann ich die anderen wiedertreffen werde, da wir alle nach Kashgar und Urumqui wollen.
So geht ein interessanter und spannender Tag zu Ende. Das Bergpanorama ist hier an der Schnittstelle von Pamir und Tienschan echt phantastisch.
Ich bin gespannt und immer wieder glücklich, aber demütig, dies alles erleben zu dürfen und zu können.

Ich will über das Dach der Welt

Der Weg nach China geht über das Dach der Welt. Da muss ich lang. Mal sehen wie es morgen geht, vielleicht bis 3000. Heute ging es gut bei 2400. Ich übertreibe nichts und bin eher vorsichtig.
Hier ist es auch Herbst, aber eben anders. Jetzt ist es vielleicht 15 Grad auf 1600 m. Oben im den Bergen ist das Vieh schon runter und nachts wird es bis -10 Grad. Da ist der Schlafsack gut. Gestern war Regen in Osh. Die nächsten Tage auch möglich (oder Schnee). Im Sommer gab es gar keine Wolken auf dem Dach der Welt, wie ich verschiedentlich hörte.
Im Westen Chinas ist es noch bis Ende Oktober angenehm. Also bald dahin.

Wenn der Opa mit dem Fahrrad kommt ….

Vor diesem Gebirge hatte und habe ich Respekt. Tienschan und Pamir. Im Herzen Asiens. Bis 8000 m hoch. Die einfachen Pässe bei 3800 m. Da will ich lang. Da muss ich lang, denn es führt kein anderer Weg nach Kaschgar (Wilhelm Tell oder so ähnlich, 1291). Heute war der Einstieg von Osh aus. Im Rückblick war das Schwierigste der Weg aus Osh heraus. Mangels Beschilderung und widerstreitender Meinungen befragter Bürger und Fachleute (Taxifahrer, Tankstellen), brauchte ich eine geschlagene Stunde, bis ich endlich draußen war. Die Strecke war ambitioniert aber machbar, nur die letzten drei Kilometer zur Passhöhe musste ich schieben. Schön und dann überwältigend war die Gegend. Die Fotos sind toll. Je höher, desto grüner. Später die ersten hohen Berge im Hintergrund mit 5000m. Das ist aber erst der Anfang. Ich bin jetzt gerade in die Hochgebirge eingetaucht. Viel Tourismus ist hier nicht. Ein paar Freaks mit Fahrrad vom Pamirhighway, chinesische LKW-Fahrer (leer donnern sie durch, voll schnaufen die XXL-LKW die Berge hoch). Ich bin sozusagen am Einstieg aufs Dach der Welt. Morgen geht es dann Richtung Sari -Tach. Dort teilen sich die Wege nach China, Pakistan, Afghanistan und Turkmenistan. Ich biege dann scharf links ab über das Dach der Welt nach Kaschgar in China. Bisher war dies der einzige für Ausländer befahrbare Pass nach China. Gerüchten zu Folge kann dies verändert worden sein. Mal sehen. Es sind noch ca 450 km bis Kaschgar.
Die Menschen hier sind ausgesprochen nett und hilfsbereit. In Osh war es etwas anders, vielleicht weil zu viele Freaks schnorren oder alles für lau haben wollen (mindestens aber sofort). Das scheint den Leuten nicht ganz so zu gefallen. Wenn aber ein Opa mit Fahrrad ankommt, geht vieles ganz leicht, wenn ich denn frage.

Und wieder geht es in Taschkent los

Erst mitten in der Nacht habe ich ein Hotel gefunden. Aber nicht mein Wunschhotel. Mehr als 10 Leute kannten die Strasse in ihrer Nähe nicht oder hatten das noch nie gehört, zeigten in alle Richtungen, nur nicht die Richtige. Und dann kaum Straßenschilder oder Nummern. So musste ich fast wieder zum Flughafen zurück. Hotel ist gut und geht vom Preis. Das Frühstück ist sehr gut.
Die Suche nach ein großen Sportgeschäft oder Outdoorladen für eine Gasflasche war erfolglos. Dafür kenne ich jetzt Taschkent. Jeder wusste was, aber niemand wirklich. Es gibt solche Läden nicht. Der Letzte wurde vor drei Jahren abgerissen.
Es gibt ein paar nette kleine Viertel und Straßenzüge, die vom Erdbeben übrig blieben. Ansonsten ein Mix aus breiten Promenaden, Plattenbauten und hässlicher Bombastarchitekur. Ein paar restaurierte Moscheen und Medresen gibt es zu sehen, ein historisches Museum mit Verherrlichungen von Tamerlan (14. Jh.) und Karimow. Wie bei Stalin. Inzwischen zählt Tamerlan zu den Vorbildern in Usbekistan und wird entsprechend verehrt. Heute am Freitag waren viele Schulklassen im Museum, um das richtige Bewusstsein zu bekommen. Die kleinen Jungs mit Hemd und Krawatte.
Da ich kein Gas bekam, habe ich den Kocher auf Benzin umgerüstet. Das gibt es hier. Der große Basar war riesig, bestimmt 1 qkm. Auf einem Kleinen habe ich dann Proviant für die nächsten Tage besorgt. Morgen geht es dann Richtung Ferganatal durch die Berge. Übermorgen werde ich dort ankommen.
Inzwischen ist das Wetter eher herbstlich, aber trocken und fast warm. Für einen Sonnenbrand hat es noch gereicht. Tags soll es noch bis 30 Grad werden. Die Nächte können aber kühl werden. Mal sehen, wie es in den Bergen wird.

Montezumas Rache

Ja, Samarkand ist schon was Besonderes und zieht Jeden und Jede in ihren Bann. Der Registan mit den drei Medresen ist einfach überwältigend. Diese gewaltige Architektur, die vielen Ornamente, die glasierten Steine in vielen Tönen. Der Mund bleibt offen. Auch die Innenhöfe sind unheimlich bunt. Gewaltig. Dann die vielen Mausoleen von Timur bis Bibi Xanom, die Moscheen, Museum und Sternwarte von Ulg’Beg, die Mausoleenstrasse und, und. und…

Neben der Pracht sind die Bedingungen nicht zu vergessen. Tamerlan und seine Nachfolger waren äußerst grausame Herrscher. So manches Bauwerk entstand aus dem Erlös erbeuteter Bürger oder durch die Arbeit zehntausender erbeuteter Handwerker und Baumeister. Mancher grausame Kriegszug erfolgte nur zur Beschaffung von Gold, Geld und Sklaven.

Vieles von dem, was man heute sieht, in allen drei Oasen der Seidenstraße ist erst in den letzten 50 Jahren aus Ruinen rekonstruiert worden und ist nicht das Original. Auf vielen Bildern ist der Zustand um 1900 zu erkennen.

Dann sind die Gebäude immer sehr ähnlich in ihrem Aufbau und der Struktur. So ist es halt möglich, vieles an einem Tag zu sehen. Im Museum für Astronomie geht viel Platz für den Präsidenten Karimow und seine Sprüche und Taten drauf, für die Seidenstraße etc. Wie die Leute damals jedoch mit einer erstaunlichen Genauigkeit haben messen können wird gar nicht dargestellt. Das Interessanteste war da noch, das der polnische Astronom Jan Heveliusz die Schriften von Ulug’Beg wiederentdeckt und in Danzig hat drucken lassen. Erst später sind sie in Greenwich herausgegeben worden. So bin ich hält schnell wieder draußen. Die in den Boden eingelassene 40 m lange Ellipse aus Stein zur täglichen Messung der Mittagslinie kann man nur aus großer Entfernung sehen. Schade, da hätte man mehr machen können. Im historischen Museum dagegen waren viele interessante Dinge von der Bronzezeit bis heute ausgestellt. Am Besten fand ich den Bereich Keramik seit 800, weil dort dargestellt wurde, wie die glasierten Steine und Ornamente entstanden sind.

So war es ein sehr spannender Tag mit unendlich vielen Eindrücken, der nur ein wenig durch Magenprobleme und der Nacht auf der Toilette getrübt wurde. Trotz 2-monatiger Immunisierung und Imodium lag ich dann halt flach. Gehört auch zu Mittelasien. Dadurch wird es nur eng, um nach Taschkent zu kommen, da mein Flieger am Donnerstag um 3.00 dort losfliegt.

… und Ankunft im kalten Asien

Der erste richtige Fahrradtag. Nebel, tief hängende Wolken, manchmal Nieselregen. Straßen gehen zu jedem Dorf hoch und wieder runter. Keine Berge, aber 200 steile Höhenmeter können nerven und anstrengen. In Sile am Schwarzen Meer ein netter Zeltplatz, aber out of Saison. Alles leer, nur eine Kneipe offen. Und kalt. Zum Glück ist das Zelt warm und der Schlafsack erst recht.