Georgien

Wohngemeinschaft mit Wurst, Bier und Wodka auf 3200m Höhe

Ein sehr erlebnisreicher Tag. Es ist viel passiert. Am Ende des Tages bin ich dann bei Nacht in Sari-Tash angekommen. Gleich gab es auch eine einfache Unterkunft mit Dinner, eine Art Lachman, aber mit Kartoffel und Kohl. Dazu Brot und Tee. Der Berg in den Bergen war mehr als anstrengend, von Gulcha auf 1500 m zum Taldik-Pass bei 3619 m Höhe. Bei 3100 wurde es langsam dunkel und noch 20 km und 500 m Höhe vor mir. Da hielt ein LKW und bot mir an, mich mitzunehmen. Da konnte ich nicht nein sagen, und so war das Fahrrad schnell auf der riesigen Ladefläche und ich in der Kabine. Ein neues Abenteuer. Erst Gang rein, dann kuppeln. Ist sehr laut und krachig. Bergan sprang der 3. Gang immer raus. Also Schaltknüppel mit dem Hosengürtel befestigt. Gürtel los, dann 2. Gang. Bei 3400 m war ein Teil der Strasse mit Geröll zu. Nur eine Spur, Durchfahrt nach Lichthupe. Es geht auch ohne Ampel. Bei 3500 m war die Kehre weggerutscht, und die Strasse mit Betonklötzen gesperrt. Ein provisorischer Weg ging einspurig mit  30 % Steigung nach oben. Vorfahrt nach Lichthupe. Mein alter chinesischer LKW hatte damit so seine Probleme. Entgegenkommende LKW hielten brav oben. Kurz vor dem Pass ein umgekippter Kleintransporter, 10 LKW zur Hilfe. Der Weg nach unten nach Sari-Tash dann ohne Probleme. Am Ortseingang warteten bestimmt 50 LKW auf den Weg zum Pass. Der Verkehr ist echt dicht mit vielleicht 10 Autos und 10 LKW pro Minute in jede Richtung, auch bei Nacht. Zum Glück IST die Strasse sehr breit mit Standstreifen. So ist es für Fahrräder ziemlich sicher. In Sari-Tash haben sie mich wieder ausgeladen und abgeladen. War alles OK und vollständig. Bergauf war der LKW auch nicht schneller als 10 km/h.
Die eigentlichen Ereignisse des Tages waren ganz anders. Es begann damit, dass ich heute morgen zwei Radfahrer mit Zelt auf dem anderen Ufer sah und wir laut kommunizierten. Es war klar, die gleiche Richtung. Nach ungefähr einer Stunde holten mich die beiden an einem Steilstück ein. Wir vereinbarten eine Rast 100 m weiter am Steilufer. Julius und Micha aus Darmstadt hatten schon mit dem Teekochen begonnen. So gab es einen netten Plausch bei Tee über unsere Routen und Ziele. Die beiden waren am 5.5. in Darmstadt gestartet und über Polen, die Ukraine und Bulgarien (Fähre Varna nach Poti) nach Georgien gekommen und dann die gleiche Strecke wie ich gefahren. Jetzt waren sie nur länger in Bishkek gewesen. Ihre Route geht dann auch über Kaschgar nach Xian und weiter nach SO-Asien bis Weihnachten. Gerade hatten wir alles abgebaut und wollten los, da kam ein Pärchen aus Frankreich mit Tandem vorbei. Also neuer Tee und Austausch. Die waren über Italien und Griechenland in die Türkei gekommen und über Iran und Turkmenistan nach Buchara und dann nach Taschkent. Fast gleichzeitig sind wir dort los. Nach der Pause sind wir getrennt los. Die beiden Jungs sind viel schneller als ich und überholten mich bald. Dann kam das Tandem mit hoher Geschwindigkeit. Echt cool. Nach einer Stunde war wieder Pausenzeit für mich. Da standen doch tatsächlich drei Räder vor dem Kafe. Dann vier. Drinnen gab es neben dem Essen kirgisische Kultur. Ein Musiker trug Lieder vor und imitierte dabei verschiedene Instrumente. Toll, klasse.
Ich fuhr zuerst los, wurde aber bald überholt. Das Kreuz mit dem Alter. Der Weg ging dann langsam, aber sicher hoch. Mal fahren, mal schieben. Als es dunkel wurde, hielt der LKW. Keinen Kilometer später kamen wir am Zeltlager der beiden Deutschen und beiden Franzosen vorbei. Ich wollte aber lieber weiter, da wir erfahren hatten, in der Kneipe, dass die Grenze ab 28.9. geschlossen ist. Somit war eine Taxifahrt am folgenden Tag von Sari-Tash zur Grenze unausweichlich. Dies kann ich mir jetzt vielleicht sparen. Manchmal kommt die Hilfe ganz anders.
Das „Hotel“ ist sehr einfach, das Essen war gut, im Laden vorne konnte ich Geld tauschen und in der Kneipe nebenan gab es Bier. Auf meinem Zimmer ist jetzt noch ein sehr netter Chinese. Es gibt Wurst, Bier und Wodka, hier mitten in Asien auf 3200 m Höhe. Interessant.
Ich bin gespannt, wann ich die anderen wiedertreffen werde, da wir alle nach Kashgar und Urumqui wollen.
So geht ein interessanter und spannender Tag zu Ende. Das Bergpanorama ist hier an der Schnittstelle von Pamir und Tienschan echt phantastisch.
Ich bin gespannt und immer wieder glücklich, aber demütig, dies alles erleben zu dürfen und zu können.

ständige Polizeikontrollen in der Wüste bis Buchara

Nach einem ziemlichem Gewaltritt bin ich in Buchara angekommen. Ich hatte die Wüste nach drei Tagen ohne Wasser (außer Wasser in Flaschen) satt. Wind und Strasse waren nicht ganz auf meiner Seite, so dass ich für die knapp 220 km von 7.30 bis 21.30 Uhr gebraucht habe. Genau 6 Wochen seit der Landung in Istanbul und 4.240 km und eine Woche seit der Einreise nach Usbekistan und 790 km war ich also hier. 
In Buchara tobt derzeit der Bär, weil hier ein Volksfest unter dem Namen „Silk&Spice“ läuft. Dazu aber mehr heute Abend. Mitten durch das Volksfest in der gesamten Altstadt bin ich mit meinem Fahrrad auf der Suche nach einer preiswerten Unterkunft. Vor dem Duschen erst was Essen, aus bitterer Erfahrung aus Nukus. Noch einen Schlaftrunk gekauft und dann unter die Dusche. Nach drei Tagen Wüste mit Sturm, Staub, Dreck, viel Schweiß (6-8l  Wasser, Cola, Bier) ein echter Traum. Muss ich noch ergänzen: jeden Abend vor der Dusche ist die Wäsche dran. Was da immer für Dreck und Salz raus kommt. Jetzt sind die Sachen meistens am nächsten Morgen trocken. In den ersten drei Wochen dauerte es bis zu drei Tage bei Regen und Kälte. So ist einiges vom Gepäckträger verloren gegangen.
Die Mahlzeiten kaufe ich im der Regel. Kein Stress mit Einkauf und Kochen. Meine Suppen, Grieß, Haferflocken, Tee, Zucker, Milchpulver habe ich kaum angerührt, außer auf dem Campingplatz. Für Zwischenmahlzeiten oder fehlende Kafes habe ich immer Brot, Schafskäse, Oliven und Kekse dabei. Seit Kasachstan geht es zu Trockenobst und Nüssen über, Oliven sind hier unbekannt. An Wein und Schluck habe ich auch einen kleinen Vorrat dabei, in der Türkei Raki, in Georgien Cognac, seit Aktau Wodka.
Ansonsten gibt es nichts zu berichten, die Strasse war fast den ganzen Tag gerade aus und kaputt, ständig Polizeikontrollen, Frühstück um 8 an der Landstraße (Brot, Aprikosen, Nüsse, Käse). Mittag in einem kleinen Kafe (Blätterteigtaschen mit Hammel), Zwischenmahlzeit an der Strasse.
40 km vor Buchara wurde es grün wegen des Zafron, der hier endet (versickert). Daher war Buchara immer schon Oase gewesen.

Preise in Aserbaidschan höher als in Deutschland

Satz mit x: Das war dann wohl nix mit dem Schiff nach Aktau. Kam einfach nicht und konnte daher nichts laden und auslaufen. Ein türkischer LKW mit Schwerlast und Überbreite, den ich seit Gori mehrfach gesehen hatte, wartete ebenfalls vergeblich. Das Schiff, das dann beladen wurde, fuhr – nach umfassenden Recherchen rausgekriegt – nach Turkmenabad. Also durfte ich um 23 Uhr wieder ins Hotel fahren und die dortige Gastlichkeit genießen. Morgen werde ich dann versuchen, einen Flug zu bekommen. Schiff ist natürlich geiler, aber nur wenn dann, wenn es auch fährt. Die Auskunft und Zusage vom Ticketoffice scheint nicht sehr hilfreich zu sein.
Den Tag hatte ich mit Stadtbummel, Besichtigung der interessantesten Plätze und des historischen Museums verbracht. Eine solche Vielfalt an Ausstellungsstücken und Zeiträumen habe ich noch nie gesehen. Gerade der Zeitraum von 1.500.000 bis 200.000 vor, also vor den Neandertalern, war sehr spannend. Aber auch der Bereich Altsteinzeit war sehr umfassend. Der Zeitraum 10.000 bis 4.000 vor kaum dokumentiert, obwohl das eigentlich hier besonders spannend gewesen sein muss (wie Catal Hüjük, Jericho und Nordsyrien/Irak). Die Ölindustrie durfte natürlich nicht fehlen. Interessant war der Konflikt Armenien/Aserbaidschan seit 150 Jahren. Die Pogrome der Armenier gegen Türken und Aserbaidschanner vor 100 Jahren war mir neu. Das muss ich später überprüfen. Von 1918 bis 1920 war Aserbaidschan schon mal eine eigenständige Republik, bis die Rote Armee kam.
Ich finde es daher immer wieder spannend, seinen Arsch hoch zu kriegen, andere Länder und Kontinente zu besuchen und neu auf die Welt zu sehen. Die napoleonischen Kriege aus der Sicht von Barbados, Boston oder Baku sind wirklich spannend, oder der Krimkrieg in Helsinki und Tiflis oder Kabul.
Also auf ein Neues Morgen. Ich bin neugierig. Wo werde ich die nächste Nacht verbringen? Aus dem Wetterbericht der BBC für Europa bin ich jetzt draußen. Die Preise hier sind wie bei uns, eher höher.

Angriff einer Rotte Hunde durch schnellen Rückzug entkommen

So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Der Ausflug zu dem angeblich bedeutendsten Kulturdenkmal Georgiens endete kurz vor dem Ziel erfolglos, weil eine Rotte Hunde, 8-10 Mischlinge zwischen Wolf und Schäferhund, mir den Weg abschnitten und mich sehr aggressiv anfielen. Dabei war das Kloster, in den Fels gehauen, nur einige hundert Meter nach oben entfernt. Hinter mir grummelte ein Gewitter im Großen Kaukasus, der Himmel schickte Regen und mein roter Poncho flatterte im Sturm. 4 Köter kamen immer näher, bellend mit fletschenden Zähnen. Kein Zureden half. Als sie anfinden von hinten und vorn zuzuschnappen, konnte ich nur noch den schnellen Rückzug antreten, denn Waffen hatte ich keine und Worte halfen nicht. Nach einigen hundert Metern hatte ich sie los. Jetzt war nur noch die Nacht, das Gewitter und der Feldweg, Marke Flusslauf, vor mir. 
So wie die Wege aussahen, war in den letzten Jahrzehnten kein normales Auto mehr dort gewesen. Nur Militärlaster mit 3 Achsen und Allradantrieb habe ich gesehen (früher Rote Armee-Gelände, jetzt Georgien, Grenze zu Azerbaidschan). Nach Reiseführer „a great day trip from Tiblisi“. So wie die Strassen auf den letzten 20 km waren und die Spuren im Flussbett oder in der Wiese erkennen ließen, war seit Sowjetzeiten kein normales Auto mehr hier gewesen. Wo die Autoren ihre Info her haben, ist mir schleierhaft. So konnte ich leider das Kloster (1500 Jahre alt), bzw. die Anlage mit 30 Gebäude und Höhlen, nicht ansehen.
Zum Glück blieb das Gewitter im Kaukasus und der Regen hielt sich in Grenzen. Der Gegenwind nervte zuweilen. Nach mehr als drei Stunden war ich dann wieder in der Zivilisation in einem Hotel in Rustavi, Charme Interhotel, aber alles sauber und handwerklich ok (gibt es sonst nicht in Georgien, alle Menschen scheinen 2 linke Hände zu haben und völlig blind zu sein). Der Ausflug war schon beeindruckend, 20 km Feldweg mit Flussbetteinlage, 15 km Schlaglochstrasse durch das Ende der Welt, 15 km durch Industrieruinen (manchmal wurde gearbeitet, Heidelbergzement produziert dort auch), 5 km durch Plattenbauten wie Eisenhüttenstadt, jedoch ohne Investment seit 50 Jahren (Grünau vor 25 Jahren war dagegen ein Paradies). Und dann das Hotel „Rustavi“. Zum Glück hatte ich genug zum Essen und Trinken, und georgischen Cognac frisch gekauft für 4€ bei 5 Sternen.
Wie schön eine Dusche sein kann, merkt man an solchen Tagen, und auch wie gut Schafskäse, Oliven und Brot schmecken.
Den Tag hätte ich streichen wollen. Nichts erreicht, viele Kilometer geschruppt, Reifen Platt wegen Nadeln und Steinen, viele Umwege wegen falscher Karte und plötzlicher Flughafenerweiterung mit MIGs aus dem Museum, Regen, Gegenwind etc. Freuen kann ich mich dann, wenn diese Widerwärtigkeiten nicht auftauchen, oder nur einzeln. So liebe ich auch den November, weil ich sonst nicht wüsste, wie schön der Sommer ist.

…gottgefällig in Georgiens Kirche? und … Fahrradfahrer müssen Autos weichen!

Ein Tag der Gegensätze. Aber manchmal sind diese ähnlich. Heute morgen war ich dann doch noch im Stalinmuseum in Gori. So viel Personenkult und Geschichtsklitterung sind echt abstoßend. Wie Religion der große Glaube. Dann der Gegensatz (oder auch nicht) in Mtskheta, dem religiösen Zentrum der Georgier und Georgiens, so was wie Canterbury für die Engländer oder Mekka für die Moslems. Die Regeln sind sehr streng, Frauen müssen Kopftuch tragen in der Kirche. Vor jeder Kirche ein Sittenwächter, der auf angemessene Kleidung achtet. Nonnen fast voll verschleiert. Bin ich doch glatt aus der Kirche rausgeflogen in meinen Fahrradklamotten (Hose bis zum Knie). In der georgischen Hauptkirche Svetitskhoveli von ca. 1000 hatten ich dann meine Shorts mit Gürtel so tief festgebunden, dass die Waden bedeckt waren, der Arsch aber nur in der Fahrradhose hing. Das war dann angemessen ohne Beanstandung. Ob das gottgefällig ist? Die Kirche und das Land haben noch einen weiten Weg zu gehen. Auch ansonsten ist es ein Land im Umbruch. Egoismus ist weit verbreitet und auch Rücksichtslosigkeit. Das hatte ich gleich in Batumi gemerkt, als mich mehrmals Taxifahrer so geschnitten hatten, dass ich Vollbremsungen machen musste. Ein anderes Mal meinte ein Mercedesfahrer, ich müsste ihm ausweichen und er fuhr mich bewusst langsam an. Ich konnte noch bremsen, meine Satteltasche vorne hatte aber einen Schlag weg. Seelenruhig fuhr er weiter und andere Menschen, die das gesehen hatten, gingen einfach.
Für ein Urteil ist es noch zu früh.
Heute am späten Nachmittag bin ich dann auf der Autobahn nach Tiflis gekommen. Am Morgen war noch starker Gegenwind, am Nachmittag ging es mit Rückenwind mit 30 km/h in die Stadt rein. Ist echt groß. Offiziell 1,1 Mio, wirkt aber viel größer. Nach Reiseführer sind alle wichtigen Dinge an der Rustaveli Av.  So habe ich vom Platz der Rosenrevolution bis zum Tavisuplebis mordani viel gesehen. Die Mutter Georgia und die Burg habe ich dann mit Seilbahn besucht. Die Mutter Georgia könnte fast eine Kopie der Germania bei Bingen sein. Genauso martialisch.
Jetzt sitze ich in einem Weinlokal und lasse es mir gut gehen. Die Hitze des Tages ist einem Sturm gewichen, es könnte noch Gewitter geben.

Stalin: Der kaukasische Bankräuber

Der Tag war heute richtig heiß. Nach Sonnenuntergang zeigte ein Thermometer noch 26 Grad. Der Weg nach Tiflis, die alte Heerstraße, führt leider über einen Pass (990 m) zwischen Großem und Kleinem Kaukasus. Bei 35 Grad im Schatten und einem Wasserverbrauch von 1 l/h nicht ganz easy, habe deshalb auch 7 h für die 55 km gebraucht, incl. Pausen (u.a. ein leckeres Kalbgericht mit toller Soße). Der Salat wird hier mit vielen Kräutern und Gewürzen angerichtet und ist immer umfangreich. Bei so einem Tag unterwegs ist der Kalorienverbrauch ziemlich hoch. Die Mengen an Brot zum Essen sind beachtlich. Nach dem Pass ging es dann fix nach Xisari. Einer Gartenkneipe konnte ich nicht widerstehen: 1/2 l Bier gezapft für 70 Cent ist doch ok?
Der Gegenwind, der mich den ganzen Tag berghoch genervt hatte, legte sich und das Tal wurde jetzt weit zwischen den Gebirgen. In der Ferne Dörfer, Burgen, Klöster. Erstaunlich schnell ging es jetzt voran, so dass ich die 55 km nach Gori am Abend noch schaffen konnte. Auf den letzten 20 km war erst die BAB-Baustelle nebenan, dann eine Spur für die Strasse und dann die richtige Autobahn. Mangels Alternative habe dann den Tunnel gewählt mit anschließender Brücke. Bei der Ausfahrt Gori bin ich dann abgebogen. Für die Wessis: hier wurde Joseph Wissarionowitsch Dzugaschwili geboren, der wohl bedeutendste Georgier. Seine Genossen nannten ihn Stalin, Trotzki nannte ihn den kaukasischen Bankräuber. Das Stalinmuseum ist gigantisch. Vielleicht gehe ich doch mal rein. Morgen geht es dann über Mtskheta nach Tiflis.
Bisher bin ich fast 20.000 m Anstiege gefahren, sagt mein Navi.

Zestafoni

Im Restaurant tobte gerade der Bär. Abiturfeier in mehreren Räumen mit mehreren Klassen. War hilfreich, da ich sonst verhungert wäre. So bräsige Leute hatte ich noch nie erlebt. Mit zwei Dolmetschern ging es dann. Russisch kann ich viel lesen, aber ohne Karte die georgische Küche auf russisch zu verstehen ging nicht, zumal die Worte immer schneller kamen. Als Bier Löwenbräu? Beim zweiten wollten sie kein georgisches geben, nur deutsches. Also gab es kein Trinkgeld, mit Begründung. Das haben sie verstanden, waren aber betreten.
Heute war sehr heißer Tag, gefühlte 35 Grad, vielleicht nur 30. So geölt hatte ich noch nie. Zum Mittag in Kutaisi locker 1,5 l Wasser und ein Bier. Richtig brütende Hitze in der Hauptstadt von Kolchis. Heute eine hässliche Ruine aus Sowjetzeiten, mit einigen Highlights: die restaurierte Bagrati Kathedrale, Stadtpark mit Brunnen, Historisches Museum. Auch sonst ist das Land in einem desolaten Zustand. Solche Ruinenlandschaften habe ich selbst 1992 in der DDR nicht erlebt. das wird noch ein langer Weg für Georgien.
Wegen der Hitze bin ich erst im 18 Uhr weiter gefahren, bis zum nächsten Ort Zestafoni. Jetzt geht es wieder ins Gebirge. Der kleine und der große Kaukasus sind schon deutlich zusammen gerückt, auf beiden Seiten Spitzen in Schnee und Eis. Der Wetterumschwung von sehr kalt in Ostanatolien auf jetzt sehr heiß kam plötzlich. Werde ich hinkriegen. Heute früh hatte ich 2.000 km auf der Uhr. Höhenmeter bisher ca 18.000.
Dann habe ich heute ein japanisches Pärchen auf Fahrrad überholt. Sie sind auf dem Weg wie ich von Istanbul nach China. Aber viel Bus, und noch 5 Monate bis Kashgar. Beim Verlassen von Kutaisi traf ich sie wieder.

Medea und Jason

Der Tag fing ruhig an bei der  Polizeistation und einer gemütlichen Radtour durch Batumi. Die verlorene Luftpumpe konnte ich ersetzen.
Die Uferpromenade soll 6 km lang sein. Ich vermute eher 12. Gewaltige Bauwerke, riesige Klötze, Dutzende Bauten über 50 Stockwerke im Rohbau: Sylt, Travemünde, Swinouiscie, Kaiserbäder in Summe und Kombination. Absolute Vorsaison, mehr Arbeiter als Gäste, gerade 2 Kneipen offen: hervorragendes Mittagessen aus Fisch (vorher begutachtet), Salat, Auberginenmuss mit Yoghurt, Espresso, Glas Rotwein für 55 Lari. War es auch wert. 
So kam ich erst im 13 Uhr los. In Poti, der Hafenstadt von Georgien, gegen 18 Uhr. Hässlich und dreckig, aber im Aufbruch. Dann noch 42  km weiter nach Senaki (modernes Hotel ohne Ausstrahlung, aber mit Komfort). Die Strasse war schlimm, eng, viel Verkehr, Schlaglöcher.
Wer erinnert sich noch an Jason und die Argonauten? Das Land Kolchis hier, da wo Jason das Goldene Flees gestohlen hat, dank der Hilfe der Königstochter Medea, die sich unsterblich in Jason verliebt hatte. Nach erfolgreichem Diebstahl kommt Medea mit nach Griechenland. Die Geschichte kann Jeremiah Pohler viel besser mit allen Details erzählen. Hatten wir und kürzlich drüber unterhalten.
Für die Georgier hat diese Geschichte noch eine andere Bedeutung. Medea verkörpert und symbolisiert die Verbindung Georgiens mit Griechenland und mit Europa. Im Zentrum von Batumi steht eine riesige Medeastatue auf einer Säule. Von Poti aus soll Jason den Phasis hochgesegelt sein bis Königsburg (heute Rioni und Kutaiso). So bewege ich mich wieder auf historischem Boden. Morgen geht es weiter nach Osten.
Nachtrag: als ich ans Schwarze Meer kam, roch die gesamte Küste wunderbar nach Jasmin. Jetzt ist es zu heiß geworden.w

Romantik in Batumi

Echt romantisch, der Vollmond über Batumi. Und der erste Sonnenuntergang auf dieser Tour kurz vor Batumi. Irgend was besonderes scheint der Ort zu haben.
Zentrum und alter Hafen sind kaum zu finden, da alle Hotelkonzerne sich in der Architektur zu überbieten versuchen. Gewaltige und phantastische Bauten, interessant beleuchtet. Die Palmen an den Strassen bunt beleuchtet, Casinos allenthalben. 
Den Zeltplatz habe ich irgendwie zwischen den Hotelpalästen verpasst, die Entfernungsangabe der Damen von der Touristinfo stimmte auch nicht ganz, und irgendwann habe ich gefragt. Bei der Polizei, war gerade am Weg. Zeltplatz? Wissen wir nicht. Schlagen Sie besser Ihr Zelt in unserem Vorgarten auf. Die Toilette der  Station darf ich auch benutzen, und mein Zelt steht unter besonderem Schutz. Um zur Kneipe zu gehen, ein leichtes Nicken zur Station, bei der Rückkehr freundlich die Hand heben. Kneipen überall, Supermärkte noch offen. Grosses Bier in der Kneipe für 0,8 €, gute Flasche Wein im Laden 4 €. Kann man direkt Alkoholiker werden.
In den letzten türkischen Orten hatte übrigens fast jede Bude Bier. In Erzurum brauchte man noch ein Näschen.
Der Tag hatte neblig und regnerisch in Artvin begonnen. Der Fluss Coruh, der mit der Staumauer, hatte weitere Staustufen mit Stromerzeugung. Jeweils unterhalb wenig Wasser. Die Strasse am Fluss ging leider nicht nach Georgien, so dass ich noch 700 m über den nächsten Pass zur Küste musste. Es wurde schwül-warm. Die Berge waren jetzt mit Teeplantagen überzogen und die Ernte ging voran. Der nationale Bedarf wird hier gedeckt. Die Hafenstadt Hopa war eher hässlich. Nach 20 km und weiteren 12 Tunneln der Grenzübergang. Die letzte Pide und dann nach genau 20 Tagen, auf die Minute genau, aus der Türkei raus. Neue Abenteuer kommen bestimmt.