Salta

Salta

Liebe Rita,
So viel habe ich in den letzten Tagen erlebt und gemacht. Bücher könnte ich schreiben. Jetzt bin ich erst einmal in Salta (in Quechua heißt das die Schöne) im Nordwesten von Argentinien angekommen. Hier vibriert das Leben. Ich sitze am Hauptplatz und schlürfe Kaffee, die Sonne ist gerade untergegangen, die Nacht bricht ganz langsam herein. Ziemlich heiß war es heute mit 28 Grad, hier auf 1200 m Höhe, am Eingang zu den Anden. Im Sommer kann es hier locker 40 Grad werden, in dem Kessel.
Die Stadt ist so groß wie Leipzig, in der Innenstadt sehr ruhig und angenehm. Drei spannende Museen habe ich heute Nachmittag sehen können. Die Kathedrale machte erst jetzt auf. Die Messe fängt gleich an. Die Orgelmusik mit barocker Pracht war schon bewegend. 


Über die Inkas und die Altsteinzeit bis heute habe ich viele Details gesehen. Ein hervorragend gestalteten Museum zeigte eine alte Opferstätte auf dem nahegelegenen Vulkan und ihre Archäologische Erforschung mit modernsten Methoden. Auch die gefundenen Mumien aus 6.900 m Höhe wurden gezeigt. Hatte ich schon von gehört. Es real zu sehen ist was anderes. 
Die Geschichte der Unabhängigkeit kann ich bald referieren. In einer meiner letzten Stationen, in Tucuman, war ich gleich wieder in Leipzig. Napoleon und die Völkerschlacht war auch hier Thema. Die Eroberung von Spanien durch Napoleon führte zur Unabhängigkeitserklärung von 1810 hier in der Region. Nur waren sich die Regionen Südamerikas nicht einig, was kommen sollte, vom neuen Inkareich bis zur aufgeklärten Monarchie in Buenos Aires waren die Vorstellungen. Mit der Niederlage Napoleons  bei Leipzig 1813 und Waterloo 1815 versuchte die spanische Krone, altes Terrain zurückzuholen. In Tucuman, wo ich vorher war, erfolgte dann die endgültige Unabhängigkeitserklärung. Jede Stadt hat seither eine Strasse des 9. Juli. Dann dauerte es noch Jahrzehnte und viele Kriege der vielen Länder untereinander, bis die heutige Teilung in Nationalstaaten entstand.
In  Cordoba hatte ich noch eine Ausstellung zur zeitgenössischer Kunst angesehen und die Kathedrale besucht. Eine spannende Stadt (fast so groß wie Hamburg) und ziemlich aufgeräumt. Aus dem Kessel ging es dann nach Norden auf der Autobahn (für Kutschen und Fahrräder gesperrt). Ich war aber nicht der einzige Radler. Viele Sportler überholten mich. Später hörte die Autobahn auf und wurde Schnellstraße.

Bald hatte Ich das Andenvorland erreicht. Spät abends war ich froh, im Ort Jesu Maria einen Bus zu erwischen, der mich über Nacht in die nächste Stadt, Tucuman, brachte. Ein heruntergekommener Ort mit Straßenmärkten, die mich nach Zentralasien versetzten. Aber hier wurde 1816 die endgültige Unabhängigkeit erklärt. Das Gebäude ist heute Museum mit einer Wache wie vorm Buckingham Palace.


Von Tucuman ging es mit leichtem Anstieg Richtung Salta. Letzte Nacht war ich in einem kleineren Ort mit vielen Thermalquellen (Rosario de la Frontera) in einer kleinen Absteige, da alle Hotels voll waren. Oder sah ich nur abschreckend aus? Heute habe ich dann die letzten Kilometer nach Salta geschafft mit nachfolgenden Museumsbesuchen. Übermorgen werde ich dann einen Ausflug mit dem Tren a las Nubes, dem Wolkenzug, in die Hochanden zur Grenze nach Chile machen, und morgen ein Hochtal besuchen.
Gerade zieht hier eine größere Demo von Kindern und Jugendlichen mit vielen Kerzen und Lichtern vorbei. Die Parolen verstehe ich leider nicht. Dafür gehen die Straßenlaternen aus und die Strahler der öffentlichen Gebäude. Muss was mit Umwelt zu tun haben. 
Viele Leute habe ich in den letzten Tagen getroffen, im Hostel oder auf der Straße. Es gibt immer viel zu erzählen. Negative Reaktionen zu Radfahrern habe ich bisher nicht erlebt. Selbst entgegenkommende LKWs Hupen manchmal aufmunternd. Und LKWs und Busse hinter mir bremsen und fahren mit Abstand vorbei.
Trotz all der positiven Erfahrungen, vielfältigen Eindrücke und ergreifenden Erlebnissen ist es recht anstrengend. Hoch und runter mit dem Gepäck, ein ganzer Hausstand, Verpflegung, Ersatzteile und Reiseführer. Ich weiß ja nie, was kommt, Hitze und Kälte, nass oder Sonne, Zeltplatz oder Hotel. Und vorankommen möchte ich ja auch, 35 kg über 100 km oder mehr. Ich bin immer wieder dankbar, dass ich all das noch erleben kann und darf. Ich kann nur, und ich möchte, alle Menschen ermuntern, die Größe und Schönheit dieser Welt und seiner Bewohner zu erkunden und zu erleben. Mit Demut steht man dann manchmal vor der Schöpfung, wann und von wem auch immer.

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