Skagway

Nicht mal eine Trommel kann ich hier kaufen

Dass ich in einem solch rückständigen Land bin, hätte ich nicht gedacht. Überall in Zentralasien und auch den abgelegenen Regionen Chinas hatte ich immer ein Mobilnetz. Ab Skagway in Alaska gab es kein mobiles Netz mehr. Noch nicht einmal in der Hauptstadt vom Yukon. In Carmacks gab es das letze WLAN. Jetzt gibt es gar nichts mehr. Wahrscheinlich muss ich mir eine Trommel kaufen. Aber auch das gibt es nicht. In der letzten Tanke in Steward Crossing gab es Kaffee und Chips, keine Teebeutel und kein Brot. Bier sowieso nicht. Zwischen Whitehorse und Dawson kein Liquerstore, fast 500 km.
Nur mit der Kommunikation habe ich ein Problem, da Rita grosse Angst hat, mir sei was passiert. Werde morgen wohl mal trampen müssen, um ein WLAN zu erreichen. Ansonsten habe ich hier keine Probleme, weder mit dem Körper noch mit dem Rad. Alles bestens.
Heute war ein ziemlich heißer Tag mit 21 h Sonne. Viel Creme auf die Nase. Den Yukon habe ich heute nicht gesehen, aber die großen Nebenflüsse Pelly und Steward. Es ist immer lästig, zum Fluss runter und dann steil wieder hoch. Da merkt man die 40 kg Gepäck sehr deutlich. Im Gebirge zum Pass hoch sind die Steigungen meist angenehmer. Jetzt am Abend kommen das erste Mal Mücken. Nicht mehr als bei uns.
Ich bin gespannt, wo ich morgen Abend landen werde.

Drei drollige Bären und ihr Chef

Was für ein Kontrast. Heute morgen üppiges Frühstück an Bord, bequeme Stühle, Ober mit Kaffeekanne. Jetzt eisiger Wind auf 1000 m, unbequeme Steine zum Sitzen, Wurst Käse Brot aus der Satteltasche. Aber ein Panorama ohne gleichen; Sonne auf dem Pelz, selber erarbeitet in 3 Stunden. Die Grenzer waren sehr unfreundlich, obwohl sie sicherlich den schönsten Ort der Welt als Arbeitsplatz haben.
Das Schiff war verspätet eingelaufen und die historische Bahn wollte mich als Radreisenden mit Rad nicht mitnehmen. Der Zug sei immer ausgebucht. Kein Wunder, liegen doch immer drei Kreuzfahrtschiffe im Hafen.
So bin ich halt die 1000 m zum Pass geradelt. Geht doch! Entgegen kamen mir jede Menge johlender Radfahrer. Mit Bus und Anhänger werden die Touris und die Räder zum Pass gekarrt, damit sie ins Tal rollen können. Mein Tag endete dann ziemlich spät im Weltstädtchen Carcross. Den ganzen Tag hatte ich beste Sicht. „Machen Sie schnell Fotos, denn die Berge sind selten zu sehen.“
An Bord hatte ich mich von den zwei deutschen Paaren aus der Heide verabschiedet. Auch Abenteurer, aber etwas ruhiger und älter: Schiff bis Skagway, Bahn bis Whitehorse und dann mit RV weiter. Auch toll.
Am Pass und danach habe ich viele Tiere gesehen. Die großen Steinböcke waren schnell und liefen vor mir in Panik davon, auch die Bären sind erschrocken, wenn der Chef kommt und bimmelt. Kurz gucken, dann aber weg. Drollig. Wirken sehr possierlich. Drei Bären waren es.

hochgeklappte Bürgersteige in Ketchikan

Es ist Ruhe eingekehrt. Die letzten beiden Kreuzfahrtschiffe mit jeweils 2.500 Passagieren haben die Landungsbrücken gerade verlassen. Alle 500 Schmuck-, Juwelier- und Andenkenläden haben geschlossen. Die letzten Restaurants machen zu. Für einen schnellen Fisch reicht es noch. Dann gehen auch die Bürgersteige hoch. Es ist Feierabend in Ketchikan. Das letzte Angelboot hat ausgeladen. Nur noch eine Kneipe hat auf. Da ist noch high life und Konfetti!
Der ganze Ort lebt von den Kreuzfahrtschiffen. Mit dem Lachsfang ist nicht mehr viel los. Gerade mal 5% von früher. Holz gibt es auch kaum noch.
Dafür besinnt man sich mehr auf die Wurzeln, von vor 5000 Jahren bis vor 100 Jahren. Überall sind Museen und versuchen das Leben der First Nation darzustellen und näher zu bringen. Die riesigen Häuser und die Totempfähle sind schon beeindruckend. Aber die Philosophie und Religion habe ich noch nicht erfahren. Inzwischen sind alle Christen. Die russischen Missionare im Gefolge von Bering waren sehr erfolgreich. Und seit 1867 auch die amerikanischen Klerikalen. Eine ungewöhnliche Dichte an Kirchen und ähnlichem ist schon verblüffend. Mein Hostel wird von den Methodisten betrieben.
Morgen sehr früh geht meine Anschlussfähre nach Skagway. Da war das Hostel praktisch.
Nach der kurzen Nacht an Bord (Amis können am frühen Morgen ganz schön laut sein und nerven), habe ich erst ein paar Kaffees bei Starbucks am Hafen getrunken und dann die Museen besucht. Morgen bin ich wieder an Bord nach Skagway und dann auf nach Norden, ins Land der Goldsucher am Klondike (Jack London lässt grüßen, vielleicht werde ich ja reich) und der Mitternachtssonne. Erst einmal bin ich arm geworden bei den Preisen hier, glatt 50% mehr als in Kanada.

Mit dem Schiff schaukeln von Canada nach Alaska

Die „Matuska“ schaukelt mächtig über die See. Dauert wahrlich eine Weile, bis die Inside-Passage erreicht ist. Um 1.10 Uhr hat die Fähre abgelegt, Richtung Norden. Da ist der Himmel immer noch hell und wird schon wieder rot. Der Südosten von Alaska mit der Hauptstadt Juneau ist so ähnlich wie Norwegen mit den Schären und Fjorden. Da führt mich meine Reise jetzt hin. Erst einmal von Prince Rupert in Kanada nach Ketchikan in Alaska. 24 h später geht es nach Skagway.
Jetzt ist die See wieder ruhiger. Überall Leuchtfeuer und  Tonnen. Und der Himmel wird heller. Diese Wolkenformationen und das Licht kenne ich von der Ostsee im Sommer, besonders aus Heringsdorf.

Der Tag hatte ganz anders begonnen, nämlich auf dem Rad durch die Nacht. Das war auch eine besondere Erfahrung (im doppelten Sinn des Wortes). Den ganzen Tag war ich den Skeena runter gefahren.Der Tag hatte sonnig begonnen und alles wurde wieder trocken.
Muss ich doch noch eine Geschichte zu den Kolibris erzählen. Also die Frau vom Campingplatz füttert die Kleinen vier mal am Tag. Wenn sie mal spät dran ist, kommen die Kleinen vor ihr Fenster und machen ordentlich Krach. Wenn sie mit dem Auto kommt, machen alle Kolibris eine Parade. Aber das Beste an den Kolibris im Norden ist, wie sie dahin kommen. Im Frühjahr machen sich die Wildgänse, hier Canadian Geese genannt, auf den Weg nach Norden zu ihren Brutgebieten. Während sie sich sammeln, kommen die Kolibris und lassen sich auf den Gänsen nieder, wie Nils Holgerson. Und wenn die Kolibris, auf dem Rücken der Gänse, in ihren Gebieten angekommen sind, steigen sie wieder ab. Daher werden sie die Hitchhiker genannt. Im Herbst geht es dann zurück mit den Gänsen.

Die Wolken verzogen sich, sodass ich den ganzen Tag an frisch verzuckerten Bergen vorbei fuhr. Der Sonnenuntergang und der Einbruch des Abends warfen ein warmes Licht auf Schnee und Gletscher, wie Alpen beim Skilaufen (Jetzt sind die Leuchtfeuer auf beiden Seiten, also haben wir die Insight-Passage erreicht).
Der Tag gestern wurde dann unfreiwillig sehr lang, weil der einzige Zeltplatz im Mündungsbereich des Skeena total mückenverseucht war. So kam ich weit nach Mitternacht und nach 250 km endlich in Prince Rupert an.

Heute habe ich dann das Ticket erstanden. Über die Ostsee ist ein Kinderspiel. Hier wird der Krieg gegen den Terrorismus offen ausgetragen:  Keine Waffen, kein Obst, keine Gasflaschen, kein Bargeld zur Bezahlung. Kompliziertes neues Buchungssystem. Da dauert es schon mal eine Stunde, bis das Ticket da ist. Beim Einsteigen interessierte sich niemand für den Papierkram. Gut so. Sonst würden wir morgen noch im Hafen liegen. Dabei sagt man doch, dass Deutschland so bürokratisch sei. Im Ausland merkt man dann die hohe Effektivität und Effizienz deutscher Behörden.
Das Museum war dann echt phantastisch und hat mir die First Nation sehr viel näher gebracht.

Ich sitze ganz vorne im Schiff unter dem Kapitän und habe eine tolle Sicht.