Dawson City

Denali Massiv in voller Pracht

In voller Pracht, der Denali in der Abendsonne. Ein mächtiges Massiv, fast alleine in einer großen Ebene. Wie der Fuji, nur sehr, sehr viel größer, mehrere Gipfel, Schnee, Eis, Gletscher. Einfach phantastisch anzusehen.
Der Tag war ein einziger Hindernislauf mit Höhen und Tiefen, Stress und Höchstleistung, ich bin aber in Fairbanks angekommen.
Samstag Abend traf ich zwei kanadische Brüder mit Fahrrad im Mackenzies, in meinem Alter. Sie waren gerade angekommen, seit Whitehorse immer 40 km vor mir, und jetzt von Angesicht zu Angesicht. Am Morgen muss ich sie überrundet haben. Übernachtet hatten wir nur einige 100 m entfernt, ich war aber schon um 8 Uhr an der Fähre, die erst um 10 Uhr und so erfuhren sie von mir. Die letzten 30 km, es war schon fast Mittag, die Anhöhen steil und ich musste mich um eine Gelegenheit für den Rückweg kümmern, habe ich mit Fahrrad auf einem Pickup verbracht.
Mit den Brüdern habe ich lange gesprochen. Einer ist Musiklehrer und kannte natürlich Leipzig. Irgendwann erzählten sie, dass sie mit dem Flugzeug nach Whitehorse zurück fliegen, North Air, sehr billig. Gesagt, getan, Internet fürs Handy beim Café (ging noch) und schon war ich bei den Flügen und habe sofort für den nächsten Tag gebucht, nur die Fahrradmitnahme ging nicht über das Internet zu buchen. Das musste ich dann am Morgen telefonisch klären. Nach den vielen Tiefschlägen vom Vortag, weil in keinem der riesigen Wohnmobil Platz war oder kein LKW fuhr, nun die Hiobsbotschaft, das Flugzeug sei klein und ausgebucht und daher Fahrrad oder Gepäck bis 20 kg möglich, der Rest käme am nächsten Tag. Mist. Dann war auch noch die Kette noch kaputt gegangen und ich durfte eine neue aufziehen. So kam ich zwar sicher, aber später, am Flughafen an. Der erste Sprint des Tages über die 12 km zum Flughafen. Noch viel Zeit. Und dann war es auf einmal kein Problem mit Gepäck und Fahrrad nach Dawson zu fliegen, nur das Fahrrad mußte ich ordentlich verpacken, dauerte eine halbe Stunde. 60 kg Gepäck. Abzüglich Freimenge musste ich noch 44 CDN  nachzahlen, insgesamt dann ca. 150€. Und schon war ich um 13.30 Uhr in Dawson, leider 20 min zu spät. So hatte ich 45 Minuten für auspacken, zusammen bauen, aufpumpen, beladen und die fast 20 km in die Innenstadt. Mit einem Schnitt von 35 km/h war ich dennoch erst nach der Abfahrt des Kleinbusses beim Infocenter.. Buchen hatte ich vorher auch nicht können, da unklar war, was mit dem Gepäck ist, kein Telefon funktionierte etc. Doch im Infocenter haben die dann die Buszentrale in Fairbanks angerufen und die Mitarbeiter haben den Bus zurück geschickt (war noch vor der Fähre über den Yukon)! 5 Minuten später konnte ich in den Kleinbus einladen. Genervt war der Fahrer schon wegen des Fahrrades und der Menge Gepäck. Zum Fahrpreis von 285 US-Dollar KAMEN noch 50 US-Dollar fürs Rad, sofort zu bezahlen. Also Fahrrad auseinander bauen, Plane ins Auto, alles drauf. Schon ging es los. Zwischendrin sprach ich noch mit einem Radfahrer, dem ich vom Dampster berichtete. US-Dollar und CAN-Dollar reichten dann während der Fahrt gerade aus.
Die Strecke war wirklich phantastisch auf einer der schönsten Highways der Welt, top of the World. Immer oben, nie im Tal und Schotter. Auf dem Alcan ging es schneller voran, an der Alaska Range entlang. Nach Felta Junktion tauchte auf einmal der Denali in der Ferne auf. Um 23 Uhr waren wir dann in Fairbanks, direkt an einem Zeltplatz. Im Bus waren noch ein kanadisches Paar, die nur französisch sprachen, eine Australierin mit ihrer österreichischen Mutter (die sprachen nur deutsch) und eine Frau aus Alaska.
Zum Ende des Tages gab es noch Spaghetti für mich. Ein richtig erfolgreicher Tag, 600 km mit Flugzeug. 700 km mit Bus, und Anchorage in Reichweite.

Mittsommer am Polarkreis

Das GPS spielt verrückt. Zuerst änderte sich die Zeit bis zum Sonnenuntergang sehr, je weiter ich nach Norden fuhr. Schließlich war es klar: Sonnenuntergang um 1.53 Uhr. Kurz darauf, die Sonne stand noch ziemlich hoch, kam die Meldung: Sonnenaufgang in 1h 54min.
Ziemlich genau am Polarkreis liegt dies Eagle Plains, Tanke, Hotel, Zeltplatz, Werkstätten für alles, Flugplatz, Strassenmeisterei. Ziemlich frei von Mosquitos auf 700m.
Der Tag war wirklich anstrengend, da der nächste Platz 180 km weiter war und die Straßenbauer versucht haben, alle Berge an der Spitze zu treffen mit steilen Anstiegen von 8 bis 10%. Die Schotterstraße nach Inuvik an der Mündung des Mackensie (Dempster Highway) ist grossenteils erstaunlich gut. Bei Regen schlammig, häufig Schlaglöcher. Meine vordere Satteltasche hab ich bei voller Fahrt verloren. Die Dose Bier hat es zerrissen. Schade. Und die Tasche voll Bier. So haben die Ersatzteile mal was gutes bekommen. Mitten bei der Trockenaktion kam der Regen. Wann sonst?
Die Ursache war dann schwieriger zu finden. Dann die Überraschung: Die guten teuren Ortliebtaschen sind nicht für tauge Straßen geeignet. Der Verschluss war völlig abgeschliffen, so dass die Klauen nicht greifen. Mit einer starken Leine ist die Tasche fest, aber dauerhaft. Kurz darauf ging die Kette ab. Bei dem Schlamm, Staub und Wasser auch kein Wunder. Also reinigen und etwas Kettenöl.
Die Landschaft ist meistens überwältigend. Seit den Tombstone Mountains habe ich das Gefühl durch Werkstatt und Labor der Erschaffung der Erde zu fahren. Überall Mineralien, verschiedenste Gesteine, schwarze, rote, gelbe Flüsse. Manchmal der Geruch von Schwefel, dicke Kohleschichten, Schotter zu riesigen Berge aufgetürmt, riesige Kalkwände, Unmengen an Bäumen in den Flüssen und an den Hängen.
Hätte ich nicht gedacht, dass der Norden hier so gebirgig ist. Sah auf Karte und Atlas eher flach aus. Vielleicht komme ich ja da noch hin. Heute über den Polarkreis und die Grenze nach NWT. Morgen dann Fort Macpherson am Peel und Mackensie, beide mit Fähre. Sind erst seit drei Wochen offen, wegen Eisaufbruch und Schollen. Seit Tagen bin ich im Bereich von Permafrost, eigentlich seit Dawson.

 

Engineer Creek

Als führe ich in der Werkstatt oder dem Labor des Erbauers der Erde entlang. Unfertige Hügel und Berge zu Hauf. Gelbe Flüsse mit den Rohstoffen. Grabenverwerfungen. Kontinentenkollisionen. Hier ist was los. Und der kleine Wastl mittendrin. So hatte ich mir den Norden Kanadas nicht vorgestellt. Eher flach und Tundra. Aber die Bäche (Creeks) und Flüsse (River) sind entweder schwarz, rot oder gelb. Je nach dem, was im Oberlauf so liegt: Kohle, Eisen, Schwefel. Mein alter Freund Thomas, der Geologe, hätte seine Freude daran, zumal er seine letzten Jahre für eine kanadische Firma gearbeitet hatte…
Ansonsten habe ich heute alle Freuden des Radelns erlebt: Regen, Gegenwind, Berge. Häufig in voller Kombination. Dazu kommen seit heute Mosquitos in Schwärmen. Für alles gibt es eine Lösung: Lange Hose, langes Hemd, Bienenschleier. Und natürlich Spray. Da fallen die vom Himmel, bevor sie ahnen, das es sowas gibt. Mit der richtigen Ausrüstung alles kein Problem. Für die Berge ein paar mehr Muskeln und Übung, gegen den Regen den Poncho. Nur mit dem Wind. Beim Segeln immer hart dran. Doch ist die Strasse nicht breit genug, häufig steil. Trotzdem bin ich vorangekommen. Auch ohne Asphalt, oder gerade deswegen, ist die Straße hervorragend, so wie ich sie vor 46 Jahren in Nordskandinavien erlebt habe.
Anstrengend und faszinierend. Einfach genial.

Vorher habe ich zwei Kanadier getroffen, die ersten, sonst nur Europäer. Seit Inuvik unterwegs. Die Strasse ist übrigens wirklich sehr gut.
Mein Zeltplatz hat richtig viele Mücken. Mit Hut und Schleier geht es ganz gut. Der Topf mit Spaghetti war sehr voll, und dann noch ordentlich Käse. Hungern muss ich nicht.
Beafort See und Mackenzie sind jetzt die nächsten  Ziele.

 

Bierpreise wie in Schweden

Die Spargelcremesuppe dampft vor mir im Topf. Zu heiß. So kann ich die Landschaft genießen, die Berge sind über 2500 m und haben noch viel Schnee, trotz der fast 30 Grad Hitze. Auf 1000 m ist noch eine üppige Vegetation. Darüber eher spärlich. Die Ogilvie Mountains, zu denen auch die Tombstone gehören, bilden die Grenze zum Norden. Langsam fängt dann das Tundra-Gebiet an. Bis zum Mackenzie sind es noch 500 km. Die Landschaft ist großartig, wie Gebirge in Nordschweden (z.B. Kongensvai oder Kiruna).
Heute war es sehr heiß um 28 Grad und sonnig. Sonnig heißt 21 h am Tag. Mücken gibt es inzwischen, aber gemäßigt. Mein Zelt steht frei, da kommen sie selten. Gegen die Bären gibt es hier überall Stahlcontainer. Die Wohnmobile, sehr viele, brauchen die nicht.
Heute Morgen habe ich dann meine Einkäufe in Dawson getätigt. Die Stadt (eher Dorf) ist erhalten wie vor hundert Jahren. Kein Bordell, keine Spielhölle, wenig Alkohol, nur biedere Hotels für wenige, aber biedere, Gäste. Der General Store war sehr gut sortiert und sogar am Sonntag offen. Der Liquerstore hat nur von Dienstag bis Samstag von 12 bis 19 geöffnet. Geheimtipp, aber nicht weitersagen, im Hotel Eldorado gegenüber wird in der Lounge ab 11 Uhr eine geringe Auswahl angeboten. Waren es die russischen Missionare oder war es die Prohibition? Gestern hatte ich sehr gut und üppig im Restaurant Jack London gespeist. Bierpreise wie in Schweden. Für die Portion Schweinebraten mussten wohl zwei Tiere dran glauben.
Gut versorgt mit Brot, Wurst, Obst, Keksen ging es dann 120 km in die Berge nördlich von Dawson auf dem Dampster Highway, immer nach Norden und dann gerade aus (so war doch früher die Werbung für Bommerlunder?).

 

Jürgen in der Wildnis

Seit 3 Tagen hatte ich nur kurze sms erhalten; es gibt kein Netz in der kanadischen Weite. Das nächste Ziel ist Dawson City, danach soll es über die Grenze nach Fairbanks in die USA gehen. Ich hoffe heute mal wieder Bilder zu sehen und vor allem zu hören, daß es ihm gut geht. Manchmal hadere ich schon mit den Radabenteuern. Aber er paßt wohl gut auf sich auf.

Nun kam alles auf einmal, viele Bilder und etwas Text. Ich habe es den jeweiligen Reisetagen versucht zuzuordnen. Deshalb müßt ihr nun rückwärts gucken. Viel Spaß dabei.