Rustavi
Alles ok. Weitere Info später. War gestern spät geworden und ich musste auch umkehren. Bin im Hotel.
Alles ok. Weitere Info später. War gestern spät geworden und ich musste auch umkehren. Bin im Hotel.
Ein Tag der Gegensätze. Aber manchmal sind diese ähnlich. Heute morgen war ich dann doch noch im Stalinmuseum in Gori. So viel Personenkult und Geschichtsklitterung sind echt abstoßend. Wie Religion der große Glaube. Dann der Gegensatz (oder auch nicht) in Mtskheta, dem religiösen Zentrum der Georgier und Georgiens, so was wie Canterbury für die Engländer oder Mekka für die Moslems. Die Regeln sind sehr streng, Frauen müssen Kopftuch tragen in der Kirche. Vor jeder Kirche ein Sittenwächter, der auf angemessene Kleidung achtet. Nonnen fast voll verschleiert. Bin ich doch glatt aus der Kirche rausgeflogen in meinen Fahrradklamotten (Hose bis zum Knie). In der georgischen Hauptkirche Svetitskhoveli von ca. 1000 hatten ich dann meine Shorts mit Gürtel so tief festgebunden, dass die Waden bedeckt waren, der Arsch aber nur in der Fahrradhose hing. Das war dann angemessen ohne Beanstandung. Ob das gottgefällig ist? Die Kirche und das Land haben noch einen weiten Weg zu gehen. Auch ansonsten ist es ein Land im Umbruch. Egoismus ist weit verbreitet und auch Rücksichtslosigkeit. Das hatte ich gleich in Batumi gemerkt, als mich mehrmals Taxifahrer so geschnitten hatten, dass ich Vollbremsungen machen musste. Ein anderes Mal meinte ein Mercedesfahrer, ich müsste ihm ausweichen und er fuhr mich bewusst langsam an. Ich konnte noch bremsen, meine Satteltasche vorne hatte aber einen Schlag weg. Seelenruhig fuhr er weiter und andere Menschen, die das gesehen hatten, gingen einfach.
Für ein Urteil ist es noch zu früh.
Heute am späten Nachmittag bin ich dann auf der Autobahn nach Tiflis gekommen. Am Morgen war noch starker Gegenwind, am Nachmittag ging es mit Rückenwind mit 30 km/h in die Stadt rein. Ist echt groß. Offiziell 1,1 Mio, wirkt aber viel größer. Nach Reiseführer sind alle wichtigen Dinge an der Rustaveli Av. So habe ich vom Platz der Rosenrevolution bis zum Tavisuplebis mordani viel gesehen. Die Mutter Georgia und die Burg habe ich dann mit Seilbahn besucht. Die Mutter Georgia könnte fast eine Kopie der Germania bei Bingen sein. Genauso martialisch.
Jetzt sitze ich in einem Weinlokal und lasse es mir gut gehen. Die Hitze des Tages ist einem Sturm gewichen, es könnte noch Gewitter geben.
Der Tag war heute richtig heiß. Nach Sonnenuntergang zeigte ein Thermometer noch 26 Grad. Der Weg nach Tiflis, die alte Heerstraße, führt leider über einen Pass (990 m) zwischen Großem und Kleinem Kaukasus. Bei 35 Grad im Schatten und einem Wasserverbrauch von 1 l/h nicht ganz easy, habe deshalb auch 7 h für die 55 km gebraucht, incl. Pausen (u.a. ein leckeres Kalbgericht mit toller Soße). Der Salat wird hier mit vielen Kräutern und Gewürzen angerichtet und ist immer umfangreich. Bei so einem Tag unterwegs ist der Kalorienverbrauch ziemlich hoch. Die Mengen an Brot zum Essen sind beachtlich. Nach dem Pass ging es dann fix nach Xisari. Einer Gartenkneipe konnte ich nicht widerstehen: 1/2 l Bier gezapft für 70 Cent ist doch ok?
Der Gegenwind, der mich den ganzen Tag berghoch genervt hatte, legte sich und das Tal wurde jetzt weit zwischen den Gebirgen. In der Ferne Dörfer, Burgen, Klöster. Erstaunlich schnell ging es jetzt voran, so dass ich die 55 km nach Gori am Abend noch schaffen konnte. Auf den letzten 20 km war erst die BAB-Baustelle nebenan, dann eine Spur für die Strasse und dann die richtige Autobahn. Mangels Alternative habe dann den Tunnel gewählt mit anschließender Brücke. Bei der Ausfahrt Gori bin ich dann abgebogen. Für die Wessis: hier wurde Joseph Wissarionowitsch Dzugaschwili geboren, der wohl bedeutendste Georgier. Seine Genossen nannten ihn Stalin, Trotzki nannte ihn den kaukasischen Bankräuber. Das Stalinmuseum ist gigantisch. Vielleicht gehe ich doch mal rein. Morgen geht es dann über Mtskheta nach Tiflis.
Bisher bin ich fast 20.000 m Anstiege gefahren, sagt mein Navi.
Gerade (15.45 MEZ) bin ich in Xasuri. Habe eben den Pass zwischen Großem und Kleinem Kaukasus bei 30 Grad im Schatten und einem Wasserverbrauch von 1 l/h hinter mir und erlaube mir jetzt ein Bier im Schatten. Gleich geht es weiter Richtung Tiflis. Letzte Nacht habe ich schlecht geschlafen wegen MV, Straßenlärm und Krämpfen in Fuß und Wade. Ansonsten alles ok. Ist sehr heiß hier.
Im Restaurant tobte gerade der Bär. Abiturfeier in mehreren Räumen mit mehreren Klassen. War hilfreich, da ich sonst verhungert wäre. So bräsige Leute hatte ich noch nie erlebt. Mit zwei Dolmetschern ging es dann. Russisch kann ich viel lesen, aber ohne Karte die georgische Küche auf russisch zu verstehen ging nicht, zumal die Worte immer schneller kamen. Als Bier Löwenbräu? Beim zweiten wollten sie kein georgisches geben, nur deutsches. Also gab es kein Trinkgeld, mit Begründung. Das haben sie verstanden, waren aber betreten.
Heute war sehr heißer Tag, gefühlte 35 Grad, vielleicht nur 30. So geölt hatte ich noch nie. Zum Mittag in Kutaisi locker 1,5 l Wasser und ein Bier. Richtig brütende Hitze in der Hauptstadt von Kolchis. Heute eine hässliche Ruine aus Sowjetzeiten, mit einigen Highlights: die restaurierte Bagrati Kathedrale, Stadtpark mit Brunnen, Historisches Museum. Auch sonst ist das Land in einem desolaten Zustand. Solche Ruinenlandschaften habe ich selbst 1992 in der DDR nicht erlebt. das wird noch ein langer Weg für Georgien.
Wegen der Hitze bin ich erst im 18 Uhr weiter gefahren, bis zum nächsten Ort Zestafoni. Jetzt geht es wieder ins Gebirge. Der kleine und der große Kaukasus sind schon deutlich zusammen gerückt, auf beiden Seiten Spitzen in Schnee und Eis. Der Wetterumschwung von sehr kalt in Ostanatolien auf jetzt sehr heiß kam plötzlich. Werde ich hinkriegen. Heute früh hatte ich 2.000 km auf der Uhr. Höhenmeter bisher ca 18.000.
Dann habe ich heute ein japanisches Pärchen auf Fahrrad überholt. Sie sind auf dem Weg wie ich von Istanbul nach China. Aber viel Bus, und noch 5 Monate bis Kashgar. Beim Verlassen von Kutaisi traf ich sie wieder.
Der Tag fing ruhig an bei der Polizeistation und einer gemütlichen Radtour durch Batumi. Die verlorene Luftpumpe konnte ich ersetzen.
Die Uferpromenade soll 6 km lang sein. Ich vermute eher 12. Gewaltige Bauwerke, riesige Klötze, Dutzende Bauten über 50 Stockwerke im Rohbau: Sylt, Travemünde, Swinouiscie, Kaiserbäder in Summe und Kombination. Absolute Vorsaison, mehr Arbeiter als Gäste, gerade 2 Kneipen offen: hervorragendes Mittagessen aus Fisch (vorher begutachtet), Salat, Auberginenmuss mit Yoghurt, Espresso, Glas Rotwein für 55 Lari. War es auch wert.
So kam ich erst im 13 Uhr los. In Poti, der Hafenstadt von Georgien, gegen 18 Uhr. Hässlich und dreckig, aber im Aufbruch. Dann noch 42 km weiter nach Senaki (modernes Hotel ohne Ausstrahlung, aber mit Komfort). Die Strasse war schlimm, eng, viel Verkehr, Schlaglöcher.
Wer erinnert sich noch an Jason und die Argonauten? Das Land Kolchis hier, da wo Jason das Goldene Flees gestohlen hat, dank der Hilfe der Königstochter Medea, die sich unsterblich in Jason verliebt hatte. Nach erfolgreichem Diebstahl kommt Medea mit nach Griechenland. Die Geschichte kann Jeremiah Pohler viel besser mit allen Details erzählen. Hatten wir und kürzlich drüber unterhalten.
Für die Georgier hat diese Geschichte noch eine andere Bedeutung. Medea verkörpert und symbolisiert die Verbindung Georgiens mit Griechenland und mit Europa. Im Zentrum von Batumi steht eine riesige Medeastatue auf einer Säule. Von Poti aus soll Jason den Phasis hochgesegelt sein bis Königsburg (heute Rioni und Kutaiso). So bewege ich mich wieder auf historischem Boden. Morgen geht es weiter nach Osten.
Nachtrag: als ich ans Schwarze Meer kam, roch die gesamte Küste wunderbar nach Jasmin. Jetzt ist es zu heiß geworden.w
Echt romantisch, der Vollmond über Batumi. Und der erste Sonnenuntergang auf dieser Tour kurz vor Batumi. Irgend was besonderes scheint der Ort zu haben.
Zentrum und alter Hafen sind kaum zu finden, da alle Hotelkonzerne sich in der Architektur zu überbieten versuchen. Gewaltige und phantastische Bauten, interessant beleuchtet. Die Palmen an den Strassen bunt beleuchtet, Casinos allenthalben.
Den Zeltplatz habe ich irgendwie zwischen den Hotelpalästen verpasst, die Entfernungsangabe der Damen von der Touristinfo stimmte auch nicht ganz, und irgendwann habe ich gefragt. Bei der Polizei, war gerade am Weg. Zeltplatz? Wissen wir nicht. Schlagen Sie besser Ihr Zelt in unserem Vorgarten auf. Die Toilette der Station darf ich auch benutzen, und mein Zelt steht unter besonderem Schutz. Um zur Kneipe zu gehen, ein leichtes Nicken zur Station, bei der Rückkehr freundlich die Hand heben. Kneipen überall, Supermärkte noch offen. Grosses Bier in der Kneipe für 0,8 €, gute Flasche Wein im Laden 4 €. Kann man direkt Alkoholiker werden.
In den letzten türkischen Orten hatte übrigens fast jede Bude Bier. In Erzurum brauchte man noch ein Näschen.
Der Tag hatte neblig und regnerisch in Artvin begonnen. Der Fluss Coruh, der mit der Staumauer, hatte weitere Staustufen mit Stromerzeugung. Jeweils unterhalb wenig Wasser. Die Strasse am Fluss ging leider nicht nach Georgien, so dass ich noch 700 m über den nächsten Pass zur Küste musste. Es wurde schwül-warm. Die Berge waren jetzt mit Teeplantagen überzogen und die Ernte ging voran. Der nationale Bedarf wird hier gedeckt. Die Hafenstadt Hopa war eher hässlich. Nach 20 km und weiteren 12 Tunneln der Grenzübergang. Die letzte Pide und dann nach genau 20 Tagen, auf die Minute genau, aus der Türkei raus. Neue Abenteuer kommen bestimmt.
Auf die Minute genau nach 20 Tagen habe ich die Türkei verlassen. Vor mir liegt jetzt Batumi.
Keines der Orientierungssysteme funktionierte heute, da völlig überraschend und ganz plötzlich ein neuer Staudamm mit einer riesigen Mauer entstanden ist und daher die Strassen urplötzlich verlegt wurden, so dass die Karte von 2013, das Navi von 2014 und die aktuelle Verkehrsausschilderung gar nicht darauf reagieren konnten. Alle waren grundlegend falsch. Das Navi erklärte mich für verrückt (sofort umkehren), da ich offensichtlich weit ab von der Strasse mitten durch die Berge fuhr. Das stimmte auch, denn ich bin durch das Pontische Gebirge 60 km auf Baustellen gefahren, davon mindestens 20 km in Tunneln (von fertig bis Rohbau ohne Licht und Strassenbelag). Die Karte zeigte den ursprünglichen Strassenverlauf (Römisch ??) und die Beschilderung einen Zustand zu Beginn der Bauarbeiten. Soweit zur Aktualität. Weit oberhalb des Stausees waren weit oberhalb der Strasse ebenfalls gewaltige Tunnel (Tünel in türkisch) und Brücken im Bau. Wird wohl noch einen Stausee geben.
Ansonsten war der Weg durch das Pontische Gebirge in einer gewaltigen, ja fast überwältigenden, Umgebung, fast wie der Grand Canyon in den USA, auch die gleichen Gesteinsformationen und Farben.
Heute morgen, nach meinem Frühstück auf der Terrasse, bin ich noch zum ehemaligen Kloster Ösk Vang hoch. Schade, dass es so verrottet und verfällt. Ab 15 Uhr kam zum Gegenwind noch Starkregen (aber abnehmend). Da waren die vielen Tunnel durchaus angenehm. Artvin muss ein sehr malerisch gelegener Ort am Berg sein. Doch der Weg zu den Hotels zog sich 4 km hin mit einer Steigung von 400 m. Da ist dann jedes Zimmer recht. Morgen werde ich dann wieder am Schwarzen Meer ankommen. Wäre nicht weit bis Sotchi…
Ungewöhnlich ist meine Unterkunft, wie auch die Vorgeschichte. Auf dem Weg durch das schroffe Pontische Gebirge bog ich am frühen Abend von der Hauptstraße ab, um die Klosterruine Ösk Vang zu besuchen. Nach drei Kilometern wurde es schnell dunkel und es donnerte plötzlich. Noch drei Kilometer, Regen und Blitze. Wie aus dem Nichts taucht ein Dorfladen mit Teestube auf. Gerade schaffe ich es unter die überdachte Terrasse, da bricht es auch schon los. Viele Leute sind da und ein, zwei Tee kommen auch. Die Kommunikation ist zwar schwierig, klappt aber, da die anwesenden 20 Personen bestimmt 50 englische Wörter beherrschen. Nach einer Stunde ist das Gewitter durch, für Weiterfahrt aber zu spät und nass. Meine Frage zum Zeltaufbau war nicht verständlich, so dass der Ladenbesitzer und Kunden zum Telefon griffen und Leute ans Telefon riefen, die deutsch sprechen konnten. Nach diversen Gesprächen und SMS durfte ich die Terrasse für die Nacht nutzen. Um 21.30 verschwanden alle und ich blieb mit der Beleuchtung zurück. Mein Abendessen konnte ich endlich zu mir nehmen. Nach einem Schluck Wein, oder zwei geht es dann in den Schlafsack. Die letzten 4 km zur Ruine werde ich morgen wohl schaffen und vielleicht auch noch den Weg zum Schwarzen Meer.
Hinter Erzurum war natürlich noch ein Pass. Bis oben Rückenwind, dann Gegenwind. Nach der Mittagspause ein Radfahrer. Dirk aus Hamburg auf dem Weg von Tiflis in die Südtürkei, ehemals Lehrer am Goetheinstitut in Peking, jetzt Obstbetrieb im Alten Land. Gestern hatte ich aus der Ferne zwei Radfahrer (unverkennbar an Gepäck und Alter wie ich) nach Erzurum reinrauschen gesehen. Ich habe mir dann Kuchen und Kaffe gegönnt.
Es tat mal ganz gut, einen ruhigen Tag einzulegen. Es gab sogar ein italienisches Café. Außer ein paar alten Moscheen und Medressen (Koranschulen) gab es auch nichts zu sehen.
Zwei Nachträge muss ich noch machen:
1. Die Kleinreparaturen am Freitag in der Regenpause zahlten sich schnell aus, da mein Handy beim Zelten versucht hatte, einige Fotos bei schlechtem Netz zu senden und leer war. Mit dem reparierten Ladegerät war nach ein paar Kilometer das Handy wieder betriebsbereit und nach drei Stunden voll. So hatte die Regenpause auch seine guten Seiten.
2. At the rivers of Babylon … Hätte ich nicht gedacht, dort zu landen. Aber … Am faulen Tag konnte ich ein wenig in den Reisebüchern schmökern und fand heraus, dass ich am Freitag und Samstag am Euphrat entlang gefahren war und auch an seinen Ufern gezeltet hatte. In der Türkei heißt er Firat und entspringt mit einem Zufluss Karasu in den Bergen südlich von Erzurum.
Es war schon ein gigantischer Anblick, die schneebedeckten Berge über 3.000 m rund herum und die Großstadt Erzurum im Hochtal mitten drin bei einbrechender Nacht. Solche Bilder kommen sonst aus Davos. Erzurum liegt mit 1.950 m deutlich höher. Mitten im Ort 2 große beleuchtete Skischanzen, Skihotels überall und in den Bergen. Erzurum ist in der Türkei das Skigebiet.
Den ganzen Tag war ich schon durch eine gewaltige Gebirgslandschaft gefahren, zuerst neben Fluss und Eisenbahn durch ein enges Tal. Dann plötzlich das riesige Hochtal von Mercan/Tercan. Berge bis 3.500 m herum und tundraähnliche Abhänge bis ins Tal, unterbrochen von schroffen Felsen. Nach der Mittagspause in Tercan weiter ins Gebirge, enge Schluchten, sanfte Täler. Viel Rückenwind und gelegentlich Wolken. So ist der Pass bei über 2.000 m schnell erreicht. Das Tal, in das ich jetzt eintauche, führt nach Erzurum. Als die Hauptstraße nach oben führt, entscheide ich mich für die alte Strasse am Fluss entlang. Nicht mehr so viele Autos (alle 10 Minuten), dafür Schlaglöcher und das Gefühl, den Schweiß der römischen Legionäre zu riechen. Manchmal tauchen auch alte Brücken neben der Strasse auf, Rundbögen oder gerade. Schließlich bin ich wieder auf der Hauptstraße und es geht nach Erzurum rein. Die Strasse ist beleuchtet und in der Ferne die Stadt. Das Navi sagt noch 18 km. Wie beim segeln in der Nacht, siehst Du die Stadt, die kommt aber nicht näher. Nach einer Stunde berghoch bin ich dann doch da: in einer belebten Einkaufsstraße. Mit meinem i-Phone finde ich schnell passende Hotel und den Stadtplan mit den Hotels. Aus Erfahrung weiß ich, dass dort noch mehr Hotels aller Kategorien sind. So habe auch schnell eins gefunden. Morgen mache ich einen ruhigen Tag, der Pass über 2.000 m und die 160 km stecken in den Knochen. Es war ein faszinierender Tag im Hochgebirge Ostanatoliens.
Etwas lustlos war ich heute morgen, Wolken tief und dunkel. Dann regnete es auch gleich und ich nutzte die Gelegenheit für Kaffee und Telefon. Ich war schon draußen, da sprach mich eine Frau, wo ich denn herkäme und hinwolle. Sie ist Türkin aus Rüdesheim und besucht die Heimat ihrer Großeltern. So haben wir noch eine Weile geplauscht. Dann 15 km mit fürchterlichem Gegenwind durch ein Hochtal mit Bergen über 3500 m. Vor dem nächsten Schauer in eine Raststätte. Erste Kleinstreparaturen am Rad. Dann brach aber die Hölle herein und ich sass trocken und warm und konnte erstmals Sudoku machen. Zwischendurch brach der Strom mehrmals zusammen. Tee und Kaffee gabs aber. Nach drei Stunden hellte es auf und ich bekam Mittag auf Kosten des Hauses wegen Stromausfall. Bei Sonne ging es weiter bei 8 Bft Gegenwind. Beim nächsten Ort, dem letzten vor der Hochgebirgsstrecke, gab es kein Hotel. Auf den nächsten 20 km wusste jeder,dass 4 km weiter ein Hotel sei. So habe ich jetzt mein Zelt zwischen Landstraße und Fluss aufgebaut, im Bereich eines Betonmischwerkes. Ist nicht so romantisch, aber bewacht und beleuchtet. Brot hatten sie mir zur Suppe gebracht. Der Sturm war noch eine Weile recht heftig, so dass ich gerade mal 10 km/h schnell war. Kaputt und nicht weiter kommen. Dann schlief der Wind ein, dafür ging die Sonne unter. Alles geht eben nicht. Weit bin ich heute also nicht gekommen. Morgen dann weiter durch das enge Tal (auf der anderen Seite die Eisenbahn, die aus dem Museum) Richtung Erzurum. Wegen der Regenfälle ist der Fluss dunkel und ziemlich reißend.
Da habe ich vorhin das Glück aber schnell am Schopf gepackt. So sitze ich jetzt in Erzincan in einer Kneipe „Café Latte“ und schlürfe einen LatteMachiato. Es ist angenehm warm, 19 Grad, und trocken. Dabei sah es um 19 Uhr noch ganz anders aus: in den Bergen auf dem Weg zum 3. Pass des Tages (nach 1690 und 2190 m). Wie so oft hatte es angefangen zu giessen, es wurde dunkel und bis zum nächsten Ort noch 40 Minuten bergauf. Da standen dann plötzlich zwei Fernbusse bei einer Pause. Sofort durfte ich samt Fahrrad einsteigen (passte genau in den Gepäckraum) und los ging’s (keine fünf Minuten seit meiner Entscheidung bis zur Abfahrt). Die eingesparten 40 km haben sich gelohnt.
Gestern volle Sonne mit Sonnenbrand, heute bedeckt und später Regen. Dabei bin ich über drei Pässe gekommen, der zweite mit 2190 m schon ganz ambitioniert. Hatte ich bisher noch nicht erlebt. Auch nicht in Norwegen 1970. Ging erstaunlich gut, fast ohne Schieben, auch wenn die Luft da oben schon dünner war .
Erzincan wirkt irgendwie völlig anders als alle türkischen Städte durch die ich gekommen bin. Außerordentlich sauber, fertige und vollständige Bürgersteige mit Absenkungen an allen Übergängen, damit neben Hochspringern auch normale Menschen, aber insbesondere Alte und Behinderte, auf den Bürgersteig kommen. Keine Provisorien, sondern durchdachte Lösungen und abgeschlossene Bauausführungen, keine überquellenden, verbogenen und verrosteten Papierkörbe, sondern ansprechende und intakte Behälter aus Holz in verschiedenen Varianten. Die Stadt wirkt so, als wäre die komplette Verwaltung aus der Schweiz oder Schweden übernommen worden. Mal sehen wie der Eindruck morgen bei Licht ist. Sogar eine Kneipe habe ich gefunden. Immer nach dem „EFES“-Schild sehen und dann prüfen ob EG oder OG. Im EG kann man dann Bier, Wein und Raki kaufen. Im OG vielleicht Kneipe. In Ankara gabs Rock, hier moderne Arabesk-Musik. Der Wetterbericht sagt Regen fürs ganze WE. Mal schauen, wie der Weg nach Erzurum wird.
Ich bin nicht der einzige Verrückte, der mit dem Rad in der weiten Welt unterwegs ist. So 30 km hinter Sivas im Nirgendwo haben wir ein Treffen am Mittelstreifen organisiert. Wie aus dem Nichts sah ich plötzlich auf der Gegenspur an der Leitplanke einen Radfahrer. Ich bin dann auch gleich rüber. Martin aus Wien kam von Abu Dabi (über den Iran) und ist auf dem Weg nach Wien. Minimalistisches Gepäck und Liegerad. Nach einer halben Stunde trennten sich die Wege wieder.
Heute Morgen in Sivas hatte ich wieder die Begegnungen der besonderen Art. Drei Dinge wollte ich wissen:
1. Wo ist die Touristinformation
2. Wo bekomme ich einen Stadtplan
3. Wo ist das Archäologische Museum (ein paar Schilder hatte ich schon gesehen)
Das Ergebnis:
Das archäologische Museum habe ich selbständig gefunden, da dies entweder keiner kannte oder nur türkisch (5 Taxifahrer sprachen und verstanden nur türkisch, ein freundlicher Mensch sprach mich an und erzählte, er wohne jetzt in London (zum Museum hätte ich allerdings ca 40.000 km gebraucht), ein anderer Mensch sprach mich an und erzählte, er habe 30 Jahre in München gearbeitet („Soll ich mal den Bürgermeister fragen, dort im Rathaus“, ansonsten sei er hier fremd), die Rezeptionen in 4 Hotels wiesen in die falsche, verstanden nur türkisch oder hatten noch nie was davon gehört). Ich kenne jetzt jede Strasse und Kreuzung der Stadt. Vor dem Kreisverkeht das Schilduseum. Nur wo raus? Nach allen 5 Möglichkeiten (jeweils 1 km) endlich das nächste Schild und dann der nächste Kreisverkehr. Als ich nach dem Kreiskrankenhaus endlich 50 m vor dem Museum war, wies mir ein Taxifahrer dann doch noch die richtige Richtung, allerdings eine völlig falsche Entfernung, obwohl das Gebäude schon sichtbar war. Das Museum war dann ganz gut gemacht, sogar in Englisch, obwohl die Funde hauptsächlich aus Grabungen der Uni Marburg von 1994 bis 2008 stammten. Einen Stadtplan habe ich nicht bekommen und eine Touristinfo gibt es wohl nicht (5 Taxifahrer, 4 Buchhandlungen, 3 Zeitungskioske, 2 Polizisten können sich weder irren noch englisch sprechen noch gestikulieren). Ein so niedriges Bildungsniveau hätte ich hier nicht erwartet. Zumindest eine Fremdsprache müsste doch Voraussetzung für einen Job sein, zumindest im Öffentlichen Dienst, bei Polizei, Militär, Post, Taxi, Hotel und Fremdenverkehr, int. Firmen wie Shell, Vodafone etc. Aber Pustekuchen. Es ist noch ein sehr langer Weg der Türkei nach Europa.
Manchmal wäre es auch schön, wenn Freundlichkeit mit Wissen und Kompetenz verbunden wäre. Für die vielen grüßenden Autos, LKWs, Bauern am Wegrand, Kindern etc. wäre eine dritte Winkehand sehr sinnvoll,
Dann ging der Stress mit dem Vermieter weiter, den Rita nun allein verarbeiten muss.
Das brauchte ich jetzt Mal. Schlemmen. Ich sitze in einem vornehmen Hotel mit Kuchentheke und Café. Richtiger guter Kuchen (nicht Baklawa) und ordentlichen Filterkaffee (nicht Nescafé lauwarm). Warum nicht überall?
Der Bruch könnte nicht größer sein. Gerade wegen Hunger (4. volle Mahlzeit heute) noch einen Döner XXL für 5 TL an der Bude reingeschoben. Und jetzt hier. Der Tag war lang und die Strecke auch bis Sivas. Entfernungsangaben sind in der Regel sehr subjektiv. 122 km bis Sivas können meinen bis zur Stadtgrenze, oder Innenstadt oder sind veraltet. Ein Wechsel ist jederzeit möglich. Immerhin eine grobe Orientierung. Ist doch auch was. Einige der wichtigsten Bauten habe ich schon gesehen. Eine alte schöne Moschee ist zur Kneipe geworden, eine andere wird vom Verkehr umbrandet und jeder kann durch die Fenster reinsehen und die Gläubigen beobachten.
Ansonsten sind um 22 Uhr die meisten Geschäfte noch offen (kaum einer geht zum Gebet um 21.30 oder sonst).
Die beste und größte Pide (türkische Pizza) hatte ich heute Nachmittag in Yildizeli für 10 TL inclusive 1 L Cola. Es lohnt sich, in den kleinen Orten die Hauptstraße zu verlassen und ins Zentrum (Sehir Mercredi) zu fahren. Auch für Hotels.
Morgen steht ein Museum und die Bauten von innen auf dem Programm, dann geht es weiter nach Osten. Hoffentlich mit weniger Regen. Die Temperaturen zwischen 6 und 18 Grad sind fürs Radfahren gut, aber eher ungewöhnlich für die Zeit. So ist das halt mit de Uhl und de Nachtigall.
Schön, dass es (fast) überall Hotels gibt. Denn jetzt gießt es in Strömen. Da ist ein Dach über dem Kopf und eine warme Dusche mehr als nur angenehm. Insgesamt war der Tag trocken und sehr angenehm. Das anatolische Hochland ist sehr wellig, wie der mittlere Westen der USA (Rolling Planes). Sehr grün, aber wenige Bäume oder Wälder. Die Bauern sind fleißig beim Pflügen. Viel später als bei uns. Liegt wohl an der Höhe von 1100 bis1400 m.
Heute morgen fing es mit Regen an, so dass ich meine Ausrüstung brauchte: Plane für hinten und Poncho für mich und Lenkertasche. War aber nur kurz und kam dann am Abend wieder. Vorhin hatte jemand „900 km“ auf die Leitplanke gesprüht. Es ist tatsächlich die Entfernung nach Istanbul.
Morgen geht es weiter Richtung Sivas, der alten Seldschuken-Stadt. Jetzt wird es wohl wieder gebirgig.
Die Hethiter haben wohl gewusst, warum sie ihre Hauptstadt Hatusa genau dort errichtet hatten. Denn nach Süden und Osten sind hohe und steile Berge, über die kein Feind kommen konnte, oder nur mit großem Aufwand. Leider hatte ich das gleiche Problem auf dem Weg nach Osten. So bin ich in Yozgat gelandet, wieder auf der Schnellstraße nach Osten. Wegen Sonntag habe ich ein Café gefunden und Kaffee und Kuchen genossen (türkisch mit gesüßtem Sirup), und dann ein Hotel am Marktplatz gefunden (40 TL, aber einfach). An der Schnellstraße war ein für 256,- $.
Gerade ist ein Regensturm losgebrochen. Da bleibe ich noch in dem Café (nach dem Essen). Der Muezzin ruft gerade sehr laut gegen den Regen. Niemand scheint sich dafür zu interessieren, anders als bei uns, wo aus jeder Moschee der Untergang des Abendlandes konstruiert wird.
Das Hethitermuseum heute morgen war übrigens sehr gut gemacht und wirklich interessant. Die drei Stunden hatten sich wirklich gelohnt. War leider schlecht besucht. Dagegen standen viele Busse vor der Stadtmauer von Hatusa.
Mal sehen, was das Wetter morgen vor hat und wie die Strasse wird. Der nächste Pass wartet schon hinter Yozgat.
Abends wird hier im Hochland von Anatolien noch ganz schön kalt. Tags in der Sonne ist es inzwischen sehr warm.
In Hattusa, der alten Hauptstadt der Hethiter, war ich heute den ganzen Tag. Es ist schon beeindruckend, welch gewaltige Mauern und Gebäude damals errichtet wurden. Hattusa war ungefähr von 2000 bis 1200 Hauptstadt der Hethiter, bis diese aus der Geschichte verschwinden. Kurz vorher, um 1285, hatten sie Ägypten unter Ramsis II. bei Kadesh (Südlibanon), der ehemaligen Grenzstadt, eine schwere Niederlage beigebracht. Nach vielen Jahren des Verhandelns wurde schließlich der erste bekannte Friedensvertrag der Geschichte geschlossen, in ägyptisch und hethitisch in wahrscheinlich zwei Exemplaren. Eine Kopie wird heute bei der UNO aufbewahrt und ausgestellt. Die Hethiter tauchen gegen 2000 vor unserer Zeit auf (eventuell aus der Gegend um den Kaukasus) und waren ein Indoeuropäisches Volk. Sehr viel ist nicht bekannt. Die größte Ausdehnung war zwischen 1600 und 1200 mit Grenzen zu Troja (Handelspartner) im Westen, dem Kaukasus im Norden, Sumer/Assyrien im Osten und Ägypten im Süden. Die alte Hauptstadt war schon beindruckend zu sehen. Allein dafür hat sich die Reise bisher gelohnt.
Gleich geht es ins Zelt. Nach dem Museum geht es dann weiter.
Die erste Woche war das Wetter eher kühl und nass. Fürs radeln nicht schlecht. Auch heute Morgen Regen. Der Wetterbericht sagt ähnliches Wetter in den nächsten Tagen.
Das Fahrrad samt Gepäck ist wirklich schwer, vor allem am Berg. Aber die Übung bringt es.
Nachdem die Küste hinter mir liegt, wird die Landschaft gewaltiger. Hohe Berge ringsherum, Orte wie in den Alpen, überall Neubauten.
Ein Land im Aufbruch. Neben modernster Technik umständliches Hantieren mit viel Personal. Vorgänge sind nicht optimiert und dauern überall lange, bei der Bank oder der Post. Wo Einzelinitiative überwiegt, läuft es besser.
Es war sinnvoll, mit dem Bus aus Ankara rauszufahren. Schon der Weg zum Busbahnhof war eine Katastrophe. Der Busbahnhof ist erheblich größer als Tegel.
Östlich von Ankara wird Anatolien großartig. Rote Tonerde zieht sich lang hin. Am Abend Gewitter und Wetterleuchten im Norden. Nach 60 Kilometer ohne Hotel endlich eins weit hinter Sungurlu. Die Hinweise der freundlichen Menschen hatten eine Genauigkeit von 5% bis 40%. Erstaunlich. Morgen fahre ich nach Hattusa, der alten Hauptstadt der Hethiter. Dazu morgen mehr.