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durch die heiße Wüste nach Bejneu

Hierzu gibt es verschiedene Schreibweisen. Auf jeden Fall eine Wüstenstadt am Ende der Welt. Der Weg eine Zumutung. LKWs nicht wesentlich schneller als ich, alle Kilometer ein oder zwei liegengebliebene LKW. So hatte auch ich zwei Pannen: ein laut zerplatzender Vorderreifen und ein platter Hinterreifen im Abstand von 10 km. Zum Glück hatte ich beides in Reserve. 
Die Absteige war das Geld nicht wert (4€) ohne Wasser mit Plumpsklo 100 m weiter. Wegen der Hunde war mir Zelt zu unsicher.
Dafür kam ich 7.30 Uhr los. Dann gab es keinen der eingezeichneten Orte. Zum essen habe ich immer genug dabei, so dass ich gegen 10 Uhr bei schon 35 Grad gemütlich am Wegrand speiste. Gegen 12 konnte ich meine Wasservorräte ergänzen, aber nichts essen. Die Strasse war wieder zur Katastrophe geworden. Wenn gebastelt  wird, dann mit 3 Lagen Asphalt und Unterbau. Kanalisation und Durchflüsse fehlen immer. Fällt erst nach dem Asphalt auf. Dann alles aufreißen, Rohre verlegen und betonieren. Pause. Wird irgendwer in den nächsten Jahren schon machen. Erdhügel zur Sicherheit reicht (nicht fürs Fahrrad, so kann ich die Schnellstraße nutzen und die Lkws überholen, die durch die Löcher fahren und kilometerlange Staubfahnen  verursachen. Zuständigkeit? Verantwortlichkeit? Fremdwörter. 
20 km 3-lagiger Asphalt, 40 km Flussbett. Manchmal stehen 100 oder mehr Baufahrzeuge herum und die Bauleute grüssen freundlich oder nicht. Arbeiten wäre zur Abwechslung ja auch ganz gut. So quälen sich alle über diese Ruinen. Aber Prunkpaläste in Astana.
Kurz vor Bejneu wird die Strasse besser. Geht doch. Dann dunkle Wolken und Gewitter in der Wüste. Der Regenschauer ist dann ganz angenehm. Nach 192 km bin ich dann endlich in Bejneu. Es gibt ein Hotel, jedoch Klo und Dusche im Erdgeschoss, wieder keine Alternative. Also erst Sattelaschen, dann die Schuhe, dann die Klamotten der letzten  drei Tage in der Wüste gewaschen und dann endlich selbst unter der Dusche. Herrlich. Und dann essen gehen. Die Stadt hat zwei Ampeln, viele Geschäfte mit gleichen Artikeln, einige Döner und co, aber nichts richtiges zum essen. Beim besten Laden ist der Service eine Katastrophe. Geht auch ohne, wie Wüste ohne Wasser und Strasse ohne Asphalt. 
Religion, Nomadengesellschaft unter freiem Himmel unter Ausschluss der Frauen, Diktator als Präsident, Staatsprunk, fehlende Verantwortlichkeit, mangelhafter Service, aber Handy bei Jedem und SUV Normalwagen: Dieses Land wird noch lange brauchen, um zumindest das Mittelalter Europas zu erreichen. Der Reichtum vom Öl übertüncht nur alles.
Eigentlich schade, denn das Land ist wirklich schön und die Wüste hat ihre ganz besonderen Reize an Farben, Felsen, Schluchten, eine Vielfalt an Tieren (Erdmännchen auf der Strasse, Schildkröten, Leguane, Ammern etc.). Die Menschen sind offen und freundlich, was steckt aber hinter der Fassade?
Morgen geht es dann Richtung Chiwa nach Usbekistan. 3.300 km sind es inzwischen. Der spannendste Teil kommt noch. Ich bin offen und lass mich gern überraschen.

Strafe für den Präsidenten: Er soll seine Straßen mal selbst befahren!

Bis zur Teepause, als ich meinen letzten Bericht schrieb, lief alles ganz gut. War nur sehr heiß (frieren brauchte  ich heute nicht). Doch kaum war ich 100 m gefahren, hörte der Strassenbelag auf. Die nächsten 45 km waren Folter. Schlaglöcher und Spurrinnen von 1 m Tiefe, LKW-Spuren in Beton gegossen, sehr grober Schotter mit Flugstaub gemischt. Die LKW waren auch nicht schneller, wirbelten aber kilometerlange Staubfahnen auf (deshalb tragen wohl alle Handwerker und Straßenarbeiter staubdichte Gesichtsverkleidungen). Und dann ging es noch von 0 auf 290 m steil hoch. Bis zum nächsten Ort waren es noch 60 km (beide Richtungen). Bei nur 10 km/h ein langwieriges und anstrengendes Unterfangen. Als die Sonne unterging, waren es noch 20 km. Zum Glück wurde der Belag plötzlich besser und es ging mit 22 km/h weiter (mit Licht). In Otis an der Strasse ein Café. Suppe und Cola. Und dann war fast nebenan noch eine Pension. Die einzige bis Bejneu. Na gut. Ohne Wasser und Plumpsklo im Hof. Morgen muss es aber ein Hotel sein.
Ansonsten war die Fahrt durch die Wüste angenehm und interessant durch die vielen Farben, die Berge und Höhen und den ständigen Wind. Nur auf Strassen wie Flussbetten kann ich verzichten. Es wird zwar manchmal gebaut, aber sehr langsam und chaotisch. Das Geld des Staates ist in die neue Prunkhauptstadt Astana zur Ehre des Präsidenten geflossen. Zur Strafe müsste dieser seine kaputten Strassen täglich selbst befahren.

im Familienbett schlafen

Wie jedes Klischee aus dem Western: verlassene Häuser, Wind, Staub, schwingende Türen, karge Landschaft, weiße Berge, Wolken, Eisenbahn in der Ferne, Telegraphenmasten. Im Schatten der verlassenen Kneipe mache ich Teepause. Wegen der Hitze von ca. 35 Grad + etwas länger. Durch den Wind geht es.
Also gestern bin ich erst nach 12 Uhr losgekommen, verschlafen, Frühstück, Geld wechseln, einkaufen. Keine Schilder, keine Karte. Wie also aus der Stadt? Handy und Navi in Kombination bieten Anhaltspunkte. Dann endlich eine Tankstelle mit Karte. Der aktuelle Weg durch Kasachstan nach Bejneu sieht dann doch ganz anders aus. Google Earth wirkt als käme es aus der Zeit der Sputniks (alte russische Namen, falsche Strassen wegen Klassenfeind) und das Navi von Garmin wirkt, aber nicht erst hier, als wären die Karten noch aus römischer Zeit, aber AD. So fahre ich nach Navi quer durch die Wüste, weit weg von jeder Landstraße.
Aber mit der Landkarte bin ich gut unterwegs. Die ersten Kilometer gegen den Wind nach Nord. Ich könnte Rainman spielen: es regnete in der Wüste, sogar mit Gewitter am Horizont. Dann nach Ost mit lauem Lüftchen, weniger Autos, aber schlechte Strasse. Am Abend wollte ich mein Zelt aufbauen und fragte deshalb in einem Laden an der Strasse, ob ich mein Zelt nebenan aufbauen könnte. Die ältere Frau verstand gar nichts, telefonierte aber gleich. Kurz darauf erschienen junge Leute mit zwei Autos, denen ich dann erklärte, was ich wolle. Hier zu zelten sei zu gefährlich, ich solle doch mit zu denen kommen. Also über Holperpiste hinterher und nach 100 m stand ich dann im Hof. Ein großes Bett stand im Hof, auf dem die Familie saß. Hier könne ich auch übernachten. Ein Abendmal wurde zubereitet und ich unterhielt mich mit den Kindern, so gut es ging. Meine Kekse haben wir dann geteilt, gegen Cola hatten die Eltern was. Später kam der Großvater hinzu und dann beim Essen die Großmutter, die aus dem Laden. Ich bekam einen eigenen Teller und sogar eine Gabel. Der Rest der Familie aß mit Fingern von einem gemeinsamen Teller. Es gab Lammfleisch auf breiten Nudeln mit Kartoffel. Der Großvater, als Oberhaupt, bekam den ganzen Lammkopf. Ich war nur froh, dass ich davon nicht irgendwelche „Leckereien“ bekam. Dazu gab es Kamelmilch in großen Schalen. Als das Essen beendet war, wurde mit angehobenen Händen gebetet und gegen Mekka verneigt. Inzwischen war es weit nach elf und ich wollte zu Bett. Gleich neben meinem Rad bekam ich den Platz auf dem Familienbett. Meinen Schlafsack nahm ich jedoch. Zuerst war er zu warm, gegen morgen ok. Die Kinder waren noch eine Weile wach und laut; Vater und Großvater kamen dann auch auf die Liege im Freien. Ein paar Wolken waren am Himmel und der Große Bär schien das Dach zu berühren. Irgendwann bin ich dann eingeschlafen, war ein paar Mal wach, und wurde durch Maurer von der Baustelle gegen sieben dann endgültig wach. Die Toilette war ein kleines Häuschen hinter dem Haus – neben dem Kamelgehege -; das Badezimmer war sehr groß, ausgerüstet mit einem Eimer mit Wasserhahn oben und einem unten. Das Wasser kam aus einem nahe gelegenen Brunnen. 
Nach dem Waschen, Zähneputzen und einer Tasse Tee mit viel Milch ging es dann um 8 Uhr los. Ein Familienfoto habe ich noch gemacht. Mit etwas Englisch, Russisch, Händen und Gebärden ging eine einfache Kommunikation.
Heute geht es dann weiter durch die (Halb-) Wüste Richtung Bejneu.