Wie jedes Klischee aus dem Western: verlassene Häuser, Wind, Staub, schwingende Türen, karge Landschaft, weiße Berge, Wolken, Eisenbahn in der Ferne, Telegraphenmasten. Im Schatten der verlassenen Kneipe mache ich Teepause. Wegen der Hitze von ca. 35 Grad + etwas länger. Durch den Wind geht es.
Also gestern bin ich erst nach 12 Uhr losgekommen, verschlafen, Frühstück, Geld wechseln, einkaufen. Keine Schilder, keine Karte. Wie also aus der Stadt? Handy und Navi in Kombination bieten Anhaltspunkte. Dann endlich eine Tankstelle mit Karte. Der aktuelle Weg durch Kasachstan nach Bejneu sieht dann doch ganz anders aus. Google Earth wirkt als käme es aus der Zeit der Sputniks (alte russische Namen, falsche Strassen wegen Klassenfeind) und das Navi von Garmin wirkt, aber nicht erst hier, als wären die Karten noch aus römischer Zeit, aber AD. So fahre ich nach Navi quer durch die Wüste, weit weg von jeder Landstraße.
Aber mit der Landkarte bin ich gut unterwegs. Die ersten Kilometer gegen den Wind nach Nord. Ich könnte Rainman spielen: es regnete in der Wüste, sogar mit Gewitter am Horizont. Dann nach Ost mit lauem Lüftchen, weniger Autos, aber schlechte Strasse. Am Abend wollte ich mein Zelt aufbauen und fragte deshalb in einem Laden an der Strasse, ob ich mein Zelt nebenan aufbauen könnte. Die ältere Frau verstand gar nichts, telefonierte aber gleich. Kurz darauf erschienen junge Leute mit zwei Autos, denen ich dann erklärte, was ich wolle. Hier zu zelten sei zu gefährlich, ich solle doch mit zu denen kommen. Also über Holperpiste hinterher und nach 100 m stand ich dann im Hof. Ein großes Bett stand im Hof, auf dem die Familie saß. Hier könne ich auch übernachten. Ein Abendmal wurde zubereitet und ich unterhielt mich mit den Kindern, so gut es ging. Meine Kekse haben wir dann geteilt, gegen Cola hatten die Eltern was. Später kam der Großvater hinzu und dann beim Essen die Großmutter, die aus dem Laden. Ich bekam einen eigenen Teller und sogar eine Gabel. Der Rest der Familie aß mit Fingern von einem gemeinsamen Teller. Es gab Lammfleisch auf breiten Nudeln mit Kartoffel. Der Großvater, als Oberhaupt, bekam den ganzen Lammkopf. Ich war nur froh, dass ich davon nicht irgendwelche „Leckereien“ bekam. Dazu gab es Kamelmilch in großen Schalen. Als das Essen beendet war, wurde mit angehobenen Händen gebetet und gegen Mekka verneigt. Inzwischen war es weit nach elf und ich wollte zu Bett. Gleich neben meinem Rad bekam ich den Platz auf dem Familienbett. Meinen Schlafsack nahm ich jedoch. Zuerst war er zu warm, gegen morgen ok. Die Kinder waren noch eine Weile wach und laut; Vater und Großvater kamen dann auch auf die Liege im Freien. Ein paar Wolken waren am Himmel und der Große Bär schien das Dach zu berühren. Irgendwann bin ich dann eingeschlafen, war ein paar Mal wach, und wurde durch Maurer von der Baustelle gegen sieben dann endgültig wach. Die Toilette war ein kleines Häuschen hinter dem Haus – neben dem Kamelgehege -; das Badezimmer war sehr groß, ausgerüstet mit einem Eimer mit Wasserhahn oben und einem unten. Das Wasser kam aus einem nahe gelegenen Brunnen.
Nach dem Waschen, Zähneputzen und einer Tasse Tee mit viel Milch ging es dann um 8 Uhr los. Ein Familienfoto habe ich noch gemacht. Mit etwas Englisch, Russisch, Händen und Gebärden ging eine einfache Kommunikation.
Heute geht es dann weiter durch die (Halb-) Wüste Richtung Bejneu.
im Familienbett schlafen
26. Mai 2014Aserbaidschan, Bejneu
Eine schöne Geschichte. Bin sehr auf Deine Bilder gespannt!
Wie ist denn Deine genaue Route durch Kasachstan geplant?
Gruß,
Martin