Karalpackstan

Abschied von den schönen Frauen in Usbekistan

Die letzte Nacht in Uzbekistan. Morgen geht es nach Osh in Kirgistan. Da ist es klar, das Land und die Zeit im Land Revue passieren zu lassen. Am 29.5. bin ich abends in Land gekommen und fand ein Quartier hinter der Grenze, Massenunterkunft in der Wüste von Karalpakstan. Wodka cto gram für nix, Essen sehr einfach, Schlafsack auf dem Boden, wie die Heringe. Heute Nobelhotel mit Restaurant, das dann zur Disko wurde, mit Bauchtanz zu Elektopopp mit Anklängen an Kraftwerk und Underground. War wohl ein Erfolgstripp für Jungmanager. Viele Businessmen aus  China im Hotel.
In der Wüste bin ich ins Land gekommen. Heute durch Obstplantagen, Gemüseanbau, Baumwollfelder und überall Blumen an den Strassen und vor den Häusern. Die Märkte sind riesig und quellen über mit den Produkten des Landes, auch Seide, Leder etc. Nebenan die Fabrik von GM und nicht weit das Werk von MAN.
Dieses Gebiet scheint reich zu sein. Dazwischen die von Kultur überbordenden Oasen und Städte und die Prunkresidenz vom Diktator Karimow, kaputte Strassen, sehr freundliche und hilfsbereite Menschen. Ein liebenswertes Land, neugierige Menschen, Fremden gegenüber sehr aufgeschlossen. Ein junges Land, erst seit 1991 existent, aber mit uralter Tradition und Hochkulturen, als Europa noch auf die Römer wartete.
Aber jetzt verlasse ich auch einen Kulturraum. Hier endete das Reich von Alexander dem Großen, von hier stammte seine Lieblingsfrau (die Frauen hier erscheinen sehr selbstbewusst, haben eine große Ausstrahlung und viele sind schön wie Nofretete). Die Perser-, Parther- und Araberreiche endeten auch hier. Danach kommt China, wohl eine ganz andere Kultur. Ich bin gespannt.
Über alle Grenzen hinweg besteht seit Jahrtausenden die Seidenstraße, der wirtschaftliche und kulturelle Austausch zwischen den Kulturen und Welten. Schon die Kelten (reimt sich) lebten nicht nur in Irland, sondern auch in der Taklamakan (irische und persische Namen sind sehr ähnlich, wie bei meinem Enkel Silas), wie neuste Funde vermuten lassen. Und die Statuen der Griechen fanden ihren Weg zu Quin Shin Huangdi, dem 1. Kaiser Chinas. In die andere Richtung kamen Seide, Papier und Buchdruck. Ich hoffe, das älteste Buch der Welt von ca. 900 sehen zu können.
So, ab morgen geht es dann über das Tiensha-Genirge in die andere Welt. Dauert aber ein paar Tage.

Chiwa: ein bewohntes Freilichtmuseum wie ein Märchen aus 1001 Nacht …

Tatsächlich, ich bin in Chiwa gegen 18 Uhr angekommen, genau eine Woche nach der Ankunft in Aktau. Heute aber kein Besichtigungsprogramm mehr, sondern nur ein Bummel und dann ein Café mit richtigem Kaffee, dazu 1,5 l Cola (war am Nachmittag richtig heiß gewesen, da geht dann schon mal was rein, können auch 8 l Wasser etc am Tag sein). Die Stadt war voll (Sonntag und Tag des Kindes) mit Souvenirläden von Anfang bis Ende. Nach dem Kaffee konnte ich meine restlichen Tenge (25.000) gegen SUM (300.000) umtauschen (etwa 100 €). Für 45.000 SUM fand ich ein kleines Hotel, einfach, aber mit Dusche. Da merkte ich erst meinen Sonnenbrand. Seit einer Woche brauche ich eigentlich keine Sonnencreme mehr. Für ein gutes Essen musste ich mich dann aber beeilen, wegen Erfahrung. Nach oben offenes Obergeschoss, letzter und dann einziger Gast. Aber alles wie aus dem Märchen von 1001 Nacht (oder war es doch Ali Baba?). Der Plow schmeckte sehr gut (wie Gulasch mit Reis). Die Stadt ist ein bewohntes Freilichtmuseum. Als einziger Gast dann mit der Kulisse und zwei Kellnern nur für dich ist es wie im Märchen. Nur die Sterne waren blass.
Das war in der Wüste natürlich ganz anders gewesen. Die Milchstraße erdrückt dich fast und die Schlange zwischen den Wagen ist deutlich zu sehen, natürlich auch Kassiopeia, der Schütze und Bootes. War schön heute Nacht um drei auf der Liege (2,5 x 3,0 m) und meinen beiden Wachhunden. Die Nähe von Menschen ist in der Wüste oder Steppe wichtig. Gastfreundschaft ist einer der Pfeiler dieser Gesellschaften und Kulturen und schützt gegen wilde Tiere und Überfall von Menschen. So war das Familienbett vor der Kneipe genau richtig: Nähe und Schutz, Abstand und Freiraum. Auf Schlangen und Wölfe kann ich gut verzichten, weil ich kein Trapper bin. 
Der Sturm nahm in der Nacht noch zu, so 7 – 8 Bft. Da war ich in meinem warmen Schlafsack gut aufgehoben, zumal die Temperaturen nachts deutlich zurück gehen. Selbst hier in der Stadt habe ich vorhin gefroren. 
Die Sonne stand schon hoch, als ich gegen 7 wach wurde. Vor 8 war ich schon wieder auf der Strasse. Gegensturm bis zum nächsten Stassenknick in 500 m. Dann ein Kafe mit Spiegelei zum Frühstück. Es ist immer noch bitterkalt um 11 Uhr, so dass ich ein Unterhemd brauche, auch wegen Nierchen und Verspannungen im Rücken. Auf Hals, Nacken und Hintern muss ich sowieso auf dem Rad immer achten.
In Urgansch die nächste Mahlzeit und dann die Suche zur Strasse nach CHIWA. Warum können die Usbeken keine Schilder aufstellen und Straßennamen anbringen? Ein Feind, der dieses Land erobern will, hat es nicht leicht, weil die Mongolen  seinerzeit wahrscheinlich alle Schilder haben mitgehen lassen und die Zeit bisher nicht gereicht hat (oder war es Alexander der Große? War ja bis ins Ferganatal, aber nicht mehr über den Pass bis Kashgar genommen. Kann ich mir gut vorstellen, wie er da unten vor Wut geschrien und mit den Füßen getrampelt hat).
Schließlich hab ich den Weg dann doch gefunden (zur Belohnung steht am Ortsausgang dann ein Schild mit der Entfernung und Strassenführung bis Chiwa oder anderswo). Von Urgansch bis Chiwa verläuft eine vierspurige Schnellstraße immer gerade aus mit einem Belag aus der Zeit von Timur Lenk oder Tamerlan. Alexander hatte ja schon die Schilder mitgehen lassen.
Nur die ersten 4 Stunden waren nervig, dann ging es. 

Museum Sawatzki

Wenn man davor steht, ist es nicht mehr weit. Da es hier keine Verkehrsschilder, Straßennamen oder Hinweisschilder gibt, ist die Suche manchmal beschwerlich, vor allem, wenn fast niemand das Museum Sawitzki kennt oder weiß, wo es liegt. Als ich schließlich vor einer Baustelle mit selbigem Namen stehe, erklären mir die Bauarbeiter, dass ich um die Ecke gehen müsse, um zum Museum zu kommen. Dann war es auch nicht mehr schwer zu finden, zumal viele Schulklassen sich zum Besuch aufstellten. Denn neben den klassischen Stücken jedes Heimatmuseums, hier der autonomen Republik Karalpackstan, beherbergt dieses Museum die bedeutendste Sammlung an Werken der russischen Avantgarde der 20er und 30er Jahre und die weltweit 2.-größte (nach St. Petersburg). Darunter über 1.000 Werke von Rudko, Popova, Mukhina und über 100 anderen. Für einen Tag einfach zu viel. Wer rechnet schon mit einem solchen Museum am Ende der Welt in der Region Aralsee, oder Karalpackstan. Diese Region mit der Oasenstadt Chiwa war schon immer eigenständig, obwohl nahe an Buchara und Samarkand. Der Gründer des Museums, Igor Sawitzki aus Kiew, wohnte hier und zog viele Avantgarde-Künstler hierher und vor allem nach Chiwa. So habe ich einem ersten Eindruck von der Stadt bekommen. Ich bin gespannt.
Daher bin ich erst gegen 13 Uhr losgekommen. Im Museumscafe hatte ich noch zwei ältere Damen aus Köln getroffen, die sich eine Reise durch Usbekistan haben zusammen stellen lassen, einschließlich Fahrer und Auto. So geht es auch, aber man erfährt und sieht nicht so viel.
Bei meistens schlechten Strassen und viel Gegenwind ging es nicht so recht voran. Es gibt nur weniges, dass mich so nervt wie Gegenwind. Meistens dann auch als Sturm, weil es sonst nicht so auffällt. So bin ich nicht weit gekommen und schlafe neben einem Kafe im Freien. So ist das halt in der Wüste, wenn keine Orte da sind. Morgen will ich versuchen, nach Chiwa zu kommen.

mit dem Taxi nach Koundra … und dann die Welt umarmt

Am Ende ein schöner Tag, mit vielen Höhen und Tiefen. Trotz der Massenunterkunft (wie die Heringe) hatte ich gut geschlafen und war schon um 7.10 auf dem Rad (morgens gibt es dort nichts), die LKWs machten sich auf den Weg und viele Leute warteten auf Fahrgelegenheiten. Ich hatte den Gegensturm zum Freund (aber nicht zu meiner Freude) und kam kaum voran bei einer einsamen Wüste von 300 km, mit wilden Tieren und wohl nur einer Raststelle in der Mitte, vor mir. Der einzige Ort nach der Grenze, Karakapakia, nach Karte wahrscheinlich mit Bahnhof, sollte nach 2 Stunden Kampf gegen den Wind (immerhin 18 km) meine Erlösung werden. Nach viel Kauderwelsch war klar, es gibt heute oder morgen Züge am Bahnhof. Der halbe Ort war mit beschäftigt. In der Halle hing sogar ein Fahrplan: mein Zug nach Koundra fährt morgen früh um 5.45, wenn es denn ein Ticket gibt, was hier nicht so üblich ist, wie ich später erfuhr.
Da taucht ein Taxifahrer auf, der bereit ist, mich sofort nach Koundra hinter der Wüste zu bringen. Auf 100$ haben wir uns schnell geeinigt. Für ihn sehr viel, für mich überschaubar und ohne den Kampf gegen die Wüste, den Wind und die Strasse. Nach gut drei Stunden Fahrt und einer halben Stunde beladen des Kleinwagens mit meinem Fahrrad samt 5 Taschen und 3 Campingteilen bin ich um 13 Uhr in Koundra und kann endlich mal was essen. Schon sehen die Mäglichkeiten und Perspektiven ganz anders aus: der Wind hat nachgelassen und etwas gedreht, die Strassen sind besser, überall Grün und Bäume und nur noch 100 km bis Nukus, wo immer das liegt (ist aber die Hauptstadt von Karalpackstan). Wegen Fehlern auf der Landkarte werden es dann doch 120 km. Keine Wüste mehr, es geht voran: sofort wird meine Laune besser und ich könnte die Welt umarmen. Endlich dann gegen 21 Ihr auch ein Hotel gefunden (war mit 40 € deutlich teurer als das Massenquartier, aber viel Komfort und vor allem eine Dusche: In der Wüste gibt es höchstens einen tröpfelnden Wasserhahn (besser als nichts, vor allem vor dem Essen). So war alles gut und in bester Ordnung, bis ich herausfand, dass alles um 22 Uhr schließt. Bisher völlig undenkbar,eigentlich alles bis mindesten 24 Uhr offen. So durfte ich mir ein Süppchen kochen und Oliven, Brot und Schafskäse dazu essen. Neulich im Supermarkt habe ich mich schon besorgt gefragt, warum ich eigentlich Suppen mitgenommen habe, wo ich Maggisuppen  doch in jedem Supermarkt bekomme. Neulich hatte ich Kekse aus Deutschland und Bananen aus Equador gibt es überall, wobei hier 4 Bananen teurer sind als eine Flasche guten Wodka (Taschkent Vino, kein Witz, steht drauf). Dann war ich doch genervt (sehr, da hungrig), so dass der Bericht ausfallen musste.