Amurdaja

Wüste bei Oizit‘ Rava

Ja, Herr Ober, so geht es.
Kleines Kafe am Straßenrand (Kafe ist wie Kafenion in Griechenland, Kneipe und Restaurant, Treffpunkt, Guesthouse). Strohdach, Bäume, warmer Wind. Sonnenuntergang, nette Menschen, aber nicht aufdringlich, leckerer Salat aus reifen Tomaten, Tee und Wodka. So geht es.
Das Mittagessen war ein Traum: Frischer Fisch aus dem Amudarja, der auf der Zunge zerging, bis zum Abwinken, Grüner Tee, Apfelsaft, köstliche Soße. Nur die Zubereitung war nicht der Hit (Hammel am Spieß aus der Steppe). Da habe ich gerne für eine Stunde pausiert und 21.500 SUM bezahlt (6 €).
Heute morgen habe ich ja glatt verschlafen. Den Sonnenaufgang um 6 Uhr hab ich noch erlebt. Umgedreht im warmen Schlafsack, Ohren zu wegen LKWs, um 8.30 aufgewacht. Ein kleines Frühstück und um 9.30 auf dem Sattel. Noch 30 km Gegenwind bis zur Straßenbiegung (8 – 10 km/h), dann halben Wind (nicht immer hielt sich der Wind an den Wetterbericht, aber immerhin). Insgesamt heute 120 km durch die Wüste, aber immer in der Nähe vom Amudarja (ist ja wie der Nil in Ägypten). 
Wenn ich jetzt müde bin, brauche ich nur meinen Schlafsack auf meinem Sitztisch ausrollen und mich hinlegen. So einfach ist das hier in der Wüste. Wer da sein Zelt hinter einem Hügel aufbauen will, hat weder die Natur verstanden noch die Menschen. Und bekommt dann zur Strafe weder köstlichen Salat noch Suppe.
Nachtrag zu LKWs: In der Türkei kam jeder 2. LKW aus Deutschland, erkennbar an der Aufschrift. Die anderen waren neu und meistens auch aus Deutschland. In Georgien ähnlich, nur war das Baujahr älter (erst Griechenland, dann Georgien), einige schrottreife Kamaz, moderne türkische LKWs (Made in Germany o.ä.). In Azerbaidschan wurde der Anteil an Kamaz, auch neue, größer. In Kasachstan war der Anteil deutscher LKWs deutlich niedriger, eigentlich nur noch für Langstrecke. Dafür tauchen ganz andere Fahrzeuge auf: Shakman, Stella andere. Nagelneue Schwerlast-LKWs der Baustellen, manchmal in riesigen Kolonnen. Von den Schriftzeichen abgesehen, sehen diese LKWs aus, als hätte jemand einen Mercedes, MAN, Renault oder Volvo in den Kopierer gelegt. Zumindest im Design hätten die Chinesen ja etwas Phantasie an den Tag legen können. 
Auf dem Weg zur usbekischen Grenze dann Kolonnen an LKWs, beladen mit Pkws, platzsparend, auch ineinander gestapelt, verstaut, jeder LKW einen anderen schleppend. Eine traurige Kolonne an Fahrzeugen, die in den 80ern ihre TÜV-Zulassung verloren hatten (die Firmenwerbung war natürlich noch überall drauf). Auch hier jede Menge Shakman, aber jedes Alter und jede Baureihe SU. Nur auf der Langstrecke MAN und Mercedes.

Wüste bei Oal‘ Alaw: Wir wollen alles, mindestens, aber sofort!

Die Kizilkumwüste hat mich wieder. Nach Buchara noch 340 km. Von Chiwa ging es entlang der Fluss- und Kanallandschaft nach Ost. Überall Felder, Bäume. Alles ist grün, dicht bewohnt. Den Sieg des Sozialismus in der Landwirtschaft kann man allenthalben an den Dreiradtraktoren bewundern (einen Reifen gespart). Beachtlich, dass die noch heute fahren, macht jedoch deutlich, wie rückständig dies Land und seine Wirtschaft ist. Auf den kleineren Strassen ist mir heute verwundert aufgefallen, das nicht Wasser, wie auf dem Tourirouten, sondern Benzin in Flaschen zu 1,5 oder 5 l verkauft wird (steht überall vor den Häusern). Die meisten Autos fahren mit Gas, auch viele LKWs und Transporter, erkennbar an den riesigen Flaschen auf dem Dach oder der Ladefläche. Aber auch bei Gas scheint es Engpässe zu geben, da an den geöffneten Tankstellen häufig lange Schlangen stehen (Methan, Propan, Butan: natürlich in Kyrillisch).

Irgendwann ging es dann über den Amudarja, besser das fast leere Flussbett, auf einer historischen Brücke für Zug und Autos, gut bewacht, weil strategisch wichtig: Aufnahme der Personalien, vor allem von terrorverdächtigen Ausländern mit Fahrrad; völlig falsche Darstellung der Brücke in der Karte; kaputte Strassen auf beiden Seiten, damit keiner schneller als 5 km/h fährt; riesige Umwege wegen neuer Kanäle, hierfür fehlen noch die Brücken.

Die Abkürzung über eine Baustelle war deutlich kürzer, aber nicht einfacher. Sie führte aber zu vielen Kontakten mit den Bauarbeitern. Kurz vor Sonnenuntergang war ich dann endlich auf der Schnellstraße nach Buchara. Damit ging dann der Tag gegen den Wind (4-5 Bft) zu Ende, und ich kam mit halbem Wind auf der nagelneuen Betonpiste eine Stunde voran. Dann kam eine Raststätte und nichts ging mehr. Suppe, Brot, ein Bier: und schon schlief ich unter der Veranda ein. Licht und LKWs störten nicht. Ist halt Wüste ohne Wasser. Plumpsklo, Strasse, sonst nichts, auch kein Telefon und Internet. So bin ich nicht allein, dafür aber sicher. Alles geht eben nicht. Fiel mir doch neulich unser alter Spontispruch ein: Wir wollen alles, mindestens, aber sofort.