Sivas

dritte Winkehand in Sivas gewünscht

Ich bin nicht der einzige Verrückte, der mit dem Rad in der weiten Welt unterwegs ist. So 30 km hinter Sivas im Nirgendwo haben wir ein Treffen am Mittelstreifen organisiert. Wie aus dem Nichts sah ich plötzlich auf der Gegenspur an der Leitplanke einen Radfahrer. Ich bin dann auch gleich rüber. Martin aus Wien kam von Abu Dabi (über den Iran) und ist auf dem Weg nach Wien. Minimalistisches Gepäck und Liegerad. Nach einer halben Stunde trennten sich die Wege wieder.
Heute Morgen in Sivas hatte ich wieder die Begegnungen der besonderen Art. Drei Dinge wollte ich wissen:
1. Wo ist die Touristinformation
2. Wo bekomme ich einen Stadtplan
3. Wo ist das Archäologische Museum (ein paar Schilder hatte ich schon gesehen)
Das Ergebnis:
Das archäologische Museum habe ich selbständig gefunden, da dies entweder keiner kannte oder nur türkisch  (5 Taxifahrer sprachen und verstanden nur türkisch, ein freundlicher Mensch sprach mich an und erzählte, er wohne jetzt in London (zum Museum hätte ich allerdings ca 40.000 km gebraucht), ein anderer Mensch sprach mich an und erzählte, er habe 30 Jahre in München gearbeitet („Soll ich mal den Bürgermeister fragen, dort im Rathaus“, ansonsten sei er hier fremd), die Rezeptionen in 4 Hotels wiesen in die falsche, verstanden nur türkisch oder hatten noch nie was davon gehört). Ich kenne jetzt jede Strasse und Kreuzung der Stadt. Vor dem Kreisverkeht das Schilduseum. Nur wo raus? Nach allen 5 Möglichkeiten (jeweils 1 km) endlich das nächste Schild und dann der nächste Kreisverkehr. Als ich nach dem Kreiskrankenhaus endlich 50 m vor dem Museum war, wies mir ein Taxifahrer dann doch noch die richtige Richtung, allerdings eine völlig falsche Entfernung, obwohl das Gebäude schon sichtbar war. Das Museum war dann ganz gut gemacht, sogar in Englisch, obwohl die Funde hauptsächlich aus Grabungen der Uni Marburg von 1994 bis 2008 stammten. Einen Stadtplan habe ich nicht bekommen und eine Touristinfo gibt es wohl nicht (5 Taxifahrer, 4 Buchhandlungen, 3 Zeitungskioske, 2 Polizisten können sich weder irren noch englisch sprechen noch gestikulieren). Ein so niedriges Bildungsniveau hätte ich hier nicht erwartet. Zumindest eine Fremdsprache müsste doch Voraussetzung für einen Job sein, zumindest im Öffentlichen Dienst, bei Polizei, Militär, Post, Taxi, Hotel und Fremdenverkehr, int. Firmen wie Shell, Vodafone etc. Aber Pustekuchen. Es ist noch ein sehr langer Weg der Türkei nach Europa.
Manchmal wäre es auch schön, wenn Freundlichkeit mit Wissen und Kompetenz verbunden wäre. Für die vielen grüßenden Autos, LKWs, Bauern am Wegrand, Kindern etc. wäre eine dritte Winkehand sehr sinnvoll,
Dann ging der  Stress mit dem Vermieter weiter, den Rita nun allein verarbeiten muss.

Luxus in Sivas

Das brauchte ich jetzt Mal. Schlemmen. Ich sitze in einem vornehmen Hotel mit Kuchentheke und Café. Richtiger guter Kuchen (nicht Baklawa) und ordentlichen Filterkaffee (nicht Nescafé lauwarm). Warum nicht überall?
Der Bruch könnte nicht größer sein. Gerade wegen Hunger (4. volle Mahlzeit heute) noch einen Döner XXL für 5 TL an der Bude reingeschoben. Und jetzt hier. Der Tag war lang und die Strecke auch bis Sivas. Entfernungsangaben sind in der Regel sehr subjektiv. 122 km bis Sivas können meinen bis zur Stadtgrenze, oder Innenstadt oder sind veraltet. Ein Wechsel ist jederzeit möglich. Immerhin eine grobe Orientierung. Ist doch auch was. Einige der wichtigsten Bauten habe ich schon gesehen. Eine alte schöne Moschee ist zur Kneipe geworden, eine andere wird vom Verkehr umbrandet und jeder kann durch die Fenster reinsehen und die Gläubigen beobachten.
Ansonsten sind um 22 Uhr die meisten Geschäfte noch offen (kaum einer geht zum Gebet um 21.30 oder sonst).
Die beste und größte Pide (türkische Pizza) hatte ich heute Nachmittag in Yildizeli für 10 TL inclusive 1 L Cola. Es  lohnt sich, in den kleinen Orten die Hauptstraße zu verlassen und ins Zentrum (Sehir Mercredi) zu fahren. Auch für Hotels.
Morgen steht ein Museum und die Bauten von innen auf dem Programm, dann geht es weiter nach Osten. Hoffentlich mit weniger Regen. Die Temperaturen zwischen 6 und 18 Grad sind fürs Radfahren gut, aber eher ungewöhnlich für die Zeit. So ist das halt mit de Uhl und de Nachtigall.