Xian

Der schlimmste Tourentag war heute!

Heute war der schlimmste Fahrrad-Tag der Tour. Gleich hinter Daxian, nach Navi und als Pfadfinder, gab es eine neue Autobahn, aber nicht für Fahrräder, und eine 30 km lange Baustelle auf der 210 mit 5 cm Schlamm überall, grobem und feinem Schotter, steilen Wegen hoch und runter, Feldbrocken und Schlaglöchern. Bei einem machte der Vorderreifen nicht mehr mit. Also Rad flicken in der schlammigen .Steinwüste. Es gibt hierfür angenehmere Orte. Aber dort passiert ja nix. Mit fachkundiger Unterstützung von 40 Bauarbeitern ging dann alles ziemlich schnell.
Nur die Stein- und Schlammwüste war zum Verzweifeln: schieben, langsam, Fußgängertempo. In der nächsten Stadt war Schluss: Dazhu.
Heute wieder alles gewaschen. War aber nicht ganz so schwarz wie in Xian. Hier ist fast eine subtropische Umgebung, alles grün. Die Wüsten bis Lanshou sind schon fast vergessen. Eine ausufernde Stadt ohne Kern und Gesicht. Morgen geht es dann zum Yangtse.

Ein Gedicht von einem Poncho: er regnet und regnet und regnet …

So hatte ich es mir nicht vorgestellt, und der Wetterbericht auch nicht. Als mich der Bus an der Autobahn bei Wenyuan auskippte, hatte der Himmel gerade seine Schleusen geöffnet, ganz weit. In wenigen Sekunden war alles klatschnass. So schnell konnte ich die Planen und den Poncho gar nicht rausholen. Dann ging es noch 30 Minuten durch Nacht, Regen und Kälte auf einer Baustrasse in den Ort. Der Poncho ist ein Gedicht und die beste Investition der Reise. Im nächstbesten Hotel waren die Leute sehr freundlich und haben mir sehr geholfen. Eine heiße Dusche war dann echt klasse, ebenso ein heißer Tee. So endete der Tag kurz vor Mitternacht in Frieden.
Der Tag hatte in Xian nett angefangen mit Frühstück an der Strasse und einer Fahrt mit Leihrad auf der Stadtmauer um die Stadt herum. Beim Stelenmuseum gibt es ein großes Künsterviertel. Die große Wildgans-Pagode war mir dann doch zu teuer für nichts, die kleine ebenso und das Provinzmuseum von Sanxi ist montags geschlossen. Wie seinerzeit das Museum in Tiflis.
Wie alle Touristinformationen auf dieser Reise, hatte auch diese keine Ahnung, trotz hektischer Telefonate. „Es gibt keinen Bus nach Wanyuan“. Am Busbahnhof war dann alles schnell erledigt, heute oder morgen, der nächste Bus um 17.00 ! So hatte ich noch Zeit fürs Essen und Einkäufe. Dann war ich wieder in den Bergen.

Wohlbehalten am Ende der Seidenstraße angekommen … und nun auf nach Süden

Heute ist es bei mir angekommen. Beim zweiten Gang durch die riesige Halle der Terracotta-Armee musste ich plötzlich weinen, vor Freude, dass ich am Ende der Seidenstrasse wohlbehalten angekommen bin.
Viel hatte ich schon über die Terracotta-Armee gesehen und gelesen. Jetzt stand ich tatsächlich hier, Auge in Auge mit den Kriegern, so richtig real. Ein tolles Gefühl, hier zu stehen, hier zu sein, und das mit viel eigener Kraft.
Mehr als 6000 Krieger, überlebensgroß, plus sonstiges was eine Armee so braucht, in Schlachtformation, voll bewaffnet, farbig, jedes Gesicht anders. Der erste Kaiser Quin Shi Huangdi muss mehr als psychopathisch gewesen sein. Eine gesamte Armee unterirdisch aufzustellen, um den Kaiser in der Unterwelt und auf dem Weg dahin zu beschützen.
Am Abend habe ich dann gut gegessen (Kanton-Restaurant), einen ordentlichen  Kaffee getrunken (Starbucks) und bin über den Nacht-Markt geschlendert, mit probieren.
Morgen steht noch die Stadtmauer und ein paar andere Dinge auf dem Program, wenn ich denn alles finde.
Und am Nachmittag geht es dann nach Süden.
Hier ist der Sommer wieder eingetroffen. Angenehm warm. Auch abends ohne Jacke.

Am Ende der Seidenstraße in XIAN angekommen!

Das Ende der Seidenstraße ist erreicht: Xian mit seiner Stadtmauer und der großen Geschichte. Und meiner eigenen persönlichen. Ich kann es irgendwie noch nicht richtig fassen, dass ich hier jetzt angekommen bin. Es wird sicherlich noch einen Tag dauern, bis es so richtig angekommen ist. Freude, Erleichterung, Stolz. Im Ziel ist man dann häufig erst einmal leer.
Die beiden letzten Tage zusammen waren auch ein Teufelsritt mit fast 400 km, zuerst noch viel Gebirge hinter Tianshui, dann gemächlicher den Wei Fluss runter. Das weite Wei-Tal vor der Mündung und Huang He (Gelber Fluss) wird als die Wiege der chinesischen Kultur angesehen, wie Nil, Euphrat & Tigris, Indus.
Also hinter Tianshui war die Landschaft noch wild, die Flüsse schnitten tief durch den Löss. Der Lössgürtel ist vielleicht 500 km breit und gibt dem Huang He seinen Namen. Es sind immerhin 10 Mrd Tonnen Sedimente im Jahr.
180 km ohne Stadt und Unterkunft. Durch diese grandiose Landschaft also im Sauseschritt. Außerdem waren noch zwei Gleistrassen und eine Autobahn im manchmal sehr engen Tal: Also Brücke – Tunnel – Brücke, manchmal in drei Ebenen übereinander. Und immer wieder die mächtigen Lössschichten. Als Kind und Jugendlicher war ich viel im Kaiserstuhl. Ich war beeindruckt vom Löss, den Höhlen darin und der Größe: vielleicht 20×20 km. Und das jetzt hier? Grandios.
Erst spät am Abend kam in in Baoji an, einer modernen Millionenstadt ohne etwas.
Früh ging es dann weiter nach Xian, rund 200 km. Das Tal wurde weiter und dicht besiedelt. Eine Vielzahl an Dörfern, Städten jeder Größe. Überall Ernte: Äpfel, Kiwis, Birnen, Granatapfel. Jeweils riesige Flächen und Mengen. Kulturlandschaft den ganzen Tag. Die Zeit der Wüsten und Steppen ist vorbei. Eigentlich schon seit Lanshou.
Die letzten 60 km war es dunkel, aber ich wollte nach Xian. Und dann war da noch 40 km Strassenbaustelle. So viel Dreck und Staub gibt es sonst nur in der Kohle. So sah ich dann auch aus. Dass ich damit ein Zimmer bekommen habe, war fast ein Wunder. Um 21.30 hatte ich dann die Stadtmauer erreicht. Xian. Endlich. Nach 85 Tagen auf der Seidenstrasse und mehr als 9000 km im Sattel.
Die Stadt ist riesig mit über 4 Mio Einwohnern und mit Umland 8 Mio.
Die Stadtmauer ist komplett erhalten mit 14 km Länge, Toren, 12 m hoch und 18 – 12 m breit. Xian war die erste Hauptstadt Chinas und hatte um 800 herum 2 Mio Einwohner. Damals die bei Weitem größte Stadt der Welt.
Nach einem Bummel (geduscht) und dem Besuch verschiedener Strassenküchen nach Mitternacht wurde es dann sehr spät. Aber ich hatte es geschafft.