Urumqui

Am Ende der (Karten-) Welt Ausbilder werden?

Hier endet die Karte von Chinas Westen. Im Umkreis geht es noch. Morgen werde ich die wohl berühmtesten und am besten erhaltenen Buddha-Höhlen Chinas besuchen. Da muss es wohl ziemlich voll sein. In dieser chinesischen Kleinstadt von 300.000 Einwohnern ist die gesamte Strasse in die Wüste mit Hotels voll. Mehr als in Urumchi.
Ansonsten ist es eine grüne Stadt mitten in der Wüste und zwischen den Gebirgen.
Heute morgen war der Hinterreifen platt. Einige Drahtstücke von den vielen kaputten Reifen auf den Strassen hatten sich in den Mantel gebohrt. Also Mantel runter und Schlauch flicken. Danach hatte ich mir die Frühstückssuppe auch redlich verdient.
Der Weg nach Dunhuang verlief recht eben durch die Wüste nach ersten Hügeln am Ortsrand. Nach 60 km gab es eine riesige Fatamorgana, als würde die Strasse an der Meeresküste entlangführen. Nach weiteren 10 km kamen plötzlich Baumwollfelder und Gemüse. Dann ein kleiner Ort und 20 hoch mit Baumwolle beladene Trecker auf der Strasse vor der Genossenschaft. Weitere Trecker folgten und Stände mit Melonen. Mit allem hatte ich gerechnet, aber damit nicht. Schon erstand ich zwei reife Netzmelonen zum Preis von 1,25€. In der nachfolgenden Mittagspause war dann eine Melone weg. Sehr lecker.
Nach weiteren 30 km tauchten Lehmtürme auf: die Reste der westlichsten Grenzbefestigung Chinas. Jedoch gab es weder Hinweisschilder noch Kassenhäuschen. So konnte ich ungestört auf die Mauern steigen und die Geschichte Revue passieren lassen. Sonst war auch niemand da. Bis zur Oase Dunhuang war es dann nicht mehr weit. Von der Größe des Ortes und der Vielzahl an Hotels war ich glatt erschlagen. So fand ich dann schnell ein gutes und preiswertes Hotel (20,-€). Heute war es wärmer als in den letzten Tagen. Es ging mit kurzer Hose und ohne Jacke bis hin zum Schwitzen in der Sonne. Da kam die Dusche wirklich recht und alles in sehr gutem Zustand. Was hier niemand hinkriegt, ist der Wasserablauf im Bad. Die moderne Haustechnik ist noch nicht angekommen: Loch im Boden und Flexschlauch vom Waschtisch einfach reingesteckt. Ohne Geruchsverschluss, dafür mit Silikon, das dann überall verteilt wird, aber nicht dort wo es hin soll. Die Fachleute üben noch. Vielleicht sollte ich hier Ausbilder werden!.
Morgen darf ich mir die Magao-Grotten ansehen, und den Mondsichelsee in der Wüste. Es wird interessant.

Schlafen in Sotian an der Autobahn Gobi

Heute war der Tag der Radfahrer. Nach dem reichlichen Frühstück (chinesisch rauf und runter, aber richtiger Kaffee), den Einkäufen und dem Geldautomaten (geht hier mit Kreditkarte wie bei uns mit EC-Karte) ging es aus der Großstadt Hami (700.000) Richtung Südost. Ohne Navi geht gar nichts, da Verkehrsschilder unbekannt sind und nicht vorkommen. Warum auch? Wer hier wohnt, weiß es und andere kommen hier nicht hin. Es ist wirklich alles chinesisch. Noch nicht einmal im Business-Hotel gibt es Ausländer und die Speisen auf dem Bufet sind nur Chinesisch ausgezeichnet. Sehen hilft dann. Spiegelei, beidseitig gebraten in einer Rundform ist sehr beliebt.
Na ja irgendwann war ich am Stadtrand. Dort traf ich auf eine Gruppe chinesischer Radfahrer bei einem Ausflug. Es waren keine Profis, daher fuhren wir gleich schnell. So hatte ich mal Windschatten. Die Verständigung war schwierig, da alle nur chinesisch sprachen. Nach dreißig Kilometern blieben sie zurück. Dafür traf ich eine Stunde später einen chinesischen Radler auf dem Weg, ganz China zu erkunden. Dann eine halbe Stunde später holte mich ein anderer Radfahrer ein. Er kommt aus Italien und will auch nach Xian und dann nach Hongkong. Nach einer halben Stunde trennten sich die Wege, da er zur Raststätte fuhr, während ich gerade gegessen hatte. Vielleicht treffen wir uns noch in der Weite der Wüste Gobi, durch die jetzt die Strasse (Autobahn) führt. Wäre die Strasse nicht, wäre es ziemlich leer hier. So ist eine Raststätte alle 140 km und ein bewirtschafteter Parkplatz alle 30 bis 40 km. Als die Nacht reinbrach, habe ich dort gespeist und konnte draußen übernachten. Gut, dass der Schlafsack bis -10 Grad ist. Morgen geht es weiter nach Dunhuang. Die Entfernungen sind hier ziemlich groß. Als ich in Urumchi auf die Autobahn fuhr, war die Beschilderung bei 3611 km. Bis Xian. Inzwischen bin ich bei 2889 km angekommen.

Die grüne Oase Turfan

Die Oase Turfan ist wirklich so grün, wie überall beschrieben. Und das, obwohl es der heißeste Ort Chinas mit 49,6 Grad ist. Drumherum Wüste. Es ist offensichtlich das Wasser aus den Bergen, das die Menschen seit mehr als 40.000 Jahren hierher zieht. Die Landwirtschaft gedeiht nur wegen des Kadez genannten Bewässerungssystems, ähnlich wie in Persien. Lange Kanäle verlaufen unterirdisch und kommen erst nach vielen Kilometern an die Oberfläche. Ein tolles Museum gibt es hierzu. Ebenso eins zur Geschichte der Region. Nicht ganz so spektakulär wie Urumchi, aber mindestens ebenso gut gemacht. Eine uralte Stadt, mindestens 2500 Jahre alt, kann besichtigt werden, zumindest die Ruinen aus Löss und Lehmziegeln. Angeblich die größte der Welt. Und in einem gesonderten Museum sind die damaligen Methoden und Tätigkeiten rekonstruiert mit Entwicklung bis heute.
Echt spannend. Nur der mit den Touristen einhergehende Nepp stört, wie doppelte Zahlung bei Museen und dem sehr teuren Frühstück, das nicht bei der Übernachtung dabei war. Die Touris, vor allem die Bildungsreisenden, haben die 30 Y brav bezahlt, was in € auch nicht so viel ist, machen dadurch aber alle Preise vor Ort kaputt. Empört bin ich in den Ort und habe ein chinesisches Frühstück für 5 Y bekommen.
Mit den Museen und einem Bummel über den Basar und Essen ging der Tag schnell vorbei. Morgen geht es weiter, zwei Orte stehen noch zur Besichtigung aus, u.a. die Höhlen von Bezeklik. Der nächste große Ort ist Hami.

Sturm auf dem Weg nach Turfan

Nach einer längeren Mittagspause habe ich es probiert: geht es am Wind und vor dem Wind? Ja es ging. Also schnell alles gepackt und los. Durch den Fußgängertunnel auf die andere Seite der Autobahn und ab. Zwischen den Böen ging es. Nach ein paar Kilometern war dann schon wieder Schluss. Der Sturm von der Seite und die Wirbel eines LKW haben das Fahrrad beim Schieben umgeworfen. Doch sofort hielt ein Bus und nahm mich samt Fahrrad mit. Auch der Bus schaukelte heftig und alle paar Kilometer lag ein umgekippter LKW. Nach ca 30 km, mehr in der Senke von Turfan, wurde es ruhiger. 20km vor Turfan wieder Polizeikontrolle. Aber auf der Gegenseite ein LKW-Stau von 10 km dreispurig. Offensichtlich kam keiner mehr hoch wegen des Sturmes. Vor Turfan windstill. Die letzten paar Kilometer gingen dann mit eigener Kraft. Seltsames Phänomen: unten in der Senke windstill, die Wolken ziehen langsam und oben auf dem Kamm, also dazwischen tobt ein Orkan. Was es nicht so alles gibt.
Das Hotel hab ich schnell gefunden, noch eine Tour zur Erkundung. Turfan ist völlig anders. Keine Wolkenkratzer, einige höhere Häuser, einige Hochhäuser im Bau. Meistens 3-4 Stockwerke. Verkehr eher zivilisiert. Alles ganz angenehm. So konnte ich den Ort kennenlernen und meine Ziele, oder die Wege dahin, kennenlernen. Aber kalt war mir. Es ist eben Herbst. In Urumchi war mir erstmals bewusst aufgefallen, dass die Blätter bunt sind und fallen. Dort steht aber hinter jedem Blatt ein Straßenkehrer und sorgt für Ordnung. Armes Blatt.
In Turfan gibt es das nicht. Aber kalt wird es auch hier, aber gemäßigter. In Urumchi hatte der Wetterbericht für meinem Abreisetag Schneeregen angesagt. Gut, dass ich weg war.
In einer nahegelegenen Kneipe hab es noch Essen und dann war Schluss!
In Leipzig tobte dann die Demo beim Lichterfest um den Ring. Schon wieder 25 Jahre her.

Sturm in den Bergen vor der Turfa-Oase

Ein Sturm in den Bergen vor der Turfan-Oase hält mich seit gestern abend, Mittwoch den 8.10., fest. Mit Fahrrad geht gar nichts mehr. Gestern Abend brach er plötzlich los mit Stärke 10 – 12. Die Verkehrspolizei hat mich eingesammelt, da ich mich kaum noch bewegen konnte. Das Fahrrad drohte immer weg zu fliegen. Erst haben sie mich mit zur Wache an der Kontrollstelle an der Autobahn gebracht und dann zur nahegelegenen Raststätte, wo einfache Zimmer sind. Heute am Donnerstag Morgen ist es noch nicht besser. Da muss ich noch warten. So kann ich über die letzten beiden Tage berichten.
Am Dienstag den 7.10. habe ich also die Großstadt Urumchi erkundet. Mittlerweile 4 – 5 Mio. Einwohner. Die Altstadt mit den Basaren und Märkten verschwindet immer mehr. Auf dem Gelände vom großen Basar wird gerade ein Wolkenkratzer mit 200 x 200 m Grundfläche fertig gestellt. Viel Platz ist nicht mehr für den Basar. Eine seltsame Atmosphäre. Nebenan die riesige Moschee, mitten in den Türmen der Moderne. Das war es auch schon fast mit dem Besichtigungsprogramm. Die Pagode auf dem Berg mit angeschlossenem Vergnügungspark gibt es auch noch. Stolz präsentiert die Stadt dort den Aufschwung vom der uigurischen Ziegelsiedlung zur chinesischen Betonmetropole. New York ist nix.
Das besuchenswerte ist jedoch das Museum von Xinchiang. Dort ist die Region seit der Altsteinzeit anhand von Funden und Modellen dargestellt. Bemerkenswert ist jedoch die Abteilung Mumien und Ausgrabungen. Schon vor hundert Jahren kamen die ersten Mumien zum Vorschein, wurden aber im Boden belassen. Erst in den 80er Jahren sind die Mumien an den verschiedenen Stellen in der Taklamakan ausgegraben worden. Im Wesentlichen haben chinesische Wissenschafter die Ausgrabungen und wissenschaftlichen Untersuchungen durchgeführt. Die Ergebnisse sind interessant. Die älteste Mumie stammt etwa aus 1800 vor unserer Zeit, als Sumer noch bestand, die Hethiter gerade groß wurden und in Ägypten das alte Reich bestand. Diese Mumie, eine Frau von ca. 40 Jahren, wird die Schöne von Loulan bezeichnet. Ihr Bild ist überall zu sehen. Die genetische und molekulare Untersuchung ergab, dass die Frau indogermanisch ist, helle Haut hatte, mit Kelten und Iren verwandt ist. Sie muss wohl 1,80 m groß gewesen sein. Weitere Mumienfunde von etwa 800 vor unserer Zeit geben ein noch klareres Bild. Eine liegende Frau mit heller Haut, blonden Haaren und gefalteten Händen; sie sieht aus, als wäre sie gerade erst gestorben. Eine männliche Mumie muss 2 m groß gewesen sein. Die Bekleidung ist bemerkenswert gut erhalten, selbst die Farben der Stoffe. Die salzhaltige Wüste gar alles gut erhalten.
Also hat es schon vor fast 4.000 Jahren hier Menschen gegeben, hat ein Austausch der Kulturen stattgefunden (Grabbeigaben belegen das) und waren damals schon Indoeuropäer hier gewesen. Weitere Funde und Auswertungen bringen sicherlich noch Spannendes hervor.
Ein paar Jahrhunderte später kommt dann der Buddhismus ins Land und prägt es mehr als 1000 Jahre mit Klöstern etc. Erst dann sind chinesische Einflüsse in der Kultur erkennbar. Darauf sind natürlich die heimischen Uiguren sehr stolz, auch wenn diese gerade mal 1500 Jahre hier wohnen.
Sehenswert ist noch der Bereich, der alle Völker und Minderheiten in Xinchiang mit viel Material, wie Zelten, Musik-Instrumenten, darstellt.
Und natürlich brauchte ich noch Ersatz für meine Benzinflasche. Ich fand einen Outdoor-Laden, die das gesamte Coleman-Programm hatten, auch Gasflaschen. So war meine Ausrüstung wieder komplett.
Das Highlight des Tages war jedoch der Abend. Wir hatten es geschafft – Micha, Julius und ich – uns zu treffen. In Kaschgar war ich bei deren Ankunft losgefahren, ohne es zu ahnen. Die beiden waren länger in Kaschgar geblieben und dann mit der Bahn nach Urumchi gekommen. Mit Mail geht die Kommunikation überall. Der Treffpunkt existierte auch nicht mehr, trotzdem trafen wir in einem Café mit richtigem Kaffee zusammen und fanden ein gutes Restaurant nebenan. Sehr lecker, scharf und gar nicht so teuer. Gleich zwei Kellnerinnen um uns.
Vor Sari Tash hatte ich die beiden getroffen. Sie hatten, zusammen mit den Franzosen, vor dem Pass gezeltet. Mich hatte ein LKW mitgenommen. Am Samstag bin ich um 8.30 losgefahren und sie kamen um 11 dort an und blieben bis zum nächsten Tag. Dass ich da gewesen war, wussten sie, da ein Junge in der Kneipe, in der sie essen waren, ihnen stolz ein Foto von sich zeigte, auf dem ich auch drauf war.
Die Erlebnisse der beiden sind nachzulesen auf www.hochstarter.wordpress.com.
Schnell verging der Abend mit den vielen kleinen Geschichten und Erlebnissen. Bis Weihnachten wollen sie in Thailand sein. Von den zentralasiatischen Wüsten haben sie die Schnauze voll und fahren mit dem Zug bis Xian. Sie zelten fast nur, da ist die Wüste blöde. Beim zelten hatte ich sie ja auch getroffen, auf dem Weg ins Hochgebirge, Zelt auf einer Sandbank im Fluss. Sah sehr romantisch aus.

Mit dem Zug nach Urumqui

Es passiert immer so viel, dass ich kaum hinterherkomme, alles aufzuschreiben. Der Grenzübergang und Kaschgar liegen gefühlt schon Jahre zurück.
Also gestern früh war ich um kurz nach 6 am Bahnhof. Erste Sicherheitskontrolle kein Problem. Fahrkartenkontrolle war dann Endstation. Fahrrad geht gar nicht. Zusammenklappen verstand ich. Doch es ist kein Klapprad. Also Gepäck runter und Vorderrad ausgebaut. So ging es. Also zwei Touren von den Fahrkarten zum Scanner, wie Flughafen. Dann gab es den Riesenaufstand, weil ich Benzin für den Kocher dabei hatte. Geht gar nicht, wie Flughafen. Also Brennstoffflasche ade. Schade. Dann die Waffen und Messer. Das nicht genutzte Klappmesser abgeben. Ein zweites? Hab ich nicht. Palaver. Dann kann ich gehen. Wieder zwei Etappen zum Bahnsteig. Kurz vor Einfahrt des Zuges. Nervöse Spannung allenthalben. Alle Wartenden in einen Haufen gedrängt und das Gleis von beiden Seiten mit Bereitschaftspolizei und Wachpersonal gesichert. Nach der Entwarnung der Pfiff zum Einsteigen. Mein Wagen ist am Ende vom Bahnsteig. Zwei mal rennen. Dann alles im Zug. Platz gefunden, Gepäck verstaut, Fahrradtorso vor eine Zugtür. Setzen und auf Abfahrt warten. Der Exot im Zug. Dann gehts los pünktlich um 7.14. Fahrrad nochmals umsetzen vor eine defekte Tür. Ruhe. Es ist noch dunkel. Der Zug voll, er ist schon seit 11 h unterwegs seit Kaschgar. Kantinenwägelchen kommt vorbei. Einige bestellen Frühstück. Ich dann auch. Damit löst sich die spürbare Spannung etwas: Salat, Ei, Hefekloss und Teller Reissuppe. Schmeckt und reicht. Ein Mädchen kann etwas Englisch und erzählt, dass sie in der nächsten Stadt, Korla, studiert, das Semester beginne und die von der anderen Seite der Taklamakan käme. So erfahre ich ein bisschen von den Unis. Die anderen können kein Englisch. Nächster Halt Korla. Riesenstadt und reich, da die Ölgesellschaft Tarim Oil dort sitzt. Überall waren Lichter in der Wüste, Ölanlagen. Bisher ging es ja ganz flott. Die Berge kommen aber bald. Die Eisenbahn führt durch den Tienschan, die Strassen führen drum herum. Das kann ja noch was werden, auf jeden Fall spannend, wie die Bahn da hoch kommen will. Zwei Lokomotiven, und schon gehts los. Die folgenden 10 h geht es durch gewaltige Gebirgslandschaften mit ewigem Schnee, engen Kurven für die Bahn, Tunnel ungezählt. Häufig warten auf einen Gegenzug, da nur ein Gleis.
Es ist grandios, enge Kurven, Tunnel, Brücke, verschneite Hochgebirge, sanfte Täler, wilde Schluchten. Und das im Wechsel. Meine Begeisterung steckt an und bald sind viele Leute mit Fotos zugange.
Ein Paar mit Kind kann etwas Englisch, so kommen wir ins Gespräch.
Als es später wird, kommt die Musik wieder hervor. Einige können spielen. Hinter und neben mir wird jetzt gespielt und gesungen. Und ich mitten drin. Vielleicht dreißig Leute. Uigurische Balladen und Lieder. Verständigung geht auch so. Im Bahnhof Turfanshan dreht der Zug. Leute rein und raus. Ein paar Han-Chinesen im Abteil. Die Musik ist weg.
Mit zwei Stunden Verspätung kommt der Zug nach Urumqui. Fahrrad zusammenbauen und beladen. An drei Polizeikontrollen aus dem Bahnhof. Abschied von den Musikern. Dann in die falsche Richtung gewiesen. So habe ich wenigstens Urumqui und seine Vororte kennen gelernt. Die Stadt kenne ich jetzt auch ohne Stadtplan. Es war fast zwei als ich ins Hotel kam. Was für Erlebnisse an einem Tag.

Schroffe Felsen, Canyons, Felswände in Höhlen

Heute war reich an Spannung und Abenteuer. Sogar die Angestellte am Schalter musste laut lachen. Es fing gleich mit dem Frühstück an. Die chinesische Küche rauf und runter, warm und kalt mit uigurischen Ergänzungen. Ach ja, in einer Ecke gab es Toastbrot, Butter u.ä. Da hatte es sich gelohnt, rechtzeitig aufzustehen. Konnte eh vor Spannung nicht lange schlafen. An der Rezeption kannte niemand die historischen Highlights der Stadt und. Umgebung. Musste ich erst ein bisschen erklären. Na ja eine Taxinummer haben die mir gegeben. Nach dem Packen und Auschecken bat ich um Vermittlung und Preisermittlung. Das funktionierte. Für meine Vorhaben also ein Taxi für den Tag, immerhin 50 €. Mit Übernachtung mehr als seit der Einreise nach China. Aber alles mit Rad durch die Berge? Nein Danke.
Also mit dem Taxi gefühlt kreuz und quer durch die Stadt bis ein Weg unter Autobahn und Eisenbahn in eine wilde Landschaft führte. Dann ein Tor. 40 Y Eintritt für ein paar Ziegel? Schließlich kam ich mit 10 durch. Von den vielen Signaltürmen an Chinas älter Westgrenze vor 1500 bis 1000 Jahren ein gut erhaltener. Weiter im Osten waren dann die Mauern. Die Lage war günstig vor den Bergen mit weiter Sicht über Vorland und Wüste. Dahinter einige buddhistische Höhlen ohne was drin. Musste nicht sein. Dann zu den Klöstern und Höhlen von Kizil. Wilde Landschaften, schroffe Felsen, Canyons, viele Farben. Grandios. Dann wieder Hochebene, Polizeikontrollen, Bäume als Saumbewuchs in der Ferne. Abzweig, dann steil in ein Tal, Grün, Wasser, Bäume. Wie eine Oase in der Wüste. An den Felswänden dann die Höhlen. Viele sind von Le Coq, Stein, Grünwedel geplündert und in Berlin ausgestellt. Aber mit Bombenschäden. Andere waren von Moslems oder Roten Garden zerstört. Was ist besser? Elgin Marbles in London, Nofretete in Berlin!? Oder Granatfeuer auf Budda-Bilder in Afghanistan. Was ist richtig, was ist gut. Auf jeden Fall sind viele Höhlen erhalten oder Teile davon. Es ist schon beeindruckend, was zwischen 300 und 600 an Kunstwerken entstanden ist. Fromme buddhistische Mönche lebten dort und schufen immer neue Gebets- und Gedenkhöhlen, meistens für reiche Sponsoren. Kucha war frühen ein buddhistisches Reich und beherbergte damals Kumarajiva, den Übersetzer der buddhistischen Literatur vom Sanskrit ins Chinesische. Mit den Höhlen wird heute sorgfältig umgegangen. Kleine Gruppen, nur weniges zugänglich, keine Fotos.
Auf dem Rückweg wieder viele Kontrollen mit Scannen der Ausweise etc. Es ist wirklich überall schwer bewaffnete Polizei. Jede Kreuzung, ständig Patrouillen, vor jedem Markt. Der Bahnhof ist eine Festung. Wie im Bürgerkrieg. Und das wegen der wenigen aktiven Uiguren?
Die Proteste sind verständlich, fehlt doch viel Autonomie. Die Häuser der Uiguren werden platt gemacht und ersetzt durch hunderte Hochhäuser allein in dieser kleinen Stadt. In Kashgar hat die UNESCO ihre Hand darüber. Aber hier und sonst in Sinkiang?
Nach der Rückkehr dann sofort zum Bahnhof, Ticket besorgen. Finde mal den Bahnhof ohne Schilder in einer etwas anderen Sprache und Schrift? Dann Polizeikontrollen nur, im zum Schalter zu kommen. Durch die modernen Anzeigen wusste ich, dass morgen zwei Züge nach Urumchi fahren und noch Plätze frei sind. Also malte ich auf, was ich wollte: mit dem Zug nach Urumqui, aber mit Fahrrad. Dann musste die Dame laut lachen. Wenigstens hatte die es verstanden. Mit den Übersetzungen im Reiseführer klappte es dann ganz gut. 10 Minuten später war ich stolzer Besitzet einer Fahrkarte für immerhin 56 Y, oder 7 €. Die Strecke geht immerhin durchs Gebirge und ist vielleicht 700 km lang. Ich bin gespannt, das Abenteuer geht weiter. Ein neues Hotel, Geldautomat, Essen fassen in Chinesisch sind da schon normale Angelegenheiten. Ein bisschen Sprache und Schrift geht schon.
Nur muss ich morgen im 5.30 aufstehen, denn der Zug fährt um 7.14 ab. Bei den vielen Kontrollen halt etwas eher. Mal sehen, wo ich morgen Abend bin.
Ach so, noch ein Nachtrag. Im Bus gestern lief die ganze Zeit der Fernseher. Kein chinesisches Programm, sondern türkisches und kasachisches: Theater, Kabarett, Kultur. Schon überraschend. Und viele im Bus lachten und klatschten. Die Lieder etc kannten sie offensichtlich.

Wohngemeinschaft mit Wurst, Bier und Wodka auf 3200m Höhe

Ein sehr erlebnisreicher Tag. Es ist viel passiert. Am Ende des Tages bin ich dann bei Nacht in Sari-Tash angekommen. Gleich gab es auch eine einfache Unterkunft mit Dinner, eine Art Lachman, aber mit Kartoffel und Kohl. Dazu Brot und Tee. Der Berg in den Bergen war mehr als anstrengend, von Gulcha auf 1500 m zum Taldik-Pass bei 3619 m Höhe. Bei 3100 wurde es langsam dunkel und noch 20 km und 500 m Höhe vor mir. Da hielt ein LKW und bot mir an, mich mitzunehmen. Da konnte ich nicht nein sagen, und so war das Fahrrad schnell auf der riesigen Ladefläche und ich in der Kabine. Ein neues Abenteuer. Erst Gang rein, dann kuppeln. Ist sehr laut und krachig. Bergan sprang der 3. Gang immer raus. Also Schaltknüppel mit dem Hosengürtel befestigt. Gürtel los, dann 2. Gang. Bei 3400 m war ein Teil der Strasse mit Geröll zu. Nur eine Spur, Durchfahrt nach Lichthupe. Es geht auch ohne Ampel. Bei 3500 m war die Kehre weggerutscht, und die Strasse mit Betonklötzen gesperrt. Ein provisorischer Weg ging einspurig mit  30 % Steigung nach oben. Vorfahrt nach Lichthupe. Mein alter chinesischer LKW hatte damit so seine Probleme. Entgegenkommende LKW hielten brav oben. Kurz vor dem Pass ein umgekippter Kleintransporter, 10 LKW zur Hilfe. Der Weg nach unten nach Sari-Tash dann ohne Probleme. Am Ortseingang warteten bestimmt 50 LKW auf den Weg zum Pass. Der Verkehr ist echt dicht mit vielleicht 10 Autos und 10 LKW pro Minute in jede Richtung, auch bei Nacht. Zum Glück IST die Strasse sehr breit mit Standstreifen. So ist es für Fahrräder ziemlich sicher. In Sari-Tash haben sie mich wieder ausgeladen und abgeladen. War alles OK und vollständig. Bergauf war der LKW auch nicht schneller als 10 km/h.
Die eigentlichen Ereignisse des Tages waren ganz anders. Es begann damit, dass ich heute morgen zwei Radfahrer mit Zelt auf dem anderen Ufer sah und wir laut kommunizierten. Es war klar, die gleiche Richtung. Nach ungefähr einer Stunde holten mich die beiden an einem Steilstück ein. Wir vereinbarten eine Rast 100 m weiter am Steilufer. Julius und Micha aus Darmstadt hatten schon mit dem Teekochen begonnen. So gab es einen netten Plausch bei Tee über unsere Routen und Ziele. Die beiden waren am 5.5. in Darmstadt gestartet und über Polen, die Ukraine und Bulgarien (Fähre Varna nach Poti) nach Georgien gekommen und dann die gleiche Strecke wie ich gefahren. Jetzt waren sie nur länger in Bishkek gewesen. Ihre Route geht dann auch über Kaschgar nach Xian und weiter nach SO-Asien bis Weihnachten. Gerade hatten wir alles abgebaut und wollten los, da kam ein Pärchen aus Frankreich mit Tandem vorbei. Also neuer Tee und Austausch. Die waren über Italien und Griechenland in die Türkei gekommen und über Iran und Turkmenistan nach Buchara und dann nach Taschkent. Fast gleichzeitig sind wir dort los. Nach der Pause sind wir getrennt los. Die beiden Jungs sind viel schneller als ich und überholten mich bald. Dann kam das Tandem mit hoher Geschwindigkeit. Echt cool. Nach einer Stunde war wieder Pausenzeit für mich. Da standen doch tatsächlich drei Räder vor dem Kafe. Dann vier. Drinnen gab es neben dem Essen kirgisische Kultur. Ein Musiker trug Lieder vor und imitierte dabei verschiedene Instrumente. Toll, klasse.
Ich fuhr zuerst los, wurde aber bald überholt. Das Kreuz mit dem Alter. Der Weg ging dann langsam, aber sicher hoch. Mal fahren, mal schieben. Als es dunkel wurde, hielt der LKW. Keinen Kilometer später kamen wir am Zeltlager der beiden Deutschen und beiden Franzosen vorbei. Ich wollte aber lieber weiter, da wir erfahren hatten, in der Kneipe, dass die Grenze ab 28.9. geschlossen ist. Somit war eine Taxifahrt am folgenden Tag von Sari-Tash zur Grenze unausweichlich. Dies kann ich mir jetzt vielleicht sparen. Manchmal kommt die Hilfe ganz anders.
Das „Hotel“ ist sehr einfach, das Essen war gut, im Laden vorne konnte ich Geld tauschen und in der Kneipe nebenan gab es Bier. Auf meinem Zimmer ist jetzt noch ein sehr netter Chinese. Es gibt Wurst, Bier und Wodka, hier mitten in Asien auf 3200 m Höhe. Interessant.
Ich bin gespannt, wann ich die anderen wiedertreffen werde, da wir alle nach Kashgar und Urumqui wollen.
So geht ein interessanter und spannender Tag zu Ende. Das Bergpanorama ist hier an der Schnittstelle von Pamir und Tienschan echt phantastisch.
Ich bin gespannt und immer wieder glücklich, aber demütig, dies alles erleben zu dürfen und zu können.