Nanjing

wastl und die chinesischen Köche

Richtig frischen Fisch. Das war ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte. Nur war der Fisch ziemlich groß und schwamm noch im Becken. Schließlich hatten wir und auf die Menge geeinigt. Zuerst kam eine Schüssel mit zwei Sorten Sud auf die Herdplatte auf dem Tisch. Der Küchenjunge kam noch mit einer Schale Chilischoten, um die Menge zu klären. Der Sud köchelte. Dann kam der halbe Fisch, und zusätzlich längs halbiert. Unter Protest stellte ich alles neben die Platte und schaltete aus. Totkochen wollte ich ihn nicht. Schließlich setzte ich mich durch. Dafür kamen dann alle Beschäftigten der Küche zusammen, um zu sehen, was ich mache. So hatte ich einen wunderbar zarten Fisch in einem göttlichen Sud. Ohne Messer und nur mit Stäbchen dauerte es eine Weile, bis ich fertig war.
Heute war das förmliche Ende der Reise. Ich hatte ja einen Brief vom OBM an seinen Kollegen im Nanjing dabei. Den habe ich heute vor dem Olympiastadion – gegenüber der Stadtverwaltung – übergeben. Immerhin war der Brief über 11.000 km in meiner Satteltasche über die Seidenstrasse geschaukelt worden. Er war noch völlig ok.
Presse war auch vor Ort und anschließend war ich vom Bereich internationale Beziehungen zum Essen eingeladen. Eine Zeitung hat dabei noch ein Interview gemacht und viele Bilder, mit und ohne Fahrrad, anschließend veröffentlicht.
Nanjing ist mit über 6 Mio eine sehr große Stadt. Schon früher, mit einer Stadtmauer von 34 km Länge. Ein paar Sachen habe ich mir am nachmittag und abend noch angesehen: Minggräber, Mausoleum von Sun-Yat-Sen und Museum, Konfuzius-Tempel mit Stadtviertel (da waren dann wieder die Dutzenden an Fremdenführern mit ihren Wimpeln und der Horde Menschen. Allein ist es da schon interessanter), Uferpromenade, Olympiastadion (die olympischen Jugendspiele waren dort gerade zu Ende gegangen).
Gestern Mittag war ich nach Wuhan gekommen. Bis der Nachtbus nach Nanjing fuhr, hatte ich noch Zeit, die Stadt anzusehen. Hauptstadt der Provinz Hubei mit über 6 Mio. Eine alte Pagode, wegen der Farbe wohl Gelber Kranich genannt, den Gedenkpark für die Opfer des Aufstandes von 1911 (der führte zum Sturz des Kaisers und zur Republik mit Sun-Yat-Sen als erstem Präsidenten und Nanjing als Hauptstadt Chinas, bis 1949), der Altstadt am Ufer des Yangtse. Dort ist Mao 1966 pressewirksam zum anderen Ufer geschwommen.
Die Fahrt mit dem Nachtbus war ganz angenehm, wie Schlafwagen in der Eisenbahn. So kam ich ausgeruht in Nanjing nach 10 Stunden Fahrt an.
Die Reise geht jetzt schnell seinem Ende entgegen. Noch bis Shanghai, dann der Flieger.

Wastl und die chinesischen Stäbchen

Gerade habe ich Fisch in einer begnadeten Soja-Ingwer-Soße mit viel Zwiebeln und Knofi gegessen. Einfach köstlich. Hätte mich reinlegen können. Nur mit dem Fisch kriegen die Chinesen es einfach nicht hin:
1. zu lange gekocht und dann noch am Tisch auf hoher Flamme
2. mit Stäbchen kann man keinen Fisch tranchieren. 20 Bedienstete, die zusahen, mir mit Löffel und Gabel helfen wollten. Da wurde ich sehr unwirsch und laut. Verarschen kann ich mich alleine. Dann kam ein Mädel, das drei englische Worte konnte. Nur mit Messer beim Thema Fisch konnte sie auch nichts anfangen. In der Küche habe ich mir dann ein Schlachtermesser geholt. Besser als Stäbchen. Schließlich brachten sie mir ein normales Fleischmesser. Damit und mit den Stäbchen konnte ich den Fisch dann filettieren und die Gräten entfernen. Mindestens 20 Leute Personal sahen mir zu. Erst gackern wie üblich, dann mit offenen Mündern und leise. War auch schon Feierabend.
Ein paar kulturelle Entwicklungen sind an China vorbeigegangen:
1. der Gebrauch von Messer und Gabel, z.B. bei Fisch und Fleisch unerlässlich, es sei denn, man bevorzugt das Steak als Gyros original oder süß-sauer.
2. Gabel oder Gabel/ Löffel für Nudeln. Natürlich kann man die Nudeln von 2m Länge in den  Mund ziehen, oder mehrere Nudeln in den Mund ziehen und abbeißen, den Rest in den Teller fallen lassend, begleitet von heftigem Schlürfen und Schmatzen etc. War das nicht damals sogar Luther, der das alles propagiert hatte?
Stäbchen ist ja ganz nett, aber viele Dinge gehen nicht ohne unsere Essinstrumente. Oder es muss alles in der Küche stäbchengerecht zubereitet werden. Dann fehlt halt mancher Genuss, wie Fisch.
Ansonsten war heute ein entspannter Fahrradtag am Yangtse, zuerst noch mit Berg- und Hügelland, dann ziemlich flach: die große chinesische Tiefebene. Die Landschaft ist jetzt nicht mehr so spannend, und alles ist dicht bebaut. Da kann ich gut ein Stück mit dem Bus fahren, denn morgen Abend will ich in Nanjing sein, um den Brief des OBM übergeben zu können.