Kashgar

In der Provinz Gansu angekommen

Heute ist ein besonderer Tag, denn ich habe gehen 14 Uhr ganz ohne Hinweisschilder die Provinz Xinjiang verlassen und bin jetzt in Gansu. Am Abend habe ich Liuyuan erreicht, ein kleines. Örtchen am Rande der Wüste. Hier gabelt sich die Seidenstraße in die Nord- und die Südroute um die Taklamakan. In Kashgar kommen die beiden Routen wieder zusammen. Außerdem bin ich genau vor vier Wochen in Leipzig aufgebrochen und am Abend in Taschkent angekommen.
Ansonsten war der Tag nicht spektakulär, immer nach Süden durch das Bai-Schan-Gebirge mit Hochebenen, einem Teil der Gobi. Das ganze Gebiet ist ein Naturschutzgebiet Wüste. Die Strasse, hier nur Autobahn, führte schnurgerade durch die Gegend. Manchmal ein paar kleine Biegungen, meist eben, häufig leicht rauf und runter mit kleineren Pässen bei 1800 und 1900 m Höhe. Am Abend war ich dann in Liuyuan, ein kleiner hässlicher Industrieort mit Bahnhof. Daher einige kleinere Hotels, gut und preiswert. Eine ungewöhnliche Kombination bisher in China.
Heute Mittag traf ich den jungen Italienischen Radfahrer wieder. Nach einem kurzen Plausch haben wir uns verloren. Vielleicht treffen wir uns in Dunhuang wieder. Er ist in Venedig gestartet, über den Balkan, Griechenland, Türkei, Iran und Usbekistan hierher gekommen. Weiter fährt er am Rand von Tibet nach Süden bis Hongkong.
Ich werde auch ein Stück Südroute fahren, um Dunhuang zu sehen. Dann werde ich ein Stück mit dem Bus in den Hexikorridor fahren.

Sturm in den Bergen vor der Turfa-Oase

Ein Sturm in den Bergen vor der Turfan-Oase hält mich seit gestern abend, Mittwoch den 8.10., fest. Mit Fahrrad geht gar nichts mehr. Gestern Abend brach er plötzlich los mit Stärke 10 – 12. Die Verkehrspolizei hat mich eingesammelt, da ich mich kaum noch bewegen konnte. Das Fahrrad drohte immer weg zu fliegen. Erst haben sie mich mit zur Wache an der Kontrollstelle an der Autobahn gebracht und dann zur nahegelegenen Raststätte, wo einfache Zimmer sind. Heute am Donnerstag Morgen ist es noch nicht besser. Da muss ich noch warten. So kann ich über die letzten beiden Tage berichten.
Am Dienstag den 7.10. habe ich also die Großstadt Urumchi erkundet. Mittlerweile 4 – 5 Mio. Einwohner. Die Altstadt mit den Basaren und Märkten verschwindet immer mehr. Auf dem Gelände vom großen Basar wird gerade ein Wolkenkratzer mit 200 x 200 m Grundfläche fertig gestellt. Viel Platz ist nicht mehr für den Basar. Eine seltsame Atmosphäre. Nebenan die riesige Moschee, mitten in den Türmen der Moderne. Das war es auch schon fast mit dem Besichtigungsprogramm. Die Pagode auf dem Berg mit angeschlossenem Vergnügungspark gibt es auch noch. Stolz präsentiert die Stadt dort den Aufschwung vom der uigurischen Ziegelsiedlung zur chinesischen Betonmetropole. New York ist nix.
Das besuchenswerte ist jedoch das Museum von Xinchiang. Dort ist die Region seit der Altsteinzeit anhand von Funden und Modellen dargestellt. Bemerkenswert ist jedoch die Abteilung Mumien und Ausgrabungen. Schon vor hundert Jahren kamen die ersten Mumien zum Vorschein, wurden aber im Boden belassen. Erst in den 80er Jahren sind die Mumien an den verschiedenen Stellen in der Taklamakan ausgegraben worden. Im Wesentlichen haben chinesische Wissenschafter die Ausgrabungen und wissenschaftlichen Untersuchungen durchgeführt. Die Ergebnisse sind interessant. Die älteste Mumie stammt etwa aus 1800 vor unserer Zeit, als Sumer noch bestand, die Hethiter gerade groß wurden und in Ägypten das alte Reich bestand. Diese Mumie, eine Frau von ca. 40 Jahren, wird die Schöne von Loulan bezeichnet. Ihr Bild ist überall zu sehen. Die genetische und molekulare Untersuchung ergab, dass die Frau indogermanisch ist, helle Haut hatte, mit Kelten und Iren verwandt ist. Sie muss wohl 1,80 m groß gewesen sein. Weitere Mumienfunde von etwa 800 vor unserer Zeit geben ein noch klareres Bild. Eine liegende Frau mit heller Haut, blonden Haaren und gefalteten Händen; sie sieht aus, als wäre sie gerade erst gestorben. Eine männliche Mumie muss 2 m groß gewesen sein. Die Bekleidung ist bemerkenswert gut erhalten, selbst die Farben der Stoffe. Die salzhaltige Wüste gar alles gut erhalten.
Also hat es schon vor fast 4.000 Jahren hier Menschen gegeben, hat ein Austausch der Kulturen stattgefunden (Grabbeigaben belegen das) und waren damals schon Indoeuropäer hier gewesen. Weitere Funde und Auswertungen bringen sicherlich noch Spannendes hervor.
Ein paar Jahrhunderte später kommt dann der Buddhismus ins Land und prägt es mehr als 1000 Jahre mit Klöstern etc. Erst dann sind chinesische Einflüsse in der Kultur erkennbar. Darauf sind natürlich die heimischen Uiguren sehr stolz, auch wenn diese gerade mal 1500 Jahre hier wohnen.
Sehenswert ist noch der Bereich, der alle Völker und Minderheiten in Xinchiang mit viel Material, wie Zelten, Musik-Instrumenten, darstellt.
Und natürlich brauchte ich noch Ersatz für meine Benzinflasche. Ich fand einen Outdoor-Laden, die das gesamte Coleman-Programm hatten, auch Gasflaschen. So war meine Ausrüstung wieder komplett.
Das Highlight des Tages war jedoch der Abend. Wir hatten es geschafft – Micha, Julius und ich – uns zu treffen. In Kaschgar war ich bei deren Ankunft losgefahren, ohne es zu ahnen. Die beiden waren länger in Kaschgar geblieben und dann mit der Bahn nach Urumchi gekommen. Mit Mail geht die Kommunikation überall. Der Treffpunkt existierte auch nicht mehr, trotzdem trafen wir in einem Café mit richtigem Kaffee zusammen und fanden ein gutes Restaurant nebenan. Sehr lecker, scharf und gar nicht so teuer. Gleich zwei Kellnerinnen um uns.
Vor Sari Tash hatte ich die beiden getroffen. Sie hatten, zusammen mit den Franzosen, vor dem Pass gezeltet. Mich hatte ein LKW mitgenommen. Am Samstag bin ich um 8.30 losgefahren und sie kamen um 11 dort an und blieben bis zum nächsten Tag. Dass ich da gewesen war, wussten sie, da ein Junge in der Kneipe, in der sie essen waren, ihnen stolz ein Foto von sich zeigte, auf dem ich auch drauf war.
Die Erlebnisse der beiden sind nachzulesen auf www.hochstarter.wordpress.com.
Schnell verging der Abend mit den vielen kleinen Geschichten und Erlebnissen. Bis Weihnachten wollen sie in Thailand sein. Von den zentralasiatischen Wüsten haben sie die Schnauze voll und fahren mit dem Zug bis Xian. Sie zelten fast nur, da ist die Wüste blöde. Beim zelten hatte ich sie ja auch getroffen, auf dem Weg ins Hochgebirge, Zelt auf einer Sandbank im Fluss. Sah sehr romantisch aus.

Wehmütiger Abschied aus Kashgar

Dass ich das noch erleben darf. Peking-Oper im Fernsehen, zwar modernere Version. Ach ja, ist ja 1.10., Feiertag, Gründung der VR China 1949.
Wehmütig habe ich heute Kaschgar verlassen. Mit großen Emotionen bin ich vorgestern reingefahren. Wurden auch nicht enttäuscht. Habe viel gesehen und erlebt. Ich bin zutiefst dankbar, das alles erleben zu dürfen und auch noch zu können.
Ein kleines Stück von ich heute nach Osten vorangekommen. Auf der Karte nicht viel. Ich muss mir das einfach immer wieder vorstellen. Von Kaschgar bis zum Ende der Seidenstraße in Xian ist die Entfernung vom Nordkapp bis Sizilien oder von Irland bis zum Ural. Da fühlt man sich ganz klein und langsam wie eine Schnecke.
Nach ein paar Kilometern verlief die Strasse auf der alten Nordroute der Seidenstraße am Rand der Taklamakan und am Fuß des Tienshan und seinen Ausläufern ca. 1.000 bis Turfan. Die Berge sind Kahl und sehen aus wie auf dem Mond. Auf der anderen Seite ist die riesige Wüste. Inzwischen sind Strasse, Autobahn und Eisenbahn dicht neben einander. Das erste Stück bis Artusch war die Autobahn fertig und für Fahrräder erlaubt (eigene Spur bei Kontrollen und Mautstellen). Dann ging es auf der Landstraße weiter, die in einem guten Zustand ist. Die Autobahn ist noch in Bau entspricht aber deutschen Standards.
In mehr als 400 km kommen dann die ersten großen Höhlenanlagen. Ich bin gespannt.
Die beiden Deutschen Micha und. Julius sind gestern nacht nach Kaschgar gekommen, wie ich heute morgen auf deren blog gesehen habe. Vielleicht treffen wir uns dann in Urumqui.
Im Fernsehen jetzt ein Kitschfilm mit Einlagen der Pekingoper und als Hintergrund die Skyline von Shanghai.

Kashgar

Morgen ist der große Feiertag in China. Hier im äußersten Westen scheint es nicht so wichtig zu sein. Die Hotels sind leer, Reiseveranstalter haben die Saison abgeschlossen. Dabei ist es angenehm warm und die Märkte sind voll wegen der Ernte. Überall Obst und Gemüse. Muss aber gründlich gewaschen werden.
Wegen der vielen neuen Eindrücke kam ich kaum in den Schlaf.
Heute dann etwas ruhiger. Moschee, Mausoleum des uigurischen Nationaldichters Yusuf (um 1000), Markt in der Altstadt. Da konnte ich an den Düften des Orients nicht vorbei und habe Safran und Cumin gekauft. Immerhin Gläser voll und 2,50 €. Zum Mittag war ich mit meinen neuen Freunden verabredet. Deren Fahrräder waren jedoch kaputt, so dass wir Essen gingen. Auch gut. Einen deutsch-sprechenden Kollegen hatten sie auch noch mitgebracht. Es war eine nette Runde in deutsch und englisch. Bei jeder Frage zu den Verhältnissen der Völker wär dann Schluss. Ist alles toll. Steht auch überall in den Kulturstätten. Vielleicht Angst. Nach 1,5 h mussten sie wieder auf Arbeit, in einer Film- und Journalisten-Firma. Ich hab dann Mittagsschlaf gemacht. Noch zu einem Mausoleum, dann zwei Kaffee geschlürft, anschließend in einer Kneipe ein Bier, danach Abendessen, und jetzt Ruhe nach dem harten Tag.
Früher gab es die vielen Fahrräder in China. Dann der Umstieg auf Mopeds und jetzt fahren alle Elektro-Motorroller. Dadurch ist es nicht so laut, man hört die Hupen deutlicher. Für die Elektro-Revolution gibt es zwei Gründe: viele Teile der Stadt sind für Mopeds gesperrt, insbesondere bei Smog und die E-Roller dürfen die Radwege benutzen. Es gibt kaum noch Fahrräder. Ich habe aber schon welche gesehen. Dann gibt es die Lasten-Motorräder, auch wieder mit E-Motor, auch Fahrradwege. Und dann wird die Strasse auf beiden Seiten für beide Richtungen genutzt. Das führt dann gelegentlich zu Stau und Chaos. Es regelt sich vieles dann von selbst. Verkehrspolizei ist selten. Geordnetes Chaos könnte man sagen. Die Ampeln werden häufig nur als lästiger Hinweis betrachtet und ignoriert. Auffallend sind die vielen uigurischen Matronen mit aufgetakelten Haaren und Kopftuch, mit Business-Kostüm oder Kindern auf dem Roller. Sie treten häufig in großen Gruppen auf mit Schwarmintelligenz. Wenn auf den kleineren Strassen dann zu viele Händler mit ihren Karren stehen, geht gar nichts mehr. Verkehrsinfarkt. Ansonsten rechts und links überholen, gegen den Verkehr fahren, plötzlich halten und schwatzen oder einkaufen. Geht alles. Fußgänger zwischendrin. Ach ja, Autos. Die gibt es auch in großer Zahl. Wenn dann die großen Strassen  6 Spuren haben, ist viel los, insbesondere dann, wenn ein Markt auftaucht. Halten, Auto auch mal in der zweiten oder dritten Reihe abstellen und schwatzen oder einkaufen gehen, oder telefonieren. Unfälle habe ich noch keinen gesehen, das Tempo ist auch geringer als bei uns.
Der Umbau der Altstadt ist widersprüchlich, tolle Pläne und Neubau der Stadtmauer wie vor 400 Jahren, aber auch Abriss der gesamten Altstadt, da nicht erdbebensicher oder was auch immer. Man könnte auch sagen, sie bauen ein uigurisches Disneyland.
Als Eiropäer fällt man ja schon auf. Von den Kindern, die von der Schaukel fielen, hatte ich schon berichtet. Vorgestern fuhr ich an einer Herde Kamele vorbei. Wie auf Befehl glotzen mich alle an und drehten ihre Köpfe parallel zu mir beim Vorbeifahren. Da kam ich mit schon vor wie so ein Alien von einem fremden Stern.
Die meisten Menschen sprechen zwei Sprachen, Chinesisch und uigurisch, das häufig mit arabischer Schrift.
Viele Schilder haben dann vier Schriften: Chinesisch, arabisch, russisch und englisch.
Nur wenige können englisch, aber ich habe bisher alles bekommen, was ich wollte. In einer Kneipe ohne Bilder ist es auch ein Glückstreffer, etwas Ordentliches zu bekommen. Dafür ist das Essen dort besser und billiger. Man kann eben nicht immer alles kriegen.
Morgen geht es dann weiter nach Osten, mal sehen, wie weit. Das Land ist jedenfalls riesig.

Mitternacht in Kashgar

Der Tag heute war erste Sahne. Es ist Mitternacht hier in Kaschgar. Schön warm, angenehm. Die Kälte der Berge mit dicker Jacke, Thermohose und Handschuhen ist vorbei. Kaschgar ist vielfältig, umwerfend, quirlig, lebendig, freundlich, gegensätzlich, höflich, alt & neu. Es hat halt noch viel von dem Flair der alten Oasenstadt und Handelsmetropole an der Seidenstraße. In den wenigen Stunden hier habe ich mehr erlebt als sonst an Tagen zusammen. Phantastisch ist die Ausschilderung, so dass ich mich jetzt schon hier fast so gut auskenne, wie zu Hause. Die Geschäftsstraßen fast wie Kö, aber natürlich viel belebter. Die vielen Altstadt-Viertel mit pulsierendem Leben. Märkte, Läden, Kneipen, Handwerk. Die klassische Altstadt auf der Klippe am Fluss, Gässchen, Durchgänge, Treppen, Ruinen, Lehmmauern, verwunschene Ecken. Und überall der Rauch und Geruch vom Grill. Hochzeitspaare zum Fototermin. Der Basar wieder riesig, die Gerüche des Orients frei Haus, wie aus dem Märchen von 1001 Nacht, nicht 10 Schuhläden sondern hundert, alle Anzüge dieser Welt in 100 Varianten, größter Baumarkt, Naturapotheke für alle oder Keinen, phantastisch.
Zum Dinner dann in ein besseres Restaurant. Hatte Geld von der Bank geholt und es mir eigentlich auch verdient. Die 100 km von Wuqia gingen leicht, hauptsächlich auf der Autobahn abwärts. Wilde Mondlandschaften im Wechsel mit Oasen und grünen Tälern. Oben noch recht kalt mit Jacke, unten warm und Sonnenbrand auf der Schulter. Das. Hotel tatsächlich sofort und ohne ewige Fragerei erreicht. Was so ein paar Schilder doch ausmachen. Außerdem kann ich jetzt Kaschgar auf Chinesisch lesen, sprechen und schreiben. Kaschgar zu erreichen war schon ein Erlebnis, fast 1000 km nach Taschkent, eine Stadt aus größter Phantasie und tiefster Emotion. Wie Samt und Seide. Und Orient. In der Schule mit dem Finger auf der Landkarte, Marco Polo, Karawanen in der Wüste, Oase. Alle Bilder. Da also bin ich angekommen. Für diese Gnade bin ich zutiefst dankbar.
Heute zum Abendessen in einem besseren Restaurant wurde ich von drei Leuten an den Tisch gebeten, da sie dachten, mir helfen zu müssen. Haben mich auch gut beraten. So hatten wir spannende Gespräche. Drei Leute aus der Stadt, die noch nie außerhalb waren und Chinesisch erst in der Schule gelernt haben. Englisch im Studium. Viel haben wir erzählt aus den verschiedenen Welten. Kaschgar und Deutschland. Morgen Nachmittag machen wir einen Fahrradausflug in die Umgebung. Vielleicht lerne ich morgen auch noch einem Kollegen vom Fernsehen mit Deutschkenntnissen kennen. Da geht die Zeit schnell vorbei, und ist doch so intensiv. Morgen also Kaschgar intensiv.

chinesische Grenzkontrollen

Wenn der blöde Staat nicht wäre, ginge alles viel leichter. Die chinesische Grenzkontrolle lässt die DDR liberal, weltoffen und schnell erscheinen. Gegen 19 Uhr Pekingzeit bin ich in die erste Kontrolle rein, heute nach 19 Uhr hatte ich meinen Pass in Wuqia, 150 km von der Grenze, wieder und durfte weiterfahren. Nach der Gepäckkontrolle gestern ging dann nichts mehr, und ich durfte als Hotel eine einfache Unterkunft nutzen und es gab gutes Essen. Na ja, 100 m in der dunklen Nacht ohne Laternen in einem Abrissgelände zum Plumpsschlitz ist nicht erbaulich. Heute morgen war ich pünktlich zum Arbeitsbeginn um 10.30 Uhr an der Abfertigung. Es passierte aber nichts. Nach einer halben Stunde teilte mir ein Grenzer mit, ich könne nicht mit Rad weiterfahren und bräuchte ein Taxi. Na gut. Nach einer weiteren halben Stunde fragte ich nach meinem Ausweis. „Den bekommen Sie erst, wenn Sie ein Taxi haben.“ „Wo ist denn ein Taxi?“ „Da hinten.“ Stand nur keins weit und breit. Er möge es mir doch bitte zeigen. „Oh, da ist ja keins, war aber vorhin. Dann müssen wir eins rufen!“ Nach einer weiteren halben Stunde kam ein Taxi, aber nicht für mich und war auch bald im Grenzbereich verschwunden. Dann kamen vielleicht 10 Leute, wohl chinesische Uiguren, mit viel Gepäck und wurden kontrolliert. Nach insgesamt 2 Stunden meinte ein Fahrer von ein Kleinbus, dass mein Fahrrad wohl rein passe. Nach drei Stunden ging es los, ich hinten zwischen Gepäck, Kisten und Fahrrad eingeklemmt. Der Fahrer hatte alle Ausweise dabei. Nach einer Stunde Fahrt, Strasse gesperrt und erneute Grenzkontrolle. Ging relativ schnell. Weitere Stunde Fahrt auf besten nagelneuen Strassen durch die wilde Bergwelt die Ausfahrt Wuqia. Da war ich froh. Aber zu früh. Lange LKW-Schlange und verschlossenes Tor. Die Mittagspause hatte gerade begonnen. Und die dauert lange. Ist ja auch eine harte und schwere Arbeit. Dann nach zwei Stunden Fahrt zurück an der LKW-Schlange und eine neue Strasse (Geisterfahrer) zur eigentlichen Grenzabfertigung. Dort wurden wir entladen und durften bezahlen. Dahinter könnte ich dann nach Kaschgar fahren. Davor jedoch eine weitere Grenzkontrolle mit Scanner etc. Auch wurden hier die Pässe bearbeitet. Dauert nur, wenn alle Daten von Hand abgeschrieben werden für die Formblätter. Dann stand irgendwann alles Gepäck vor dem Scanner und wir mussten wieder zurück in den Wartebereich. Irgendwann tauchte eine resolute Beamtin auf und pfiff die Leute zusammen. Dann ging es endlich los. Schlange an der Passkontrolle. Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Nur Gesichtsscan unbekannt. Nach der Passkontrolle Ausweis an den Chef, der nochmals alles prüfte. Dann der Scanner. Wieder Schlange. Irgendwann war ich durch und durfte alles aufs Rad packen. Es war 19.30 Uhr und zu spät für Kaschgar (80 km). Also erst mal aus dem Grenzbereich raus (1 km). Am Ausgang niemand der englisch sprach. Wie da ein Hotel finden? Nach Zeichensprache dann die Info, dass ein Hotel in der Stadt sei. Echt toll. Nur wie finde ich die Stadt mit den wunderbaren Zeichen? Nach Gefühl wär ich dann in der Stadt. Hinweisschilder? Also in einem Laden gefragt. Nichts verstanden, aber im Nachbarladen jemand, der etwas Englisch konnte. Klar Hotel, welche Kategorie?, der Mitarbeiter bringt Sie mit Motorrad dorthin. Echt toll, bewundernswert. So war ich also beim Hotel. Zimmer, Dusche, Preis ok. Warum dann aber doppelt? Sie sprach immer schneller, ich verstand nichts. Wollte schon gehen. Da fand sie im Computer ein englisches Wort „deposit“. Damit war es klar. Ausweis natürlich auch. Da waren beide froh und ich konnte mein Zimmer beziehen. Erst mal was essen nach dem langen Tag ohne Frühstück. Nach Tagen auch die erste Dusche und Wäsche.
Auf den Strassen dann das volle Leben. Laden neben Laden, Werkstätten, Kneipen, Restaurants. Alles was das Herz begehrt. Überall auch Märkte. Es duftet phantastisch. Es wurde schon dunkel, als ich mich für ein Restaurant entschied. Ohne Karte kam dann auch gleich Essen auf den Tisch, natürlich auch Tschai. Lecker, gut, reichlich für 1,5 €. Die Einrichtung einfach, aber sehr ordentlich ohne Schmutz und bröckelnden Putz. Die Chefin sehr freundlich, höflich, immer mit einem Lächeln, so um die 70, wie ihr Mann.
Es war dann schon dunkel, aber immer noch volles Leben auf den Strassen und viele Gerüche. Im Laden nebenan gab es u.a. Tuborg-Bier.
Auffallend ist die Ruhe in den Strassen und über der Stadt. Die meisten Roller und Motorräder sind elektrisch betrieben. Du hörst sie einfach nicht. Und die Motorräder und Autos fahren leise, ohne die Motoren aufjaulen zu lassen. Echt angenehm.
So bin ich mit dem Land und den Leuten versöhnt. Als Europäer wirst Du bestaunt wie ein Weltwunder. Die Kinder fallen von der Schaukel. wahrscheinlich kommt auch kein Europäer in diese Kleinstadt.
Mal sehen, wie es morgen wird auf dem Weg nach Kaschgar.

Wohngemeinschaft mit Wurst, Bier und Wodka auf 3200m Höhe

Ein sehr erlebnisreicher Tag. Es ist viel passiert. Am Ende des Tages bin ich dann bei Nacht in Sari-Tash angekommen. Gleich gab es auch eine einfache Unterkunft mit Dinner, eine Art Lachman, aber mit Kartoffel und Kohl. Dazu Brot und Tee. Der Berg in den Bergen war mehr als anstrengend, von Gulcha auf 1500 m zum Taldik-Pass bei 3619 m Höhe. Bei 3100 wurde es langsam dunkel und noch 20 km und 500 m Höhe vor mir. Da hielt ein LKW und bot mir an, mich mitzunehmen. Da konnte ich nicht nein sagen, und so war das Fahrrad schnell auf der riesigen Ladefläche und ich in der Kabine. Ein neues Abenteuer. Erst Gang rein, dann kuppeln. Ist sehr laut und krachig. Bergan sprang der 3. Gang immer raus. Also Schaltknüppel mit dem Hosengürtel befestigt. Gürtel los, dann 2. Gang. Bei 3400 m war ein Teil der Strasse mit Geröll zu. Nur eine Spur, Durchfahrt nach Lichthupe. Es geht auch ohne Ampel. Bei 3500 m war die Kehre weggerutscht, und die Strasse mit Betonklötzen gesperrt. Ein provisorischer Weg ging einspurig mit  30 % Steigung nach oben. Vorfahrt nach Lichthupe. Mein alter chinesischer LKW hatte damit so seine Probleme. Entgegenkommende LKW hielten brav oben. Kurz vor dem Pass ein umgekippter Kleintransporter, 10 LKW zur Hilfe. Der Weg nach unten nach Sari-Tash dann ohne Probleme. Am Ortseingang warteten bestimmt 50 LKW auf den Weg zum Pass. Der Verkehr ist echt dicht mit vielleicht 10 Autos und 10 LKW pro Minute in jede Richtung, auch bei Nacht. Zum Glück IST die Strasse sehr breit mit Standstreifen. So ist es für Fahrräder ziemlich sicher. In Sari-Tash haben sie mich wieder ausgeladen und abgeladen. War alles OK und vollständig. Bergauf war der LKW auch nicht schneller als 10 km/h.
Die eigentlichen Ereignisse des Tages waren ganz anders. Es begann damit, dass ich heute morgen zwei Radfahrer mit Zelt auf dem anderen Ufer sah und wir laut kommunizierten. Es war klar, die gleiche Richtung. Nach ungefähr einer Stunde holten mich die beiden an einem Steilstück ein. Wir vereinbarten eine Rast 100 m weiter am Steilufer. Julius und Micha aus Darmstadt hatten schon mit dem Teekochen begonnen. So gab es einen netten Plausch bei Tee über unsere Routen und Ziele. Die beiden waren am 5.5. in Darmstadt gestartet und über Polen, die Ukraine und Bulgarien (Fähre Varna nach Poti) nach Georgien gekommen und dann die gleiche Strecke wie ich gefahren. Jetzt waren sie nur länger in Bishkek gewesen. Ihre Route geht dann auch über Kaschgar nach Xian und weiter nach SO-Asien bis Weihnachten. Gerade hatten wir alles abgebaut und wollten los, da kam ein Pärchen aus Frankreich mit Tandem vorbei. Also neuer Tee und Austausch. Die waren über Italien und Griechenland in die Türkei gekommen und über Iran und Turkmenistan nach Buchara und dann nach Taschkent. Fast gleichzeitig sind wir dort los. Nach der Pause sind wir getrennt los. Die beiden Jungs sind viel schneller als ich und überholten mich bald. Dann kam das Tandem mit hoher Geschwindigkeit. Echt cool. Nach einer Stunde war wieder Pausenzeit für mich. Da standen doch tatsächlich drei Räder vor dem Kafe. Dann vier. Drinnen gab es neben dem Essen kirgisische Kultur. Ein Musiker trug Lieder vor und imitierte dabei verschiedene Instrumente. Toll, klasse.
Ich fuhr zuerst los, wurde aber bald überholt. Das Kreuz mit dem Alter. Der Weg ging dann langsam, aber sicher hoch. Mal fahren, mal schieben. Als es dunkel wurde, hielt der LKW. Keinen Kilometer später kamen wir am Zeltlager der beiden Deutschen und beiden Franzosen vorbei. Ich wollte aber lieber weiter, da wir erfahren hatten, in der Kneipe, dass die Grenze ab 28.9. geschlossen ist. Somit war eine Taxifahrt am folgenden Tag von Sari-Tash zur Grenze unausweichlich. Dies kann ich mir jetzt vielleicht sparen. Manchmal kommt die Hilfe ganz anders.
Das „Hotel“ ist sehr einfach, das Essen war gut, im Laden vorne konnte ich Geld tauschen und in der Kneipe nebenan gab es Bier. Auf meinem Zimmer ist jetzt noch ein sehr netter Chinese. Es gibt Wurst, Bier und Wodka, hier mitten in Asien auf 3200 m Höhe. Interessant.
Ich bin gespannt, wann ich die anderen wiedertreffen werde, da wir alle nach Kashgar und Urumqui wollen.
So geht ein interessanter und spannender Tag zu Ende. Das Bergpanorama ist hier an der Schnittstelle von Pamir und Tienschan echt phantastisch.
Ich bin gespannt und immer wieder glücklich, aber demütig, dies alles erleben zu dürfen und zu können.

Wenn der Opa mit dem Fahrrad kommt ….

Vor diesem Gebirge hatte und habe ich Respekt. Tienschan und Pamir. Im Herzen Asiens. Bis 8000 m hoch. Die einfachen Pässe bei 3800 m. Da will ich lang. Da muss ich lang, denn es führt kein anderer Weg nach Kaschgar (Wilhelm Tell oder so ähnlich, 1291). Heute war der Einstieg von Osh aus. Im Rückblick war das Schwierigste der Weg aus Osh heraus. Mangels Beschilderung und widerstreitender Meinungen befragter Bürger und Fachleute (Taxifahrer, Tankstellen), brauchte ich eine geschlagene Stunde, bis ich endlich draußen war. Die Strecke war ambitioniert aber machbar, nur die letzten drei Kilometer zur Passhöhe musste ich schieben. Schön und dann überwältigend war die Gegend. Die Fotos sind toll. Je höher, desto grüner. Später die ersten hohen Berge im Hintergrund mit 5000m. Das ist aber erst der Anfang. Ich bin jetzt gerade in die Hochgebirge eingetaucht. Viel Tourismus ist hier nicht. Ein paar Freaks mit Fahrrad vom Pamirhighway, chinesische LKW-Fahrer (leer donnern sie durch, voll schnaufen die XXL-LKW die Berge hoch). Ich bin sozusagen am Einstieg aufs Dach der Welt. Morgen geht es dann Richtung Sari -Tach. Dort teilen sich die Wege nach China, Pakistan, Afghanistan und Turkmenistan. Ich biege dann scharf links ab über das Dach der Welt nach Kaschgar in China. Bisher war dies der einzige für Ausländer befahrbare Pass nach China. Gerüchten zu Folge kann dies verändert worden sein. Mal sehen. Es sind noch ca 450 km bis Kaschgar.
Die Menschen hier sind ausgesprochen nett und hilfsbereit. In Osh war es etwas anders, vielleicht weil zu viele Freaks schnorren oder alles für lau haben wollen (mindestens aber sofort). Das scheint den Leuten nicht ganz so zu gefallen. Wenn aber ein Opa mit Fahrrad ankommt, geht vieles ganz leicht, wenn ich denn frage.