Dunhuang

Ich bin wieder in Deutschland und blicke auf China zurück …

Der letzte Tag. Zeit für ein kurzes Resümee. Ein riesiges Land, so groß wie Europa. Sehr vielfältig, aber monolithisch. Sehr freundliche und hilfsbereite Menschen, meistens. Sie sind dem Fremden gegenüber häufig hilflos. Viele ältere Menschen haben diese stoische Gelassenheit und Nachsicht mit diesem tiefgründigen Lächeln. Jüngere Menschen sind da viel hektischer. Die chinesische Klassiker von Konfuzius bis Laotse scheinen keine Bedeutung mehr zu haben. Wenn Du denkst, die lesen in ihrer roten Maobibel, ist es doch das rote Handy mit Klapphülle. Gut sind die vielen öffentlichen Toiletten in den Städten, höchsten 400 m bis zur nächsten. Unverschämt die Eintrittspreise für Museen, Kulturstätten etc. Zu Dunhuang hatte ich was geschrieben. Um den Fußgängertunnel nach Pudong zu nutzen, sind 120 Y zu zahlen. Sehr praktisch sind die Stöpsel im Waschbecken: funktionieren immer und können nicht geklaut werden. Die Installationen sind vorhanden aber nicht verstanden. In den Neubauten sind die Fenster aus Alu ein Katastrophe. VW hat ein Monopol auf Taxis: zu 90% VW Santana.
Polizei überall, vor allem im Westen. Ewige Kontrollen. Bahn ein Hochsicherheitsbereich. Ohne Scan kommst Du nicht in die Schalterhalle. Und dann gehts es heftig weiter. Bei Bussen ist es viel einfacher. An den Flughäfen ganz anders: keine Polizei, keine Scans, erst vor dem Boarding.
Grandiose Landschaftem, das ganze Land eine einzige Baustelle, bis auf Hochgebirge und tiefe Wüsten, keine Widerstände oder Widersprüche. Eine kontinuierliche Geschichte seit 3000 Jahren, Chin Shi Huangdi oder Mao oder Deng ist egal. Sehr fleißige Menschen, hohe Kultur, aber sehr auf sich gerichtet. Minderheiten haben Exoten-Status wie Gorillas oder Pandas. Hervorragende Strassen, aber wehe es wird gebaut. Verkehrsschilder, Wegweiser etc sind unbekannt oder tauchen auf, wenn Du davor stehst. Nur bei Autobahnen ist es ok.

So habe ich trotz viel Zeit und zwei Navigationssystemen nicht den Weg rechtzeitig zum Flughafen gefunden. 45 min vor Anflug wird alles geschlossen. Ich kam 40 min vor Abflug. Feierabend. Also ging nichts mehr. Wenn Chinesen allein verantwortlich sind, geht alles. Sobald Staat oder Partei oder Kombinat, geht nichts mehr. Daran wird die rasante Entwicklung Chinas ihr Ende finden. Schrift und Sprache sind schwierig. Ich bin allerdings in mehr als 6 Wochen gut zurecht gekommen. Eine Lösung gibt es eigentlich immer, das ist das große Plus in dem riesigen Land.

Dass Chinesen Europa überrollen könnten, ist nicht zu befürchten, da es kaum Karten gibt und niemand eine Karte lesen kann. Ich habe niemanden getroffen, der Karte lesen konnte und auf den chinesischen Karten habe die Leute ihre Strasse oder ihr Hotel nicht gefunden.
Ich habe vielleicht 100 chinesische Fernradler getroffen oder gesehen. In Deutschland triffst Du an der Elbe so viele am frühen Morgen in einer Stunde.
Es gibt viel zu sagen zur Silbenschrift, zur einheitlichen Kultur, zu den Stäbchen, den Brüchen in der Geschichte, den Diktatoren, dem klassischen Beamtentum etc. Es ist sicherlich ein spannendes Thema oder auch viele Themen. Ich habe mich wenigstens die ganze Zeit in dem Land wohl gefühlt, mit einigen Ausnahmen.
So bin ich jetzt wieder in Deutschland angekommen, mit. Bahnstreik etc. Aber auch hier gibt es für jedes Problem eine Lösung, oder mehrere. So ähnlich.

Oh, ich bin SAUER !!!!!!

So verarscht worden bin ich lange nicht mehr. Alles was der Staat anpackt, kann nur schief gehen. In China ist der Staat eine Krake, ein aggressives Krebsgeschwür. Ich wollte also zu den Magaohöhlen. Gesagt, getan. Nach 12 km biegt die Zugangsstrasse ab und gleich springen 3 Polizisten auf mich zu und wollen irgendwas. Ein paar umherstehende Obsthändler haben ein Smartphone und können damit übersetzen, dass ich ein Ticket brauche. Ein paar Kilometer zurück ist eine Mautstation. Also hin, Verkehr komplett blockiert, weil ich das Ticket wollte. Irgendwann kam der Chef und erklärte, dass ich zum neuen Zugangsgebäude müsse. Sah von weitem wie Flughafen aus. Der konnte man mir nur ein Ticket mit Busfahrt zu den Höhlen verkaufen. Nach Beratung aller dort anwesenden 10 Personen war klar, dass ich im Ticketbüro kein Ticket kaufen kann. Dies ginge nur in der Stadt. Hier gibt es nur Busfahrt mit Ticket. Nach langem Palaver haben sie mir dann aufgeschrieben , wo ich denn hin muss, freundlicherweise in chinesischen Hyroglyphen. Also in die Stadt zurück. Dort, wo ich das Ticketoffice vermutete bin ich erstmal in ein 5-Sterne-Hotel, um nach dem Büro zu fragen. Tatsächlich konnte eine der vier Damen an der Rezeption drei Worte englisch. Mit meinem Zettel und Palaver zeigte sie mir ein Hotelbüro am Eingang. Freundlicherweise kam sie mit. Dort wurde sie abgekanzelt, bekam aber den Hinweis, dass auf der anderen Seite der Kreuzung irgendwas sei. Die kam auch hier mit. Tatsächlich, es stand Ticketoffice dran. Dort wurde sie wieder abgekanzelt und auf die andere Straßenseite verwiesen. Dort erklärte man ihr, dass es hier nur Kombitickets gäbe, und sie wieder zurück müsse. Nach massivem Protest ihrerseits bekamen wir einen Schalter zugewiesen. Nach 10 Minuten hatte ich dann das Ticket für stolze 160 Y, was einer Übernachtung in einem guten  Hotel entspricht oder dem Wochenlohn eines einfachen Arbeiters. Die 60 Y für den Bus hatte ich gespart und obendrein einen umfassenden Einblick in die chinesische Bürokratie bekommen. Die Mitarbeiterinnen im Hotel waren mindestens genauso genervt wie ich, haben mir aber wunderbar geholfen. Wenn aus China mal was werden soll, dann nur durch Abschaffung der Bürokratie und Entlassung aller dort Beschäftigten sowie Übertragung aller Tätigkeiten auf Menschen aus der Wirtschaft.
Armes Land mit großartiger Geschichte. Die durfte ich dann tatsächlich noch ansehen mit meinem teuren Ticket. Auch die Chinesen zahlen den gleichen Preis. Es sind wirklich tolle Kunstschätze, die dort zu sehen sind. Nur mit Führung, ist aber o.k.. War sogar in englisch, mit einer Gruppe Skandinavier war ich unterwegs. Wunderbare Malereien und Skulpturen von 400 bis 1200, die nur deswegen erhalten sind, weil die Höhlen 600 Jahre unter einer Düne vergraben waren. Von den ca. 50.000 Manuskripten sind die meisten vor 100 Jahren verkauft worden, u.a. das älteste Druckwerk/Buch der Erde. Schade, muss ich also nach London fahren. Die meisten Farben haben auch heute noch eine unheimliche Ausstrahlung. Nur die Farben auf Bleibasis sind oxidiert und schwarz. Diesmal waren es nicht die Deutschen, die geklaut hatten. Die Dokumente können heute in London, Paris, Tokyo und Delhi bewundern werden.
Nach der Besichtigung kam ich noch kurz mit den anderen ins Gespräch. Heute haben wir uns dann noch zweimal zufällig getroffen, bei den Dünen am Mondsichelsee und auf dem Nachtmarkt von Dunhuang. Eine Gruppe von Architekten aus Südschweden und ein paar Andere. Auf dem Nachtmarkt haben wir uns dann noch länger unterhalten. Die fahren nach Lanshou zurück und dann mit der Eisenbahn nach Lhasa/Tibet.
Ja, die Dünen des singenden Sandes mit dem Mondsichelsee bei Sonnenuntergang war schon ein  Erlebnis. Nur die anderen Tausenden an Touristen und der wieder sehr hohe Eintritt von 120 Y waren sehr störend. Die Dünen sind wirklich sehr hoch, vielleicht 200 m. Und jeder darf überall herumlaufen, zu Fuss oder auf dem Kamel.
Morden geht es dann weiter, erst einmal mit dem Bus in den Hexikorridor.

Am Ende der (Karten-) Welt Ausbilder werden?

Hier endet die Karte von Chinas Westen. Im Umkreis geht es noch. Morgen werde ich die wohl berühmtesten und am besten erhaltenen Buddha-Höhlen Chinas besuchen. Da muss es wohl ziemlich voll sein. In dieser chinesischen Kleinstadt von 300.000 Einwohnern ist die gesamte Strasse in die Wüste mit Hotels voll. Mehr als in Urumchi.
Ansonsten ist es eine grüne Stadt mitten in der Wüste und zwischen den Gebirgen.
Heute morgen war der Hinterreifen platt. Einige Drahtstücke von den vielen kaputten Reifen auf den Strassen hatten sich in den Mantel gebohrt. Also Mantel runter und Schlauch flicken. Danach hatte ich mir die Frühstückssuppe auch redlich verdient.
Der Weg nach Dunhuang verlief recht eben durch die Wüste nach ersten Hügeln am Ortsrand. Nach 60 km gab es eine riesige Fatamorgana, als würde die Strasse an der Meeresküste entlangführen. Nach weiteren 10 km kamen plötzlich Baumwollfelder und Gemüse. Dann ein kleiner Ort und 20 hoch mit Baumwolle beladene Trecker auf der Strasse vor der Genossenschaft. Weitere Trecker folgten und Stände mit Melonen. Mit allem hatte ich gerechnet, aber damit nicht. Schon erstand ich zwei reife Netzmelonen zum Preis von 1,25€. In der nachfolgenden Mittagspause war dann eine Melone weg. Sehr lecker.
Nach weiteren 30 km tauchten Lehmtürme auf: die Reste der westlichsten Grenzbefestigung Chinas. Jedoch gab es weder Hinweisschilder noch Kassenhäuschen. So konnte ich ungestört auf die Mauern steigen und die Geschichte Revue passieren lassen. Sonst war auch niemand da. Bis zur Oase Dunhuang war es dann nicht mehr weit. Von der Größe des Ortes und der Vielzahl an Hotels war ich glatt erschlagen. So fand ich dann schnell ein gutes und preiswertes Hotel (20,-€). Heute war es wärmer als in den letzten Tagen. Es ging mit kurzer Hose und ohne Jacke bis hin zum Schwitzen in der Sonne. Da kam die Dusche wirklich recht und alles in sehr gutem Zustand. Was hier niemand hinkriegt, ist der Wasserablauf im Bad. Die moderne Haustechnik ist noch nicht angekommen: Loch im Boden und Flexschlauch vom Waschtisch einfach reingesteckt. Ohne Geruchsverschluss, dafür mit Silikon, das dann überall verteilt wird, aber nicht dort wo es hin soll. Die Fachleute üben noch. Vielleicht sollte ich hier Ausbilder werden!.
Morgen darf ich mir die Magao-Grotten ansehen, und den Mondsichelsee in der Wüste. Es wird interessant.

In der Provinz Gansu angekommen

Heute ist ein besonderer Tag, denn ich habe gehen 14 Uhr ganz ohne Hinweisschilder die Provinz Xinjiang verlassen und bin jetzt in Gansu. Am Abend habe ich Liuyuan erreicht, ein kleines. Örtchen am Rande der Wüste. Hier gabelt sich die Seidenstraße in die Nord- und die Südroute um die Taklamakan. In Kashgar kommen die beiden Routen wieder zusammen. Außerdem bin ich genau vor vier Wochen in Leipzig aufgebrochen und am Abend in Taschkent angekommen.
Ansonsten war der Tag nicht spektakulär, immer nach Süden durch das Bai-Schan-Gebirge mit Hochebenen, einem Teil der Gobi. Das ganze Gebiet ist ein Naturschutzgebiet Wüste. Die Strasse, hier nur Autobahn, führte schnurgerade durch die Gegend. Manchmal ein paar kleine Biegungen, meist eben, häufig leicht rauf und runter mit kleineren Pässen bei 1800 und 1900 m Höhe. Am Abend war ich dann in Liuyuan, ein kleiner hässlicher Industrieort mit Bahnhof. Daher einige kleinere Hotels, gut und preiswert. Eine ungewöhnliche Kombination bisher in China.
Heute Mittag traf ich den jungen Italienischen Radfahrer wieder. Nach einem kurzen Plausch haben wir uns verloren. Vielleicht treffen wir uns in Dunhuang wieder. Er ist in Venedig gestartet, über den Balkan, Griechenland, Türkei, Iran und Usbekistan hierher gekommen. Weiter fährt er am Rand von Tibet nach Süden bis Hongkong.
Ich werde auch ein Stück Südroute fahren, um Dunhuang zu sehen. Dann werde ich ein Stück mit dem Bus in den Hexikorridor fahren.

Schlafen in Sotian an der Autobahn Gobi

Heute war der Tag der Radfahrer. Nach dem reichlichen Frühstück (chinesisch rauf und runter, aber richtiger Kaffee), den Einkäufen und dem Geldautomaten (geht hier mit Kreditkarte wie bei uns mit EC-Karte) ging es aus der Großstadt Hami (700.000) Richtung Südost. Ohne Navi geht gar nichts, da Verkehrsschilder unbekannt sind und nicht vorkommen. Warum auch? Wer hier wohnt, weiß es und andere kommen hier nicht hin. Es ist wirklich alles chinesisch. Noch nicht einmal im Business-Hotel gibt es Ausländer und die Speisen auf dem Bufet sind nur Chinesisch ausgezeichnet. Sehen hilft dann. Spiegelei, beidseitig gebraten in einer Rundform ist sehr beliebt.
Na ja irgendwann war ich am Stadtrand. Dort traf ich auf eine Gruppe chinesischer Radfahrer bei einem Ausflug. Es waren keine Profis, daher fuhren wir gleich schnell. So hatte ich mal Windschatten. Die Verständigung war schwierig, da alle nur chinesisch sprachen. Nach dreißig Kilometern blieben sie zurück. Dafür traf ich eine Stunde später einen chinesischen Radler auf dem Weg, ganz China zu erkunden. Dann eine halbe Stunde später holte mich ein anderer Radfahrer ein. Er kommt aus Italien und will auch nach Xian und dann nach Hongkong. Nach einer halben Stunde trennten sich die Wege, da er zur Raststätte fuhr, während ich gerade gegessen hatte. Vielleicht treffen wir uns noch in der Weite der Wüste Gobi, durch die jetzt die Strasse (Autobahn) führt. Wäre die Strasse nicht, wäre es ziemlich leer hier. So ist eine Raststätte alle 140 km und ein bewirtschafteter Parkplatz alle 30 bis 40 km. Als die Nacht reinbrach, habe ich dort gespeist und konnte draußen übernachten. Gut, dass der Schlafsack bis -10 Grad ist. Morgen geht es weiter nach Dunhuang. Die Entfernungen sind hier ziemlich groß. Als ich in Urumchi auf die Autobahn fuhr, war die Beschilderung bei 3611 km. Bis Xian. Inzwischen bin ich bei 2889 km angekommen.