Batumi

…gottgefällig in Georgiens Kirche? und … Fahrradfahrer müssen Autos weichen!

Ein Tag der Gegensätze. Aber manchmal sind diese ähnlich. Heute morgen war ich dann doch noch im Stalinmuseum in Gori. So viel Personenkult und Geschichtsklitterung sind echt abstoßend. Wie Religion der große Glaube. Dann der Gegensatz (oder auch nicht) in Mtskheta, dem religiösen Zentrum der Georgier und Georgiens, so was wie Canterbury für die Engländer oder Mekka für die Moslems. Die Regeln sind sehr streng, Frauen müssen Kopftuch tragen in der Kirche. Vor jeder Kirche ein Sittenwächter, der auf angemessene Kleidung achtet. Nonnen fast voll verschleiert. Bin ich doch glatt aus der Kirche rausgeflogen in meinen Fahrradklamotten (Hose bis zum Knie). In der georgischen Hauptkirche Svetitskhoveli von ca. 1000 hatten ich dann meine Shorts mit Gürtel so tief festgebunden, dass die Waden bedeckt waren, der Arsch aber nur in der Fahrradhose hing. Das war dann angemessen ohne Beanstandung. Ob das gottgefällig ist? Die Kirche und das Land haben noch einen weiten Weg zu gehen. Auch ansonsten ist es ein Land im Umbruch. Egoismus ist weit verbreitet und auch Rücksichtslosigkeit. Das hatte ich gleich in Batumi gemerkt, als mich mehrmals Taxifahrer so geschnitten hatten, dass ich Vollbremsungen machen musste. Ein anderes Mal meinte ein Mercedesfahrer, ich müsste ihm ausweichen und er fuhr mich bewusst langsam an. Ich konnte noch bremsen, meine Satteltasche vorne hatte aber einen Schlag weg. Seelenruhig fuhr er weiter und andere Menschen, die das gesehen hatten, gingen einfach.
Für ein Urteil ist es noch zu früh.
Heute am späten Nachmittag bin ich dann auf der Autobahn nach Tiflis gekommen. Am Morgen war noch starker Gegenwind, am Nachmittag ging es mit Rückenwind mit 30 km/h in die Stadt rein. Ist echt groß. Offiziell 1,1 Mio, wirkt aber viel größer. Nach Reiseführer sind alle wichtigen Dinge an der Rustaveli Av.  So habe ich vom Platz der Rosenrevolution bis zum Tavisuplebis mordani viel gesehen. Die Mutter Georgia und die Burg habe ich dann mit Seilbahn besucht. Die Mutter Georgia könnte fast eine Kopie der Germania bei Bingen sein. Genauso martialisch.
Jetzt sitze ich in einem Weinlokal und lasse es mir gut gehen. Die Hitze des Tages ist einem Sturm gewichen, es könnte noch Gewitter geben.

Medea und Jason

Der Tag fing ruhig an bei der  Polizeistation und einer gemütlichen Radtour durch Batumi. Die verlorene Luftpumpe konnte ich ersetzen.
Die Uferpromenade soll 6 km lang sein. Ich vermute eher 12. Gewaltige Bauwerke, riesige Klötze, Dutzende Bauten über 50 Stockwerke im Rohbau: Sylt, Travemünde, Swinouiscie, Kaiserbäder in Summe und Kombination. Absolute Vorsaison, mehr Arbeiter als Gäste, gerade 2 Kneipen offen: hervorragendes Mittagessen aus Fisch (vorher begutachtet), Salat, Auberginenmuss mit Yoghurt, Espresso, Glas Rotwein für 55 Lari. War es auch wert. 
So kam ich erst im 13 Uhr los. In Poti, der Hafenstadt von Georgien, gegen 18 Uhr. Hässlich und dreckig, aber im Aufbruch. Dann noch 42  km weiter nach Senaki (modernes Hotel ohne Ausstrahlung, aber mit Komfort). Die Strasse war schlimm, eng, viel Verkehr, Schlaglöcher.
Wer erinnert sich noch an Jason und die Argonauten? Das Land Kolchis hier, da wo Jason das Goldene Flees gestohlen hat, dank der Hilfe der Königstochter Medea, die sich unsterblich in Jason verliebt hatte. Nach erfolgreichem Diebstahl kommt Medea mit nach Griechenland. Die Geschichte kann Jeremiah Pohler viel besser mit allen Details erzählen. Hatten wir und kürzlich drüber unterhalten.
Für die Georgier hat diese Geschichte noch eine andere Bedeutung. Medea verkörpert und symbolisiert die Verbindung Georgiens mit Griechenland und mit Europa. Im Zentrum von Batumi steht eine riesige Medeastatue auf einer Säule. Von Poti aus soll Jason den Phasis hochgesegelt sein bis Königsburg (heute Rioni und Kutaiso). So bewege ich mich wieder auf historischem Boden. Morgen geht es weiter nach Osten.
Nachtrag: als ich ans Schwarze Meer kam, roch die gesamte Küste wunderbar nach Jasmin. Jetzt ist es zu heiß geworden.w

Romantik in Batumi

Echt romantisch, der Vollmond über Batumi. Und der erste Sonnenuntergang auf dieser Tour kurz vor Batumi. Irgend was besonderes scheint der Ort zu haben.
Zentrum und alter Hafen sind kaum zu finden, da alle Hotelkonzerne sich in der Architektur zu überbieten versuchen. Gewaltige und phantastische Bauten, interessant beleuchtet. Die Palmen an den Strassen bunt beleuchtet, Casinos allenthalben. 
Den Zeltplatz habe ich irgendwie zwischen den Hotelpalästen verpasst, die Entfernungsangabe der Damen von der Touristinfo stimmte auch nicht ganz, und irgendwann habe ich gefragt. Bei der Polizei, war gerade am Weg. Zeltplatz? Wissen wir nicht. Schlagen Sie besser Ihr Zelt in unserem Vorgarten auf. Die Toilette der  Station darf ich auch benutzen, und mein Zelt steht unter besonderem Schutz. Um zur Kneipe zu gehen, ein leichtes Nicken zur Station, bei der Rückkehr freundlich die Hand heben. Kneipen überall, Supermärkte noch offen. Grosses Bier in der Kneipe für 0,8 €, gute Flasche Wein im Laden 4 €. Kann man direkt Alkoholiker werden.
In den letzten türkischen Orten hatte übrigens fast jede Bude Bier. In Erzurum brauchte man noch ein Näschen.
Der Tag hatte neblig und regnerisch in Artvin begonnen. Der Fluss Coruh, der mit der Staumauer, hatte weitere Staustufen mit Stromerzeugung. Jeweils unterhalb wenig Wasser. Die Strasse am Fluss ging leider nicht nach Georgien, so dass ich noch 700 m über den nächsten Pass zur Küste musste. Es wurde schwül-warm. Die Berge waren jetzt mit Teeplantagen überzogen und die Ernte ging voran. Der nationale Bedarf wird hier gedeckt. Die Hafenstadt Hopa war eher hässlich. Nach 20 km und weiteren 12 Tunneln der Grenzübergang. Die letzte Pide und dann nach genau 20 Tagen, auf die Minute genau, aus der Türkei raus. Neue Abenteuer kommen bestimmt.