Tienschan

Nachtrag zur Sturmfahrt

Der Tag endete ja im Sturm in der Raststätte, direkt am Autobahnkreuz. Die Autobahn 3045 hatte ich auch kurz hinter Urumchi genommen. Dank Navi und mit meinen Kenntnissen der Stadt kam ich auch gut raus. Nur danach endete die Strasse in einem Bauhof, links Landtrasse, rechts Auffahrt Autobahn. Also Landstraße. Falsche und bergan. Fahrrad abstellen und LKW-Fahrer fragen. Dabei brachen die Schrauben vom Ständer. Ist auch Spielkram. Mit Hilfe des Fahrers den Ständer provisorisch befestigt. Natürlich musste ich die Autobahn nehmen. Später gab es keine Landtrasse mehr. Kaum war ich losgefahren, kam ein Sturm auf, leider gegenan. So ging es nur langsam voran. Die Landstraße war jetzt wieder parallel zur Autobahn. Ich blieb aber dort, wegen guter Oberfläche, eigenem Fahrstreifen und geringerer Steigung. Gegen 16 Uhr schlief der Wind ein und es ging gut voran. Gegen 18 Uhr eine riesige Staubwolke im Süden. Schnell alles verschlossen, dann kam der Wind. Erst von der Seite, dann von hinten. Das ging super mit wenig treten 30 km/h. Weit und breit kein Ort. Es ging an zu dämmern, da ging die Strasse, jetzt beide zusammen, in die Schlucht zur Oase. Rechts Tienshan, links Bogdanshan. Eine wilde und grandiose Landschaft. Am Ende der Schlucht eine Raststätte, aber kein Bett. Essen ist ja schon mal was. Jetzt hatte ich lange Hose, Jacke und Skihandschuhe an. Da wurde aus dem Wind der Superorkan und nach ein paar Kilometern ging nichts mehr.
Es ist inzwischen Donnerstag, 9.10. Mittag. Der Wind hat etwas nachgelassen. Erst mal was Essen gehen.

Mit dem Zug nach Urumqui

Es passiert immer so viel, dass ich kaum hinterherkomme, alles aufzuschreiben. Der Grenzübergang und Kaschgar liegen gefühlt schon Jahre zurück.
Also gestern früh war ich um kurz nach 6 am Bahnhof. Erste Sicherheitskontrolle kein Problem. Fahrkartenkontrolle war dann Endstation. Fahrrad geht gar nicht. Zusammenklappen verstand ich. Doch es ist kein Klapprad. Also Gepäck runter und Vorderrad ausgebaut. So ging es. Also zwei Touren von den Fahrkarten zum Scanner, wie Flughafen. Dann gab es den Riesenaufstand, weil ich Benzin für den Kocher dabei hatte. Geht gar nicht, wie Flughafen. Also Brennstoffflasche ade. Schade. Dann die Waffen und Messer. Das nicht genutzte Klappmesser abgeben. Ein zweites? Hab ich nicht. Palaver. Dann kann ich gehen. Wieder zwei Etappen zum Bahnsteig. Kurz vor Einfahrt des Zuges. Nervöse Spannung allenthalben. Alle Wartenden in einen Haufen gedrängt und das Gleis von beiden Seiten mit Bereitschaftspolizei und Wachpersonal gesichert. Nach der Entwarnung der Pfiff zum Einsteigen. Mein Wagen ist am Ende vom Bahnsteig. Zwei mal rennen. Dann alles im Zug. Platz gefunden, Gepäck verstaut, Fahrradtorso vor eine Zugtür. Setzen und auf Abfahrt warten. Der Exot im Zug. Dann gehts los pünktlich um 7.14. Fahrrad nochmals umsetzen vor eine defekte Tür. Ruhe. Es ist noch dunkel. Der Zug voll, er ist schon seit 11 h unterwegs seit Kaschgar. Kantinenwägelchen kommt vorbei. Einige bestellen Frühstück. Ich dann auch. Damit löst sich die spürbare Spannung etwas: Salat, Ei, Hefekloss und Teller Reissuppe. Schmeckt und reicht. Ein Mädchen kann etwas Englisch und erzählt, dass sie in der nächsten Stadt, Korla, studiert, das Semester beginne und die von der anderen Seite der Taklamakan käme. So erfahre ich ein bisschen von den Unis. Die anderen können kein Englisch. Nächster Halt Korla. Riesenstadt und reich, da die Ölgesellschaft Tarim Oil dort sitzt. Überall waren Lichter in der Wüste, Ölanlagen. Bisher ging es ja ganz flott. Die Berge kommen aber bald. Die Eisenbahn führt durch den Tienschan, die Strassen führen drum herum. Das kann ja noch was werden, auf jeden Fall spannend, wie die Bahn da hoch kommen will. Zwei Lokomotiven, und schon gehts los. Die folgenden 10 h geht es durch gewaltige Gebirgslandschaften mit ewigem Schnee, engen Kurven für die Bahn, Tunnel ungezählt. Häufig warten auf einen Gegenzug, da nur ein Gleis.
Es ist grandios, enge Kurven, Tunnel, Brücke, verschneite Hochgebirge, sanfte Täler, wilde Schluchten. Und das im Wechsel. Meine Begeisterung steckt an und bald sind viele Leute mit Fotos zugange.
Ein Paar mit Kind kann etwas Englisch, so kommen wir ins Gespräch.
Als es später wird, kommt die Musik wieder hervor. Einige können spielen. Hinter und neben mir wird jetzt gespielt und gesungen. Und ich mitten drin. Vielleicht dreißig Leute. Uigurische Balladen und Lieder. Verständigung geht auch so. Im Bahnhof Turfanshan dreht der Zug. Leute rein und raus. Ein paar Han-Chinesen im Abteil. Die Musik ist weg.
Mit zwei Stunden Verspätung kommt der Zug nach Urumqui. Fahrrad zusammenbauen und beladen. An drei Polizeikontrollen aus dem Bahnhof. Abschied von den Musikern. Dann in die falsche Richtung gewiesen. So habe ich wenigstens Urumqui und seine Vororte kennen gelernt. Die Stadt kenne ich jetzt auch ohne Stadtplan. Es war fast zwei als ich ins Hotel kam. Was für Erlebnisse an einem Tag.