Monatliches Archiv: September 2014

Kashgar

Morgen ist der große Feiertag in China. Hier im äußersten Westen scheint es nicht so wichtig zu sein. Die Hotels sind leer, Reiseveranstalter haben die Saison abgeschlossen. Dabei ist es angenehm warm und die Märkte sind voll wegen der Ernte. Überall Obst und Gemüse. Muss aber gründlich gewaschen werden.
Wegen der vielen neuen Eindrücke kam ich kaum in den Schlaf.
Heute dann etwas ruhiger. Moschee, Mausoleum des uigurischen Nationaldichters Yusuf (um 1000), Markt in der Altstadt. Da konnte ich an den Düften des Orients nicht vorbei und habe Safran und Cumin gekauft. Immerhin Gläser voll und 2,50 €. Zum Mittag war ich mit meinen neuen Freunden verabredet. Deren Fahrräder waren jedoch kaputt, so dass wir Essen gingen. Auch gut. Einen deutsch-sprechenden Kollegen hatten sie auch noch mitgebracht. Es war eine nette Runde in deutsch und englisch. Bei jeder Frage zu den Verhältnissen der Völker wär dann Schluss. Ist alles toll. Steht auch überall in den Kulturstätten. Vielleicht Angst. Nach 1,5 h mussten sie wieder auf Arbeit, in einer Film- und Journalisten-Firma. Ich hab dann Mittagsschlaf gemacht. Noch zu einem Mausoleum, dann zwei Kaffee geschlürft, anschließend in einer Kneipe ein Bier, danach Abendessen, und jetzt Ruhe nach dem harten Tag.
Früher gab es die vielen Fahrräder in China. Dann der Umstieg auf Mopeds und jetzt fahren alle Elektro-Motorroller. Dadurch ist es nicht so laut, man hört die Hupen deutlicher. Für die Elektro-Revolution gibt es zwei Gründe: viele Teile der Stadt sind für Mopeds gesperrt, insbesondere bei Smog und die E-Roller dürfen die Radwege benutzen. Es gibt kaum noch Fahrräder. Ich habe aber schon welche gesehen. Dann gibt es die Lasten-Motorräder, auch wieder mit E-Motor, auch Fahrradwege. Und dann wird die Strasse auf beiden Seiten für beide Richtungen genutzt. Das führt dann gelegentlich zu Stau und Chaos. Es regelt sich vieles dann von selbst. Verkehrspolizei ist selten. Geordnetes Chaos könnte man sagen. Die Ampeln werden häufig nur als lästiger Hinweis betrachtet und ignoriert. Auffallend sind die vielen uigurischen Matronen mit aufgetakelten Haaren und Kopftuch, mit Business-Kostüm oder Kindern auf dem Roller. Sie treten häufig in großen Gruppen auf mit Schwarmintelligenz. Wenn auf den kleineren Strassen dann zu viele Händler mit ihren Karren stehen, geht gar nichts mehr. Verkehrsinfarkt. Ansonsten rechts und links überholen, gegen den Verkehr fahren, plötzlich halten und schwatzen oder einkaufen. Geht alles. Fußgänger zwischendrin. Ach ja, Autos. Die gibt es auch in großer Zahl. Wenn dann die großen Strassen  6 Spuren haben, ist viel los, insbesondere dann, wenn ein Markt auftaucht. Halten, Auto auch mal in der zweiten oder dritten Reihe abstellen und schwatzen oder einkaufen gehen, oder telefonieren. Unfälle habe ich noch keinen gesehen, das Tempo ist auch geringer als bei uns.
Der Umbau der Altstadt ist widersprüchlich, tolle Pläne und Neubau der Stadtmauer wie vor 400 Jahren, aber auch Abriss der gesamten Altstadt, da nicht erdbebensicher oder was auch immer. Man könnte auch sagen, sie bauen ein uigurisches Disneyland.
Als Eiropäer fällt man ja schon auf. Von den Kindern, die von der Schaukel fielen, hatte ich schon berichtet. Vorgestern fuhr ich an einer Herde Kamele vorbei. Wie auf Befehl glotzen mich alle an und drehten ihre Köpfe parallel zu mir beim Vorbeifahren. Da kam ich mit schon vor wie so ein Alien von einem fremden Stern.
Die meisten Menschen sprechen zwei Sprachen, Chinesisch und uigurisch, das häufig mit arabischer Schrift.
Viele Schilder haben dann vier Schriften: Chinesisch, arabisch, russisch und englisch.
Nur wenige können englisch, aber ich habe bisher alles bekommen, was ich wollte. In einer Kneipe ohne Bilder ist es auch ein Glückstreffer, etwas Ordentliches zu bekommen. Dafür ist das Essen dort besser und billiger. Man kann eben nicht immer alles kriegen.
Morgen geht es dann weiter nach Osten, mal sehen, wie weit. Das Land ist jedenfalls riesig.

Mitternacht in Kashgar

Der Tag heute war erste Sahne. Es ist Mitternacht hier in Kaschgar. Schön warm, angenehm. Die Kälte der Berge mit dicker Jacke, Thermohose und Handschuhen ist vorbei. Kaschgar ist vielfältig, umwerfend, quirlig, lebendig, freundlich, gegensätzlich, höflich, alt & neu. Es hat halt noch viel von dem Flair der alten Oasenstadt und Handelsmetropole an der Seidenstraße. In den wenigen Stunden hier habe ich mehr erlebt als sonst an Tagen zusammen. Phantastisch ist die Ausschilderung, so dass ich mich jetzt schon hier fast so gut auskenne, wie zu Hause. Die Geschäftsstraßen fast wie Kö, aber natürlich viel belebter. Die vielen Altstadt-Viertel mit pulsierendem Leben. Märkte, Läden, Kneipen, Handwerk. Die klassische Altstadt auf der Klippe am Fluss, Gässchen, Durchgänge, Treppen, Ruinen, Lehmmauern, verwunschene Ecken. Und überall der Rauch und Geruch vom Grill. Hochzeitspaare zum Fototermin. Der Basar wieder riesig, die Gerüche des Orients frei Haus, wie aus dem Märchen von 1001 Nacht, nicht 10 Schuhläden sondern hundert, alle Anzüge dieser Welt in 100 Varianten, größter Baumarkt, Naturapotheke für alle oder Keinen, phantastisch.
Zum Dinner dann in ein besseres Restaurant. Hatte Geld von der Bank geholt und es mir eigentlich auch verdient. Die 100 km von Wuqia gingen leicht, hauptsächlich auf der Autobahn abwärts. Wilde Mondlandschaften im Wechsel mit Oasen und grünen Tälern. Oben noch recht kalt mit Jacke, unten warm und Sonnenbrand auf der Schulter. Das. Hotel tatsächlich sofort und ohne ewige Fragerei erreicht. Was so ein paar Schilder doch ausmachen. Außerdem kann ich jetzt Kaschgar auf Chinesisch lesen, sprechen und schreiben. Kaschgar zu erreichen war schon ein Erlebnis, fast 1000 km nach Taschkent, eine Stadt aus größter Phantasie und tiefster Emotion. Wie Samt und Seide. Und Orient. In der Schule mit dem Finger auf der Landkarte, Marco Polo, Karawanen in der Wüste, Oase. Alle Bilder. Da also bin ich angekommen. Für diese Gnade bin ich zutiefst dankbar.
Heute zum Abendessen in einem besseren Restaurant wurde ich von drei Leuten an den Tisch gebeten, da sie dachten, mir helfen zu müssen. Haben mich auch gut beraten. So hatten wir spannende Gespräche. Drei Leute aus der Stadt, die noch nie außerhalb waren und Chinesisch erst in der Schule gelernt haben. Englisch im Studium. Viel haben wir erzählt aus den verschiedenen Welten. Kaschgar und Deutschland. Morgen Nachmittag machen wir einen Fahrradausflug in die Umgebung. Vielleicht lerne ich morgen auch noch einem Kollegen vom Fernsehen mit Deutschkenntnissen kennen. Da geht die Zeit schnell vorbei, und ist doch so intensiv. Morgen also Kaschgar intensiv.

chinesische Grenzkontrollen

Wenn der blöde Staat nicht wäre, ginge alles viel leichter. Die chinesische Grenzkontrolle lässt die DDR liberal, weltoffen und schnell erscheinen. Gegen 19 Uhr Pekingzeit bin ich in die erste Kontrolle rein, heute nach 19 Uhr hatte ich meinen Pass in Wuqia, 150 km von der Grenze, wieder und durfte weiterfahren. Nach der Gepäckkontrolle gestern ging dann nichts mehr, und ich durfte als Hotel eine einfache Unterkunft nutzen und es gab gutes Essen. Na ja, 100 m in der dunklen Nacht ohne Laternen in einem Abrissgelände zum Plumpsschlitz ist nicht erbaulich. Heute morgen war ich pünktlich zum Arbeitsbeginn um 10.30 Uhr an der Abfertigung. Es passierte aber nichts. Nach einer halben Stunde teilte mir ein Grenzer mit, ich könne nicht mit Rad weiterfahren und bräuchte ein Taxi. Na gut. Nach einer weiteren halben Stunde fragte ich nach meinem Ausweis. „Den bekommen Sie erst, wenn Sie ein Taxi haben.“ „Wo ist denn ein Taxi?“ „Da hinten.“ Stand nur keins weit und breit. Er möge es mir doch bitte zeigen. „Oh, da ist ja keins, war aber vorhin. Dann müssen wir eins rufen!“ Nach einer weiteren halben Stunde kam ein Taxi, aber nicht für mich und war auch bald im Grenzbereich verschwunden. Dann kamen vielleicht 10 Leute, wohl chinesische Uiguren, mit viel Gepäck und wurden kontrolliert. Nach insgesamt 2 Stunden meinte ein Fahrer von ein Kleinbus, dass mein Fahrrad wohl rein passe. Nach drei Stunden ging es los, ich hinten zwischen Gepäck, Kisten und Fahrrad eingeklemmt. Der Fahrer hatte alle Ausweise dabei. Nach einer Stunde Fahrt, Strasse gesperrt und erneute Grenzkontrolle. Ging relativ schnell. Weitere Stunde Fahrt auf besten nagelneuen Strassen durch die wilde Bergwelt die Ausfahrt Wuqia. Da war ich froh. Aber zu früh. Lange LKW-Schlange und verschlossenes Tor. Die Mittagspause hatte gerade begonnen. Und die dauert lange. Ist ja auch eine harte und schwere Arbeit. Dann nach zwei Stunden Fahrt zurück an der LKW-Schlange und eine neue Strasse (Geisterfahrer) zur eigentlichen Grenzabfertigung. Dort wurden wir entladen und durften bezahlen. Dahinter könnte ich dann nach Kaschgar fahren. Davor jedoch eine weitere Grenzkontrolle mit Scanner etc. Auch wurden hier die Pässe bearbeitet. Dauert nur, wenn alle Daten von Hand abgeschrieben werden für die Formblätter. Dann stand irgendwann alles Gepäck vor dem Scanner und wir mussten wieder zurück in den Wartebereich. Irgendwann tauchte eine resolute Beamtin auf und pfiff die Leute zusammen. Dann ging es endlich los. Schlange an der Passkontrolle. Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Nur Gesichtsscan unbekannt. Nach der Passkontrolle Ausweis an den Chef, der nochmals alles prüfte. Dann der Scanner. Wieder Schlange. Irgendwann war ich durch und durfte alles aufs Rad packen. Es war 19.30 Uhr und zu spät für Kaschgar (80 km). Also erst mal aus dem Grenzbereich raus (1 km). Am Ausgang niemand der englisch sprach. Wie da ein Hotel finden? Nach Zeichensprache dann die Info, dass ein Hotel in der Stadt sei. Echt toll. Nur wie finde ich die Stadt mit den wunderbaren Zeichen? Nach Gefühl wär ich dann in der Stadt. Hinweisschilder? Also in einem Laden gefragt. Nichts verstanden, aber im Nachbarladen jemand, der etwas Englisch konnte. Klar Hotel, welche Kategorie?, der Mitarbeiter bringt Sie mit Motorrad dorthin. Echt toll, bewundernswert. So war ich also beim Hotel. Zimmer, Dusche, Preis ok. Warum dann aber doppelt? Sie sprach immer schneller, ich verstand nichts. Wollte schon gehen. Da fand sie im Computer ein englisches Wort „deposit“. Damit war es klar. Ausweis natürlich auch. Da waren beide froh und ich konnte mein Zimmer beziehen. Erst mal was essen nach dem langen Tag ohne Frühstück. Nach Tagen auch die erste Dusche und Wäsche.
Auf den Strassen dann das volle Leben. Laden neben Laden, Werkstätten, Kneipen, Restaurants. Alles was das Herz begehrt. Überall auch Märkte. Es duftet phantastisch. Es wurde schon dunkel, als ich mich für ein Restaurant entschied. Ohne Karte kam dann auch gleich Essen auf den Tisch, natürlich auch Tschai. Lecker, gut, reichlich für 1,5 €. Die Einrichtung einfach, aber sehr ordentlich ohne Schmutz und bröckelnden Putz. Die Chefin sehr freundlich, höflich, immer mit einem Lächeln, so um die 70, wie ihr Mann.
Es war dann schon dunkel, aber immer noch volles Leben auf den Strassen und viele Gerüche. Im Laden nebenan gab es u.a. Tuborg-Bier.
Auffallend ist die Ruhe in den Strassen und über der Stadt. Die meisten Roller und Motorräder sind elektrisch betrieben. Du hörst sie einfach nicht. Und die Motorräder und Autos fahren leise, ohne die Motoren aufjaulen zu lassen. Echt angenehm.
So bin ich mit dem Land und den Leuten versöhnt. Als Europäer wirst Du bestaunt wie ein Weltwunder. Die Kinder fallen von der Schaukel. wahrscheinlich kommt auch kein Europäer in diese Kleinstadt.
Mal sehen, wie es morgen wird auf dem Weg nach Kaschgar.

Und nun bin ich wirklich in China!

Da hab ich es doch geschafft, nach China zu kommen. Da war ich sehr froh und glücklich. Habe sogar ein paar Freudentränen vergossen. Die Strecke war schon sehr ambitioniert, von Taschkent durchs Gebirge ins Ferganatal und dann über Osh und  Sari-Rash über den Irkeshtam- Pass auf 3760 m nach China. Für Radfahrer der einzige Weg von Usbekistan durch Kirgistan nach China. Ich war mir absolut nicht sicher, ob ich das schaffen würde. Und dann habe ich nur acht Tage gebraucht für die 850 km.
Als ich heute morgen aufwachte, dachte ich schon in einer anderen Welt zu sein. Letzte Nacht war es schon dunkel. Vor meinem Fenster das Panorama des Pamir mit über 6000 m Höhe. Voll im Schnee, direkt aus der Hochebene aufsteigend. Die Sonne tauchte alles in ein unwirkliches Licht. Nach ein paar Einkäufen in dem sehr kleinen Ort ging es dann gleich los. Im Hochtal ging es zuerst ganz gut voran. Auf einer Höhe von 3300 m fährt man aber langsamer. Rechts von mir die ganze Zeit das Pamirgebirge. Unbeschreiblich schön und majestätisch. Immer wieder habe ich Pause gemacht, um das Panorama zu betrachten. Manche Pause war auch zum Durchatmen notwendig, denn die Puste geht dort oben doch etwas kürzer, zumindest bei mir. Mit dem Panorama ging es dann zum Irkeshtam hoch, nicht sonderlich Steil, aber halt weit oben. Nach unten zur Grenze ging es dann steil bergab mit ein paar Steigungen beim Queren von riesigen Tälern. Kurz nach 17 Uhr erreichte ich die Grenze, die sich jedoch über 10 km erstreckt. Die Chinesen hatten fast Feierabend, so dass ich meinen Pass erst morgen bekomme. War mir recht, eine Unterkunft und ein Restaurant zur Verfügung stehen. Weiter wollte ich sowieso nicht mehr. Und das Essen war hervorragend. Und das alles für 6 €. Das nächste Ziel ist dann Kaschgar.

Wohngemeinschaft mit Wurst, Bier und Wodka auf 3200m Höhe

Ein sehr erlebnisreicher Tag. Es ist viel passiert. Am Ende des Tages bin ich dann bei Nacht in Sari-Tash angekommen. Gleich gab es auch eine einfache Unterkunft mit Dinner, eine Art Lachman, aber mit Kartoffel und Kohl. Dazu Brot und Tee. Der Berg in den Bergen war mehr als anstrengend, von Gulcha auf 1500 m zum Taldik-Pass bei 3619 m Höhe. Bei 3100 wurde es langsam dunkel und noch 20 km und 500 m Höhe vor mir. Da hielt ein LKW und bot mir an, mich mitzunehmen. Da konnte ich nicht nein sagen, und so war das Fahrrad schnell auf der riesigen Ladefläche und ich in der Kabine. Ein neues Abenteuer. Erst Gang rein, dann kuppeln. Ist sehr laut und krachig. Bergan sprang der 3. Gang immer raus. Also Schaltknüppel mit dem Hosengürtel befestigt. Gürtel los, dann 2. Gang. Bei 3400 m war ein Teil der Strasse mit Geröll zu. Nur eine Spur, Durchfahrt nach Lichthupe. Es geht auch ohne Ampel. Bei 3500 m war die Kehre weggerutscht, und die Strasse mit Betonklötzen gesperrt. Ein provisorischer Weg ging einspurig mit  30 % Steigung nach oben. Vorfahrt nach Lichthupe. Mein alter chinesischer LKW hatte damit so seine Probleme. Entgegenkommende LKW hielten brav oben. Kurz vor dem Pass ein umgekippter Kleintransporter, 10 LKW zur Hilfe. Der Weg nach unten nach Sari-Tash dann ohne Probleme. Am Ortseingang warteten bestimmt 50 LKW auf den Weg zum Pass. Der Verkehr ist echt dicht mit vielleicht 10 Autos und 10 LKW pro Minute in jede Richtung, auch bei Nacht. Zum Glück IST die Strasse sehr breit mit Standstreifen. So ist es für Fahrräder ziemlich sicher. In Sari-Tash haben sie mich wieder ausgeladen und abgeladen. War alles OK und vollständig. Bergauf war der LKW auch nicht schneller als 10 km/h.
Die eigentlichen Ereignisse des Tages waren ganz anders. Es begann damit, dass ich heute morgen zwei Radfahrer mit Zelt auf dem anderen Ufer sah und wir laut kommunizierten. Es war klar, die gleiche Richtung. Nach ungefähr einer Stunde holten mich die beiden an einem Steilstück ein. Wir vereinbarten eine Rast 100 m weiter am Steilufer. Julius und Micha aus Darmstadt hatten schon mit dem Teekochen begonnen. So gab es einen netten Plausch bei Tee über unsere Routen und Ziele. Die beiden waren am 5.5. in Darmstadt gestartet und über Polen, die Ukraine und Bulgarien (Fähre Varna nach Poti) nach Georgien gekommen und dann die gleiche Strecke wie ich gefahren. Jetzt waren sie nur länger in Bishkek gewesen. Ihre Route geht dann auch über Kaschgar nach Xian und weiter nach SO-Asien bis Weihnachten. Gerade hatten wir alles abgebaut und wollten los, da kam ein Pärchen aus Frankreich mit Tandem vorbei. Also neuer Tee und Austausch. Die waren über Italien und Griechenland in die Türkei gekommen und über Iran und Turkmenistan nach Buchara und dann nach Taschkent. Fast gleichzeitig sind wir dort los. Nach der Pause sind wir getrennt los. Die beiden Jungs sind viel schneller als ich und überholten mich bald. Dann kam das Tandem mit hoher Geschwindigkeit. Echt cool. Nach einer Stunde war wieder Pausenzeit für mich. Da standen doch tatsächlich drei Räder vor dem Kafe. Dann vier. Drinnen gab es neben dem Essen kirgisische Kultur. Ein Musiker trug Lieder vor und imitierte dabei verschiedene Instrumente. Toll, klasse.
Ich fuhr zuerst los, wurde aber bald überholt. Das Kreuz mit dem Alter. Der Weg ging dann langsam, aber sicher hoch. Mal fahren, mal schieben. Als es dunkel wurde, hielt der LKW. Keinen Kilometer später kamen wir am Zeltlager der beiden Deutschen und beiden Franzosen vorbei. Ich wollte aber lieber weiter, da wir erfahren hatten, in der Kneipe, dass die Grenze ab 28.9. geschlossen ist. Somit war eine Taxifahrt am folgenden Tag von Sari-Tash zur Grenze unausweichlich. Dies kann ich mir jetzt vielleicht sparen. Manchmal kommt die Hilfe ganz anders.
Das „Hotel“ ist sehr einfach, das Essen war gut, im Laden vorne konnte ich Geld tauschen und in der Kneipe nebenan gab es Bier. Auf meinem Zimmer ist jetzt noch ein sehr netter Chinese. Es gibt Wurst, Bier und Wodka, hier mitten in Asien auf 3200 m Höhe. Interessant.
Ich bin gespannt, wann ich die anderen wiedertreffen werde, da wir alle nach Kashgar und Urumqui wollen.
So geht ein interessanter und spannender Tag zu Ende. Das Bergpanorama ist hier an der Schnittstelle von Pamir und Tienschan echt phantastisch.
Ich bin gespannt und immer wieder glücklich, aber demütig, dies alles erleben zu dürfen und zu können.

Ich will über das Dach der Welt

Der Weg nach China geht über das Dach der Welt. Da muss ich lang. Mal sehen wie es morgen geht, vielleicht bis 3000. Heute ging es gut bei 2400. Ich übertreibe nichts und bin eher vorsichtig.
Hier ist es auch Herbst, aber eben anders. Jetzt ist es vielleicht 15 Grad auf 1600 m. Oben im den Bergen ist das Vieh schon runter und nachts wird es bis -10 Grad. Da ist der Schlafsack gut. Gestern war Regen in Osh. Die nächsten Tage auch möglich (oder Schnee). Im Sommer gab es gar keine Wolken auf dem Dach der Welt, wie ich verschiedentlich hörte.
Im Westen Chinas ist es noch bis Ende Oktober angenehm. Also bald dahin.

Wenn der Opa mit dem Fahrrad kommt ….

Vor diesem Gebirge hatte und habe ich Respekt. Tienschan und Pamir. Im Herzen Asiens. Bis 8000 m hoch. Die einfachen Pässe bei 3800 m. Da will ich lang. Da muss ich lang, denn es führt kein anderer Weg nach Kaschgar (Wilhelm Tell oder so ähnlich, 1291). Heute war der Einstieg von Osh aus. Im Rückblick war das Schwierigste der Weg aus Osh heraus. Mangels Beschilderung und widerstreitender Meinungen befragter Bürger und Fachleute (Taxifahrer, Tankstellen), brauchte ich eine geschlagene Stunde, bis ich endlich draußen war. Die Strecke war ambitioniert aber machbar, nur die letzten drei Kilometer zur Passhöhe musste ich schieben. Schön und dann überwältigend war die Gegend. Die Fotos sind toll. Je höher, desto grüner. Später die ersten hohen Berge im Hintergrund mit 5000m. Das ist aber erst der Anfang. Ich bin jetzt gerade in die Hochgebirge eingetaucht. Viel Tourismus ist hier nicht. Ein paar Freaks mit Fahrrad vom Pamirhighway, chinesische LKW-Fahrer (leer donnern sie durch, voll schnaufen die XXL-LKW die Berge hoch). Ich bin sozusagen am Einstieg aufs Dach der Welt. Morgen geht es dann Richtung Sari -Tach. Dort teilen sich die Wege nach China, Pakistan, Afghanistan und Turkmenistan. Ich biege dann scharf links ab über das Dach der Welt nach Kaschgar in China. Bisher war dies der einzige für Ausländer befahrbare Pass nach China. Gerüchten zu Folge kann dies verändert worden sein. Mal sehen. Es sind noch ca 450 km bis Kaschgar.
Die Menschen hier sind ausgesprochen nett und hilfsbereit. In Osh war es etwas anders, vielleicht weil zu viele Freaks schnorren oder alles für lau haben wollen (mindestens aber sofort). Das scheint den Leuten nicht ganz so zu gefallen. Wenn aber ein Opa mit Fahrrad ankommt, geht vieles ganz leicht, wenn ich denn frage.

Nur zur kurzen Durchreise besucht: Kirgistan

Ein neues Land und ein Klimawechsel. Es bleibt spannend. Heute morgen Wolken über Andijan und heute abend Regen in Osh. Es geht in den Bergen auf den Winter zu und hier auf den Herbst. Ich hörte heute, dass die Nomaden ihr Vieh schon von den Hochalmen heruntergetrieben haben. Oberhalb 3000 sei es nachts schon sehr kalt. Gut, das ich meinen Schlafsack habe. Aber auch hier in Osh auf 1000 m wird es jetzt etwas kühler, es tröpfelt noch. Sturm kommt auf, und wieder Regen.
Neues Land. Russischer als alle anderen und moslemischer. Der Muezzin ruft wieder, aber Bier fast überall. Im Ferganatal war es schwierig. Mehr Frauen mit Kopftuch (wie in Namangan). Viele chinesischen Fahrzeuge (und nicht nur Marken), einfache Grenzformalitäten (ein Stempel und schon ist gut). Bei den Uzbekem dauerte die Ausreise bei wenig Betrieb und fertigen Papieren 30 Minuten, an vier Stellen wurde der Ausweis elektronisch geprüft, drei Strassenkontrollen vor der Grenze mit Ausweiskontrolle und Aufzeichnung der Daten in einem Buch.
Ich bin nur kurz in Kirgisien bis nach China. Dafür habe ich jede Menge Radtouristen getroffen. Scheint ein Nest zu sein. Jugendliche. Kamen aus dem Pamir, Tienschan, Himalaya oder wo sonst noch Berge und Natur sind. Teilweise sehr abenteuerliche Ausrüstungen. Wenig Geld, viel Abenteuer. Sind aber alle auf dem Heimweg zu den verschiedenen Flughäfen. Dadurch habe ich auch mein Quartier gefunden. Stand schon davor ohne es zu sehen (Hotel im 1. OG eines Plattenbaus „Taj Mahal“ oder „Osh Guesthaus“ 100 m dahinter, bestehend aus 2 gemieteten Zimmern einer Platte). Zwei normale Hotels waren belegt (oder wollten keine Reisenden wie mich).
Neue Währung, kirgisischer SUM, 1:60, statt bisher in UZ 1:3500. Preise umgerechnet wie in Uzbekistan.
Morgen geht es dann in die Berge. Sind aber noch viele Ortschaften an der Strasse.

Abschied von den schönen Frauen in Usbekistan

Die letzte Nacht in Uzbekistan. Morgen geht es nach Osh in Kirgistan. Da ist es klar, das Land und die Zeit im Land Revue passieren zu lassen. Am 29.5. bin ich abends in Land gekommen und fand ein Quartier hinter der Grenze, Massenunterkunft in der Wüste von Karalpakstan. Wodka cto gram für nix, Essen sehr einfach, Schlafsack auf dem Boden, wie die Heringe. Heute Nobelhotel mit Restaurant, das dann zur Disko wurde, mit Bauchtanz zu Elektopopp mit Anklängen an Kraftwerk und Underground. War wohl ein Erfolgstripp für Jungmanager. Viele Businessmen aus  China im Hotel.
In der Wüste bin ich ins Land gekommen. Heute durch Obstplantagen, Gemüseanbau, Baumwollfelder und überall Blumen an den Strassen und vor den Häusern. Die Märkte sind riesig und quellen über mit den Produkten des Landes, auch Seide, Leder etc. Nebenan die Fabrik von GM und nicht weit das Werk von MAN.
Dieses Gebiet scheint reich zu sein. Dazwischen die von Kultur überbordenden Oasen und Städte und die Prunkresidenz vom Diktator Karimow, kaputte Strassen, sehr freundliche und hilfsbereite Menschen. Ein liebenswertes Land, neugierige Menschen, Fremden gegenüber sehr aufgeschlossen. Ein junges Land, erst seit 1991 existent, aber mit uralter Tradition und Hochkulturen, als Europa noch auf die Römer wartete.
Aber jetzt verlasse ich auch einen Kulturraum. Hier endete das Reich von Alexander dem Großen, von hier stammte seine Lieblingsfrau (die Frauen hier erscheinen sehr selbstbewusst, haben eine große Ausstrahlung und viele sind schön wie Nofretete). Die Perser-, Parther- und Araberreiche endeten auch hier. Danach kommt China, wohl eine ganz andere Kultur. Ich bin gespannt.
Über alle Grenzen hinweg besteht seit Jahrtausenden die Seidenstraße, der wirtschaftliche und kulturelle Austausch zwischen den Kulturen und Welten. Schon die Kelten (reimt sich) lebten nicht nur in Irland, sondern auch in der Taklamakan (irische und persische Namen sind sehr ähnlich, wie bei meinem Enkel Silas), wie neuste Funde vermuten lassen. Und die Statuen der Griechen fanden ihren Weg zu Quin Shin Huangdi, dem 1. Kaiser Chinas. In die andere Richtung kamen Seide, Papier und Buchdruck. Ich hoffe, das älteste Buch der Welt von ca. 900 sehen zu können.
So, ab morgen geht es dann über das Tiensha-Genirge in die andere Welt. Dauert aber ein paar Tage.

Katzenwäsche, Klo und Könige im Ferganatal

Heute Morgen stand ich auf, mitten in den Bergen. War noch nicht so weit hinter dem Pass. Nachts sieht man so wenig. Die Sonne geht hier schon um 18.00 unter. Die Nacht war sehr unruhig auf meiner Pritsche im Freien, ständig LKWs in beide Richtungen. Es war aber kuschelig warm in meinem Schlafsack, trotz der Kälte in den Bergen.
An die Toiletten kann und will ich mich nicht gewöhnen. Der Dreck und Gestank ist unerträglich, da wohl jeder neben den Schlitz im Beton-Boden trifft und wohl nie sauber gemacht wird. Aus den Damentoiletten stinkt es genauso.
Nach einer kurzen Katzenwäsche und einem einfachen Frühstück ging es dann weiter, die restlichen 40 km bergab zum Syrdaja. Teilweise war die Strasse gut. Im Regelfall war die Abfahrt aber schlimm, vor allem das erste Stück hinter dem Pass bei Nacht. Der Wirt hatte mir empfohlen, am Nordrand des Ferganatals über Chust und Namangan nach Andijan zu fahren, was ich dann auch mache. Kokant und Fergana lohnen sich nicht so sehr. So habe ich mehr Landschaft und Obst und weniger Industrie. Gut so. In Chust war wieder ein riesiger Basar, fast die gesamte Stadt. Haben die Leute sonst nichts zu tun? Was bringen denn 100 Gemüseständen mit gleichem Angebot und Preis?
Hier im Ferganatal ist es wieder sehr heiß, auch nachts. Es ist jetzt ca 22 Uhr und noch ca. 25 Grad. Gerade kam die Polizei mit Sirene vorbei, um die Kneipen und die Musik zu beenden. Dafür hört man jetzt den Autoverkehr und die Hupen (Lieblingsspielzeug) besser hören. Ein toller Erfolg von Gesetz und Polizei. Ich sitze auf dem Balkon in der lauen Nacht, sozialistischer Plattenbauten mit sozialistischem Personal. Dafür die Preise auch, entsprechend dem Standard. Zur Begrüßung fiel der Strom in der Stadt für 30 Minuten aus. Meine komplette Out-Door Ausrüstung mit Stirnlampe machte mich zum König, da ich als einziger Duschen konnte. Nebenher habe ich auch meine Wäsche gewaschen. War nach drei Tagen ohne Waschgelegenheit auch notwendig.
Auf dem Basar nebenan kann ich morgen meine Vorräte ergänzen. Tagesziel ist morgen Andijan. Dann geht es nach Osh in Kirgistan.

Ist das das Paradies?

Wie viele Berichte und Reisebericht hatte ich über dieses Tal gelesen. Seit Beginn der Aufzeichnungen ist es auch ein Synonym für Paradies. Drei Ernten im Jahr und alles Obst und Gemüse der Welt. Dazu Seide und Gewürze. Heute auch Erdöl und viel Industrie.
Von Angren ging es erst manierlich am Fluss entlang. Eine Eisenbahn wird gerade mitten in die Berge gebaut, richtig viel Aufwand. Aber wohin? Soll das die neue Seidenstraße auf Schienen werden? Dann braucht es noch viele Tunnel und Brücken bis China.
Der gestrige Tag steckte mir noch in den Knochen, so ging es nur langsam voran mit vielen Pausen. Bei 1100 m bog die Strasse vom Fluss ab und ging recht steil nach oben mit 12% Steigung im Schnitt. Nach Stunden kam ich mit viel Schieben und Pausen am Tunnel unter dem Kamchik-Pass an. Immerhin 2260 m hoch. Und der nächste Tunnel noch bei 2200 m. Hatte ich nicht mit gerechnet, da weder Karte nach Navi Infos gaben. So war es der höchste Punkt auf der gesamten bisherigen Reise.
Ins Tal ging es schnell, bei großer Kälte. Dicke Jacke, Thermohose und Skihandschuhe waren angesagt. Nach 20 km dann eine Kneipe, bei der ich auch übernachten kann. Draußen auf einem Esspodest. Der Kneiper war gleich sehr hilfsbereit. Dafür durfte er auch mal mit meinem bepackten Rad fahren. Ging ganz gut. Und die Verständigung ging auch ganz gut mit Brocken von russisch, englisch und den Händen. Zettel und Landkarte taten ein Übriges.
Morgen wird ein ruhiger Tag.

Kein Sommer mehr in Angren

Es war nicht leicht, eine Unterkunft zu finden, da es keine Hotels gibt und jeder, vom Taxifahrer bis zum Laden, Dich woanders hinschickt, bis zu 7 km in die Walachei oder die falsche Richtung. Schließlich habe ich mit viel Hilfe eine einfache Bleibe gefunden und dann noch ein Restaurant mit traditioneller Küche. Obwohl alles auf Russisch ist, habe ich Mutli (Teigtaschen) bekommen.
Für den ersten Tag schon anstrengend mit 900 Höhenmetern. Mitten in den Bergen liegt dieser Ort. Viel Bergbau und Industrie und viel Verkehr mit dem Ferganatal. Häufig Kolonnen  von LKWs mit Chemiekalien in Polizeibegleitung. Auch jetzt noch in der Nacht Fahrzeuge dicht an dicht in beide Richtungen.
Kalt ist es jetzt am Abend geworden. Die dicke Jacke ist wichtig und Handschuhe. Der Sommer ist vorbei. Tagsüber geht es noch. Diesig war es ab Mittag. So waren die Berge kaum zu sehen. Morgen geht es dann über den Pass ins Ferganatal.

Und wieder geht es in Taschkent los

Erst mitten in der Nacht habe ich ein Hotel gefunden. Aber nicht mein Wunschhotel. Mehr als 10 Leute kannten die Strasse in ihrer Nähe nicht oder hatten das noch nie gehört, zeigten in alle Richtungen, nur nicht die Richtige. Und dann kaum Straßenschilder oder Nummern. So musste ich fast wieder zum Flughafen zurück. Hotel ist gut und geht vom Preis. Das Frühstück ist sehr gut.
Die Suche nach ein großen Sportgeschäft oder Outdoorladen für eine Gasflasche war erfolglos. Dafür kenne ich jetzt Taschkent. Jeder wusste was, aber niemand wirklich. Es gibt solche Läden nicht. Der Letzte wurde vor drei Jahren abgerissen.
Es gibt ein paar nette kleine Viertel und Straßenzüge, die vom Erdbeben übrig blieben. Ansonsten ein Mix aus breiten Promenaden, Plattenbauten und hässlicher Bombastarchitekur. Ein paar restaurierte Moscheen und Medresen gibt es zu sehen, ein historisches Museum mit Verherrlichungen von Tamerlan (14. Jh.) und Karimow. Wie bei Stalin. Inzwischen zählt Tamerlan zu den Vorbildern in Usbekistan und wird entsprechend verehrt. Heute am Freitag waren viele Schulklassen im Museum, um das richtige Bewusstsein zu bekommen. Die kleinen Jungs mit Hemd und Krawatte.
Da ich kein Gas bekam, habe ich den Kocher auf Benzin umgerüstet. Das gibt es hier. Der große Basar war riesig, bestimmt 1 qkm. Auf einem Kleinen habe ich dann Proviant für die nächsten Tage besorgt. Morgen geht es dann Richtung Ferganatal durch die Berge. Übermorgen werde ich dort ankommen.
Inzwischen ist das Wetter eher herbstlich, aber trocken und fast warm. Für einen Sonnenbrand hat es noch gereicht. Tags soll es noch bis 30 Grad werden. Die Nächte können aber kühl werden. Mal sehen, wie es in den Bergen wird.