Monatliches Archiv: Mai 2014

Museum Sawatzki

Wenn man davor steht, ist es nicht mehr weit. Da es hier keine Verkehrsschilder, Straßennamen oder Hinweisschilder gibt, ist die Suche manchmal beschwerlich, vor allem, wenn fast niemand das Museum Sawitzki kennt oder weiß, wo es liegt. Als ich schließlich vor einer Baustelle mit selbigem Namen stehe, erklären mir die Bauarbeiter, dass ich um die Ecke gehen müsse, um zum Museum zu kommen. Dann war es auch nicht mehr schwer zu finden, zumal viele Schulklassen sich zum Besuch aufstellten. Denn neben den klassischen Stücken jedes Heimatmuseums, hier der autonomen Republik Karalpackstan, beherbergt dieses Museum die bedeutendste Sammlung an Werken der russischen Avantgarde der 20er und 30er Jahre und die weltweit 2.-größte (nach St. Petersburg). Darunter über 1.000 Werke von Rudko, Popova, Mukhina und über 100 anderen. Für einen Tag einfach zu viel. Wer rechnet schon mit einem solchen Museum am Ende der Welt in der Region Aralsee, oder Karalpackstan. Diese Region mit der Oasenstadt Chiwa war schon immer eigenständig, obwohl nahe an Buchara und Samarkand. Der Gründer des Museums, Igor Sawitzki aus Kiew, wohnte hier und zog viele Avantgarde-Künstler hierher und vor allem nach Chiwa. So habe ich einem ersten Eindruck von der Stadt bekommen. Ich bin gespannt.
Daher bin ich erst gegen 13 Uhr losgekommen. Im Museumscafe hatte ich noch zwei ältere Damen aus Köln getroffen, die sich eine Reise durch Usbekistan haben zusammen stellen lassen, einschließlich Fahrer und Auto. So geht es auch, aber man erfährt und sieht nicht so viel.
Bei meistens schlechten Strassen und viel Gegenwind ging es nicht so recht voran. Es gibt nur weniges, dass mich so nervt wie Gegenwind. Meistens dann auch als Sturm, weil es sonst nicht so auffällt. So bin ich nicht weit gekommen und schlafe neben einem Kafe im Freien. So ist das halt in der Wüste, wenn keine Orte da sind. Morgen will ich versuchen, nach Chiwa zu kommen.

mit dem Taxi nach Koundra … und dann die Welt umarmt

Am Ende ein schöner Tag, mit vielen Höhen und Tiefen. Trotz der Massenunterkunft (wie die Heringe) hatte ich gut geschlafen und war schon um 7.10 auf dem Rad (morgens gibt es dort nichts), die LKWs machten sich auf den Weg und viele Leute warteten auf Fahrgelegenheiten. Ich hatte den Gegensturm zum Freund (aber nicht zu meiner Freude) und kam kaum voran bei einer einsamen Wüste von 300 km, mit wilden Tieren und wohl nur einer Raststelle in der Mitte, vor mir. Der einzige Ort nach der Grenze, Karakapakia, nach Karte wahrscheinlich mit Bahnhof, sollte nach 2 Stunden Kampf gegen den Wind (immerhin 18 km) meine Erlösung werden. Nach viel Kauderwelsch war klar, es gibt heute oder morgen Züge am Bahnhof. Der halbe Ort war mit beschäftigt. In der Halle hing sogar ein Fahrplan: mein Zug nach Koundra fährt morgen früh um 5.45, wenn es denn ein Ticket gibt, was hier nicht so üblich ist, wie ich später erfuhr.
Da taucht ein Taxifahrer auf, der bereit ist, mich sofort nach Koundra hinter der Wüste zu bringen. Auf 100$ haben wir uns schnell geeinigt. Für ihn sehr viel, für mich überschaubar und ohne den Kampf gegen die Wüste, den Wind und die Strasse. Nach gut drei Stunden Fahrt und einer halben Stunde beladen des Kleinwagens mit meinem Fahrrad samt 5 Taschen und 3 Campingteilen bin ich um 13 Uhr in Koundra und kann endlich mal was essen. Schon sehen die Mäglichkeiten und Perspektiven ganz anders aus: der Wind hat nachgelassen und etwas gedreht, die Strassen sind besser, überall Grün und Bäume und nur noch 100 km bis Nukus, wo immer das liegt (ist aber die Hauptstadt von Karalpackstan). Wegen Fehlern auf der Landkarte werden es dann doch 120 km. Keine Wüste mehr, es geht voran: sofort wird meine Laune besser und ich könnte die Welt umarmen. Endlich dann gegen 21 Ihr auch ein Hotel gefunden (war mit 40 € deutlich teurer als das Massenquartier, aber viel Komfort und vor allem eine Dusche: In der Wüste gibt es höchstens einen tröpfelnden Wasserhahn (besser als nichts, vor allem vor dem Essen). So war alles gut und in bester Ordnung, bis ich herausfand, dass alles um 22 Uhr schließt. Bisher völlig undenkbar,eigentlich alles bis mindesten 24 Uhr offen. So durfte ich mir ein Süppchen kochen und Oliven, Brot und Schafskäse dazu essen. Neulich im Supermarkt habe ich mich schon besorgt gefragt, warum ich eigentlich Suppen mitgenommen habe, wo ich Maggisuppen  doch in jedem Supermarkt bekomme. Neulich hatte ich Kekse aus Deutschland und Bananen aus Equador gibt es überall, wobei hier 4 Bananen teurer sind als eine Flasche guten Wodka (Taschkent Vino, kein Witz, steht drauf). Dann war ich doch genervt (sehr, da hungrig), so dass der Bericht ausfallen musste.

Wölfe in der Wüste

Ihr Lieben,

außer einer kurzen sms habe ich bisher keine Nachricht von Jürgen erhalten. Es geht ihm gut; er ist sogar ein Stück mit einem Taxi gefahren, weil es nicht ganz ungefährlich sein soll, von der Grenze durch die Wüste nach Nukus zu gelangen. Ein entgegen Radelnder hatte ihn gewarnt, daß es ziemlich viele Wölfe geben, die sich aggressiv gegenüber Menschen verhalten.

So war ich heilfroh zu hören, daß er gut in Nukus gelandet war. Über Nukus soll er selbst berichten.

Usbekistan erreicht

Sie sms kam heute nachmittag: Wieder eine Grenze passiert! Usbekistan soll jetzt erst einmal das letzte Radlerziel vor der Heimreise nach Deutschland für wastl sein. Ich freue mich schon auf seine Heimkehr. Es wird viel zu erzählen geben, in dem Urlaub, den wir uns dann ab 14.6.2014 gemeinsam gönnen wollen. Faul an der Ostsee liegen, das hoffentlich schöne Wetter genießen und dabei die besten Erdbeeren, die es in Deutschland zu essen gibt,  jeden Tag frisch vom Markt in Heringsdorf kaufen. Auch so stelle ich mir den Urlaub mit Jürgen vor.

durch die heiße Wüste nach Bejneu

Hierzu gibt es verschiedene Schreibweisen. Auf jeden Fall eine Wüstenstadt am Ende der Welt. Der Weg eine Zumutung. LKWs nicht wesentlich schneller als ich, alle Kilometer ein oder zwei liegengebliebene LKW. So hatte auch ich zwei Pannen: ein laut zerplatzender Vorderreifen und ein platter Hinterreifen im Abstand von 10 km. Zum Glück hatte ich beides in Reserve. 
Die Absteige war das Geld nicht wert (4€) ohne Wasser mit Plumpsklo 100 m weiter. Wegen der Hunde war mir Zelt zu unsicher.
Dafür kam ich 7.30 Uhr los. Dann gab es keinen der eingezeichneten Orte. Zum essen habe ich immer genug dabei, so dass ich gegen 10 Uhr bei schon 35 Grad gemütlich am Wegrand speiste. Gegen 12 konnte ich meine Wasservorräte ergänzen, aber nichts essen. Die Strasse war wieder zur Katastrophe geworden. Wenn gebastelt  wird, dann mit 3 Lagen Asphalt und Unterbau. Kanalisation und Durchflüsse fehlen immer. Fällt erst nach dem Asphalt auf. Dann alles aufreißen, Rohre verlegen und betonieren. Pause. Wird irgendwer in den nächsten Jahren schon machen. Erdhügel zur Sicherheit reicht (nicht fürs Fahrrad, so kann ich die Schnellstraße nutzen und die Lkws überholen, die durch die Löcher fahren und kilometerlange Staubfahnen  verursachen. Zuständigkeit? Verantwortlichkeit? Fremdwörter. 
20 km 3-lagiger Asphalt, 40 km Flussbett. Manchmal stehen 100 oder mehr Baufahrzeuge herum und die Bauleute grüssen freundlich oder nicht. Arbeiten wäre zur Abwechslung ja auch ganz gut. So quälen sich alle über diese Ruinen. Aber Prunkpaläste in Astana.
Kurz vor Bejneu wird die Strasse besser. Geht doch. Dann dunkle Wolken und Gewitter in der Wüste. Der Regenschauer ist dann ganz angenehm. Nach 192 km bin ich dann endlich in Bejneu. Es gibt ein Hotel, jedoch Klo und Dusche im Erdgeschoss, wieder keine Alternative. Also erst Sattelaschen, dann die Schuhe, dann die Klamotten der letzten  drei Tage in der Wüste gewaschen und dann endlich selbst unter der Dusche. Herrlich. Und dann essen gehen. Die Stadt hat zwei Ampeln, viele Geschäfte mit gleichen Artikeln, einige Döner und co, aber nichts richtiges zum essen. Beim besten Laden ist der Service eine Katastrophe. Geht auch ohne, wie Wüste ohne Wasser und Strasse ohne Asphalt. 
Religion, Nomadengesellschaft unter freiem Himmel unter Ausschluss der Frauen, Diktator als Präsident, Staatsprunk, fehlende Verantwortlichkeit, mangelhafter Service, aber Handy bei Jedem und SUV Normalwagen: Dieses Land wird noch lange brauchen, um zumindest das Mittelalter Europas zu erreichen. Der Reichtum vom Öl übertüncht nur alles.
Eigentlich schade, denn das Land ist wirklich schön und die Wüste hat ihre ganz besonderen Reize an Farben, Felsen, Schluchten, eine Vielfalt an Tieren (Erdmännchen auf der Strasse, Schildkröten, Leguane, Ammern etc.). Die Menschen sind offen und freundlich, was steckt aber hinter der Fassade?
Morgen geht es dann Richtung Chiwa nach Usbekistan. 3.300 km sind es inzwischen. Der spannendste Teil kommt noch. Ich bin offen und lass mich gern überraschen.

Strafe für den Präsidenten: Er soll seine Straßen mal selbst befahren!

Bis zur Teepause, als ich meinen letzten Bericht schrieb, lief alles ganz gut. War nur sehr heiß (frieren brauchte  ich heute nicht). Doch kaum war ich 100 m gefahren, hörte der Strassenbelag auf. Die nächsten 45 km waren Folter. Schlaglöcher und Spurrinnen von 1 m Tiefe, LKW-Spuren in Beton gegossen, sehr grober Schotter mit Flugstaub gemischt. Die LKW waren auch nicht schneller, wirbelten aber kilometerlange Staubfahnen auf (deshalb tragen wohl alle Handwerker und Straßenarbeiter staubdichte Gesichtsverkleidungen). Und dann ging es noch von 0 auf 290 m steil hoch. Bis zum nächsten Ort waren es noch 60 km (beide Richtungen). Bei nur 10 km/h ein langwieriges und anstrengendes Unterfangen. Als die Sonne unterging, waren es noch 20 km. Zum Glück wurde der Belag plötzlich besser und es ging mit 22 km/h weiter (mit Licht). In Otis an der Strasse ein Café. Suppe und Cola. Und dann war fast nebenan noch eine Pension. Die einzige bis Bejneu. Na gut. Ohne Wasser und Plumpsklo im Hof. Morgen muss es aber ein Hotel sein.
Ansonsten war die Fahrt durch die Wüste angenehm und interessant durch die vielen Farben, die Berge und Höhen und den ständigen Wind. Nur auf Strassen wie Flussbetten kann ich verzichten. Es wird zwar manchmal gebaut, aber sehr langsam und chaotisch. Das Geld des Staates ist in die neue Prunkhauptstadt Astana zur Ehre des Präsidenten geflossen. Zur Strafe müsste dieser seine kaputten Strassen täglich selbst befahren.

im Familienbett schlafen

Wie jedes Klischee aus dem Western: verlassene Häuser, Wind, Staub, schwingende Türen, karge Landschaft, weiße Berge, Wolken, Eisenbahn in der Ferne, Telegraphenmasten. Im Schatten der verlassenen Kneipe mache ich Teepause. Wegen der Hitze von ca. 35 Grad + etwas länger. Durch den Wind geht es.
Also gestern bin ich erst nach 12 Uhr losgekommen, verschlafen, Frühstück, Geld wechseln, einkaufen. Keine Schilder, keine Karte. Wie also aus der Stadt? Handy und Navi in Kombination bieten Anhaltspunkte. Dann endlich eine Tankstelle mit Karte. Der aktuelle Weg durch Kasachstan nach Bejneu sieht dann doch ganz anders aus. Google Earth wirkt als käme es aus der Zeit der Sputniks (alte russische Namen, falsche Strassen wegen Klassenfeind) und das Navi von Garmin wirkt, aber nicht erst hier, als wären die Karten noch aus römischer Zeit, aber AD. So fahre ich nach Navi quer durch die Wüste, weit weg von jeder Landstraße.
Aber mit der Landkarte bin ich gut unterwegs. Die ersten Kilometer gegen den Wind nach Nord. Ich könnte Rainman spielen: es regnete in der Wüste, sogar mit Gewitter am Horizont. Dann nach Ost mit lauem Lüftchen, weniger Autos, aber schlechte Strasse. Am Abend wollte ich mein Zelt aufbauen und fragte deshalb in einem Laden an der Strasse, ob ich mein Zelt nebenan aufbauen könnte. Die ältere Frau verstand gar nichts, telefonierte aber gleich. Kurz darauf erschienen junge Leute mit zwei Autos, denen ich dann erklärte, was ich wolle. Hier zu zelten sei zu gefährlich, ich solle doch mit zu denen kommen. Also über Holperpiste hinterher und nach 100 m stand ich dann im Hof. Ein großes Bett stand im Hof, auf dem die Familie saß. Hier könne ich auch übernachten. Ein Abendmal wurde zubereitet und ich unterhielt mich mit den Kindern, so gut es ging. Meine Kekse haben wir dann geteilt, gegen Cola hatten die Eltern was. Später kam der Großvater hinzu und dann beim Essen die Großmutter, die aus dem Laden. Ich bekam einen eigenen Teller und sogar eine Gabel. Der Rest der Familie aß mit Fingern von einem gemeinsamen Teller. Es gab Lammfleisch auf breiten Nudeln mit Kartoffel. Der Großvater, als Oberhaupt, bekam den ganzen Lammkopf. Ich war nur froh, dass ich davon nicht irgendwelche „Leckereien“ bekam. Dazu gab es Kamelmilch in großen Schalen. Als das Essen beendet war, wurde mit angehobenen Händen gebetet und gegen Mekka verneigt. Inzwischen war es weit nach elf und ich wollte zu Bett. Gleich neben meinem Rad bekam ich den Platz auf dem Familienbett. Meinen Schlafsack nahm ich jedoch. Zuerst war er zu warm, gegen morgen ok. Die Kinder waren noch eine Weile wach und laut; Vater und Großvater kamen dann auch auf die Liege im Freien. Ein paar Wolken waren am Himmel und der Große Bär schien das Dach zu berühren. Irgendwann bin ich dann eingeschlafen, war ein paar Mal wach, und wurde durch Maurer von der Baustelle gegen sieben dann endgültig wach. Die Toilette war ein kleines Häuschen hinter dem Haus – neben dem Kamelgehege -; das Badezimmer war sehr groß, ausgerüstet mit einem Eimer mit Wasserhahn oben und einem unten. Das Wasser kam aus einem nahe gelegenen Brunnen. 
Nach dem Waschen, Zähneputzen und einer Tasse Tee mit viel Milch ging es dann um 8 Uhr los. Ein Familienfoto habe ich noch gemacht. Mit etwas Englisch, Russisch, Händen und Gebärden ging eine einfache Kommunikation.
Heute geht es dann weiter durch die (Halb-) Wüste Richtung Bejneu.

no drugs, no alcohol: Mobile Paßstation mit Gesichtserkennung

Es hatte dann noch länger gedauert, bis die Zollformalitäten an Bord geklärt waren. Es waren noch drei andere Personen da, die ich dem Personal zugeordnet hatte, die aber auch nach Kasachstan wollten. Zwei Stunden dauerte alles. Sogar mobile Paßstationen mit Netzanschluss und Gesichtserkennung hatten sie dabei. Dann musste alles ganz schnell gehen: aufs Fahrrad geschwungen, an den Waggons vorbei, die Rampe runter, hinter Zollauto her und zur nächsten Station. Tür aufschließen, alle rein, Tür zu. Mündliche Zollerklärung: no drugs, no alcohol. Raus durch die enge Tür, good luck. Dann ein Geldautomat, sogar für Visa. Aber wieviel Geld braucht man? Nur hohe Beträge über 5.000 in der Anzeige. Handy geht nicht. Also wie viel? Ich entscheide mich für 10.000. War dann doch nicht viel, so 40 €. Immerhin. Noch 10 km bis in die Stadt, keine Schilder, wird dunkel. Nach Gefühl zur Stadt. Weiträumig, Ölleitungen, große Anlagen. Bald die ersten Häuser, Plattenbauten, Interhotel, Leninprospekt. Hier nicht, drehen, andere Strasse. Zwei Radfahrer überholen mich und wir kommen mit Englisch ins Gespräch. Zu einer preiswerten Pension bringen sie mich (25€) und holen mich später zu einer Stadtrundfahrt mit SUV ab. Mit 200.000 Einwohnern groß und großräumig, 5 km Strand und Promenade, um 23 Uhr immer noch voll. Oper, Theater, Kinos, Supermärkte, Denkmäler, aber nur eine Moschee, EFES-Reklame überall. Um 24 Uhr geht nichts mehr. In der Pension bekomme ich noch eine Suppe und ein Bier. Das war es dann für den Tag.
Lange, ruhige Stunden an Bord (mehr als 10 Knoten fuhr es nicht), aber ständige Vibrationen wie Rüttelsieb, schlecht geschlafen (wieder Ärger mit Vermieter), neue Eindrücke. Jetzt bin ich wirklich in Asien angekommen. Wie geht es weiter? Ich bin gespannt.

schippern auf dem Kaspischen Meer

Gestern abend ist Jürgen als einziger Passagier endlich auf einem Schiff zwischen Baku und Aktau gelandet. Die Überfahrt soll etwa 24 Std+ dauern. Vor heute abend/heute nacht sind also keine neuen Reisebeschreibungen von ihm zu erwarten. Dann will er  500 km durch Kasachstan zum letzten Land dieser Tour, nach Usbekistan, radeln. Wenn er in dem bisher vorgelegten Tempo weitermacht, dürfte er noch vor dem nächsten Wochenende diese Grenze überqueren.

Ich drücke ihm ganz toll die Daumen, daß er gesund und heiter am Ziel ankommt.

… mit Hilfe modernster Technik

13.15 Jemand macht das Tor für die Eisenbahn auf. Gestern kam dann kurz darauf die Lok mit den Waggons angeschnauft.
13.20 Hektik. In der Ferne eine schnaufende Lok. Die Waggons bewegen sich. Zwei Züge parallel, wegen Gewichtsverteilung.
13.25 Züge bis zum Ende durch, äusseres Gleis. Wird hinter der Weiche abgekoppelt und blockiert. Fährt wieder raus. Weiche wird mit modernster Technik (Brechstange) umgelegt.
13.30 Züge fahren mit den nächsten Waggons ein. Im Vorschiff ist ein Lift, mit dem jeweils zwei Waggons nach unten befördert werden. Geht langsam. So wird ein unteres Deck beladen.
15.20 Ladevorgang beendet. Loks abgekoppelt und weggefahren. Schiffsmotoren werden hochgefahren. Waggons verspannt. Passiert aber nichts.
16.35 Vibrationen vom Schiff ändern sich.
17.30 Telefonate auf der Brücke. Lautsprecher. Dann Schluss.
18.00 Dicke Qualmwolke, Vibrationen, 2. Wolke, Radar in Betrieb, Festmacher hinten gelöst. 
18.05 Personal mit Helmen vorne. Festmacher werden gelöst.
18.11 Alle Festmacher an Bord. Schiff legt ab. Es geht los. Zwei Hornstösse.

aserbaidschanische Polizei muß mit Klingel und Navi spielen dürfen!

Nach dem gestrigen Desaster war ich wild entschlossen, den Flieger zu nehmen. Da ich beim Fähranleger vorbei musste, habe ich noch mal nachgefragt. Erst kein Schiff heute und morgen. Nach einem Telefonat Hektik, dann: Das Schiff fährt in zwei Stunden. Ticket sofort, Passkontrolle 1, Zollkontrolle, Passkontrolle 2, dann aufs Schiff. Völlig leer. Pass abgeben, Fahrrad anbinden. erster Rundgang. Nix für Passagiere, nichts los, etwas Proviant wird mit Bordkran geladen. Drei Informationen nun zur Abfahrt: 14 Uhr, 16 Uhr, morgen 5 Uhr. Ich bin gespannt. Der Umgang mit Zoll, Polizei geht jetzt übrigens sehr gut, sie müssen nur mit Klingel und Navi spielen dürfen. Wirkt Wunder. Genug zum Essen und Trinken habe ich auf jeden Fall dabei. Auf dem Hafengelände stehen noch viele Waggons. Ob die noch aufs Schiff müssen? Wundern tät´s mich nicht, wo alles leer ist. Dann würde morgen früh stimmen. Mal sehen.

Preise in Aserbaidschan höher als in Deutschland

Satz mit x: Das war dann wohl nix mit dem Schiff nach Aktau. Kam einfach nicht und konnte daher nichts laden und auslaufen. Ein türkischer LKW mit Schwerlast und Überbreite, den ich seit Gori mehrfach gesehen hatte, wartete ebenfalls vergeblich. Das Schiff, das dann beladen wurde, fuhr – nach umfassenden Recherchen rausgekriegt – nach Turkmenabad. Also durfte ich um 23 Uhr wieder ins Hotel fahren und die dortige Gastlichkeit genießen. Morgen werde ich dann versuchen, einen Flug zu bekommen. Schiff ist natürlich geiler, aber nur wenn dann, wenn es auch fährt. Die Auskunft und Zusage vom Ticketoffice scheint nicht sehr hilfreich zu sein.
Den Tag hatte ich mit Stadtbummel, Besichtigung der interessantesten Plätze und des historischen Museums verbracht. Eine solche Vielfalt an Ausstellungsstücken und Zeiträumen habe ich noch nie gesehen. Gerade der Zeitraum von 1.500.000 bis 200.000 vor, also vor den Neandertalern, war sehr spannend. Aber auch der Bereich Altsteinzeit war sehr umfassend. Der Zeitraum 10.000 bis 4.000 vor kaum dokumentiert, obwohl das eigentlich hier besonders spannend gewesen sein muss (wie Catal Hüjük, Jericho und Nordsyrien/Irak). Die Ölindustrie durfte natürlich nicht fehlen. Interessant war der Konflikt Armenien/Aserbaidschan seit 150 Jahren. Die Pogrome der Armenier gegen Türken und Aserbaidschanner vor 100 Jahren war mir neu. Das muss ich später überprüfen. Von 1918 bis 1920 war Aserbaidschan schon mal eine eigenständige Republik, bis die Rote Armee kam.
Ich finde es daher immer wieder spannend, seinen Arsch hoch zu kriegen, andere Länder und Kontinente zu besuchen und neu auf die Welt zu sehen. Die napoleonischen Kriege aus der Sicht von Barbados, Boston oder Baku sind wirklich spannend, oder der Krimkrieg in Helsinki und Tiflis oder Kabul.
Also auf ein Neues Morgen. Ich bin neugierig. Wo werde ich die nächste Nacht verbringen? Aus dem Wetterbericht der BBC für Europa bin ich jetzt draußen. Die Preise hier sind wie bei uns, eher höher.

Kaspisches Meer liegt vor mir

Das Kaspische Meer ist jetzt vor mir. Genau 4 Wochen nach der Ankunft am Bosporus jetzt am Kaspischen. Gestern in einer Inter-Bruchbude, heute ein tolles kleines Hotel in der Altstadt von Baku. Frühstück auf der Dachterrasse mit Blick über Altstadt und Hafen. Prachtbauten allenthalben, staatlich und privat, aber auch schöne alte Häuser. Werde mich heute nach einer Fähre nach Aktau umsehen.
Erst um Mitternacht kam ich nach Baku. Keine Unterkunft die letzten 70 km, nur Industrie, Ruinen, Wüste, Schnellstraßen. Ich muss ja zugeben, dass ich ohne Bus von 150 km durch Einöde, Halbwüste und Einsamkeit nicht so schnell hier gewesen wäre. Ansonsten gibt es nicht viel von Gestern zu berichten. Den Stausee Mingecevir, bei nur ca. 15 Grad, über den Erich berichtet hatte, sah ich in der Ferne liegen, über einen großen Bewässerungskanal aus dem Stausee bin ich gefahren, beim Mittag, Hammelsuppe und Salat, muss irgend was dran gewesen sein, so dass ich jetzt häufiger austreten muss. Dafür ist der Gichtanfall im rechten Mittelfuss (wegen zu viel kalten Bieres bei der Hitze) vorbei. Tags 13 – 16 Grad, heute bis 30, hier. Windstill, wär gestern toll gewesen. Geht leider nicht immer alles.
Ich bin gespannt, wie morgen wird.

Aserbaidschan zwischen Ödnis und monumentalen Protzbauten

150 km Weinstraße von Aserbaidschan (lt. Touristbehörde mit farbigem Prospekt) habe ein einziges Weingut gesehen, verschlossen und Marke VEB. Einige kleinere Orte sehen wie Deutschland. Stimmt auch, waren sie vor 200 Jahren, mit Weinanbau und Weinbrand, bis Stalin sie in den Osten verfrachten ließ. Wenige sind zurückgekehrt. Langsam fängt wohl alles wieder an. Wein kann man kaufen (Feilschen hilft), trotz dem muslimischen Land.
Ein paar Sachen sind mir besonders aufgefallen:
– die riesigen Friedhöfe mit riesigen hohen Steinen
– viele und riesige Fahnenmasten in jedem Dorf und jeder Stadt. Baku hatte bis vor kurzem den höchsten Flaggenmast der Welt
– die unendlich vielen Möbelhäuser an jeder Ausfallstraße. Nach Gence (zweitgrößte Stadt) kamen bestimmt 50 an mir vorbei. Möbel aus der ganzen Welt, aber vornehmlich aus der Türkei und in türkischem Stil. Wer soll das nur alles kaufen? Und neue Geschäfte im Bau.
– die monumentalen Prachtbauten Marke Speer, in den Städten, unmotiviert in der Landschaft
– die Mischung von Mercedes E- und S-Klasse mit Lada vor 1990 im Verhältnis 1:1
– öde und aride Landschaft mit vielen Schafherden und tief eingegraben Bachtälern (jetzt trocken)
– überall Häuser, aber wenige Dörfer, kaum an der Hauptstraße

So bin ich heute an vielen Menschen aber wenigen Häusern vorbeigekommen, außer in den Städten. Wenige Fressbuden und Restaurants, aber viele Apotheken. Seit gestern habe ich davon mehr gesehen als in den drei Wochen zuvor. Freundlich und hilfsbereit sind hier alle Leute. Mit der Polizei muss ich noch abwägen. Heute wollte einer 150€, weil ich angeblich nicht schnell genug auf sein Zeichen zum Anhalten reagiert hatte. Am Ende konnte ich auch so fahren, mit Reisepass.
Mit Bargeld wird es schwieriger, da die Automaten keine EC-Karten akzeptieren. Mit VISA, Euro und Dollar geht aber.
Diese öde Landschaft kann depressiv machen. Mal sehen, wie lange es geht.
Bei den Hotels ist die Alternative Prachtbau für 200 € oder Sowjetruine für 30 Manat (fast wie €). Da hatte ich gestern Glück mit einem Motel für 30 Manat und einfachem Frühstück für 1 Manat.

Per aspera ad astram

Länger habe ich dann schon geschlafen und den Reifen geflickt. Frühstück gab es im Hotel nicht. Hab ich aber immer alles dabei. Es regnete in Strömen und es ging gegen den Wind berghoch. Was sonst? Irgendwann ging es begab und die Sonne kam raus. Genau dort tauchte ein Restaurant im Nirgendwo auf. Nette Leute, leckeres Essen (halbes Schaf), viel Wodka an verschiedenen Tischen. Kurz darauf war ich über der Grenze in Aserbaidschan. Wieder eine Stunde vor. Nette Leute überall. Nach 40 km Qazax, dem Beginn der Weinstraße in Azerbaidschan. Mal sehen. Die erste Flasche habe ich fast geschafft. Sehr lecker. Kein Neid. Per aspera ad astram. (durch Mühsal zu den Sternen …)

Aserbaidschan erreicht

Eben hat mir wastl eine mail gesandt: Nach knapp 6 Tagen stehe ich (um 13.51 MEZ) wieder an der Grenze. Mal sehen was Aserbaidschan bringt. Ich bin gespannt.

Ich auch, lieber wastl! Paß gut auf dich auf, wir vermissen dich hier in Leipzig.

Angriff einer Rotte Hunde durch schnellen Rückzug entkommen

So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Der Ausflug zu dem angeblich bedeutendsten Kulturdenkmal Georgiens endete kurz vor dem Ziel erfolglos, weil eine Rotte Hunde, 8-10 Mischlinge zwischen Wolf und Schäferhund, mir den Weg abschnitten und mich sehr aggressiv anfielen. Dabei war das Kloster, in den Fels gehauen, nur einige hundert Meter nach oben entfernt. Hinter mir grummelte ein Gewitter im Großen Kaukasus, der Himmel schickte Regen und mein roter Poncho flatterte im Sturm. 4 Köter kamen immer näher, bellend mit fletschenden Zähnen. Kein Zureden half. Als sie anfinden von hinten und vorn zuzuschnappen, konnte ich nur noch den schnellen Rückzug antreten, denn Waffen hatte ich keine und Worte halfen nicht. Nach einigen hundert Metern hatte ich sie los. Jetzt war nur noch die Nacht, das Gewitter und der Feldweg, Marke Flusslauf, vor mir. 
So wie die Wege aussahen, war in den letzten Jahrzehnten kein normales Auto mehr dort gewesen. Nur Militärlaster mit 3 Achsen und Allradantrieb habe ich gesehen (früher Rote Armee-Gelände, jetzt Georgien, Grenze zu Azerbaidschan). Nach Reiseführer „a great day trip from Tiblisi“. So wie die Strassen auf den letzten 20 km waren und die Spuren im Flussbett oder in der Wiese erkennen ließen, war seit Sowjetzeiten kein normales Auto mehr hier gewesen. Wo die Autoren ihre Info her haben, ist mir schleierhaft. So konnte ich leider das Kloster (1500 Jahre alt), bzw. die Anlage mit 30 Gebäude und Höhlen, nicht ansehen.
Zum Glück blieb das Gewitter im Kaukasus und der Regen hielt sich in Grenzen. Der Gegenwind nervte zuweilen. Nach mehr als drei Stunden war ich dann wieder in der Zivilisation in einem Hotel in Rustavi, Charme Interhotel, aber alles sauber und handwerklich ok (gibt es sonst nicht in Georgien, alle Menschen scheinen 2 linke Hände zu haben und völlig blind zu sein). Der Ausflug war schon beeindruckend, 20 km Feldweg mit Flussbetteinlage, 15 km Schlaglochstrasse durch das Ende der Welt, 15 km durch Industrieruinen (manchmal wurde gearbeitet, Heidelbergzement produziert dort auch), 5 km durch Plattenbauten wie Eisenhüttenstadt, jedoch ohne Investment seit 50 Jahren (Grünau vor 25 Jahren war dagegen ein Paradies). Und dann das Hotel „Rustavi“. Zum Glück hatte ich genug zum Essen und Trinken, und georgischen Cognac frisch gekauft für 4€ bei 5 Sternen.
Wie schön eine Dusche sein kann, merkt man an solchen Tagen, und auch wie gut Schafskäse, Oliven und Brot schmecken.
Den Tag hätte ich streichen wollen. Nichts erreicht, viele Kilometer geschruppt, Reifen Platt wegen Nadeln und Steinen, viele Umwege wegen falscher Karte und plötzlicher Flughafenerweiterung mit MIGs aus dem Museum, Regen, Gegenwind etc. Freuen kann ich mich dann, wenn diese Widerwärtigkeiten nicht auftauchen, oder nur einzeln. So liebe ich auch den November, weil ich sonst nicht wüsste, wie schön der Sommer ist.